Verfolgter ist, wer in der Zeit vom 8.5.1945 bis 2.10.1990 durch eine der in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 BerRehaG genannten Verfolgungsmaßnahmen zeitweilig oder auf Dauer weder seinen bisher ausgeübten, begonnenen, erlernten, oder durch den Beginn einer berufsbezogenen Ausbildung angestrebten Beruf noch einen sozial gleichwertigen Beruf im Beitrittsgebiet ausüben konnte. Die Verfolgungsmaßnahme muss zu einer erheblichen beruflichen Benachteiligung – also zu einem spürbaren beruflichen Abstieg – geführt haben.
Verfolgteneigenschaft
Im Zuge einer politischen Verfolgung wurde ein Facharbeiter auf einen Hilfsarbeiterposten umgesetzt. Auch ohne nennenswerte Einkommenseinbuße wird hier die Verfolgteneigenschaft begründet.
1.1 Verfolgungsmaßnahmen
Verfolgungsmaßnahmen im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 BerRehaG im Beitrittsgebiet sind in der Zeit vom 8.5.1945 bis 2.10.1990:
zu Unrecht erlittene Freiheitsentziehung
(diese muss in einem Rehabilitierungs- oder Kassationsverfahren festgestellt worden sein)
Zeiten eines Gewahrsams nach § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 oder 2 StrRehaG i. V. m. Häftlingshilfegesetz (HHG)
(diese werden in einer Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG festgestellt)
rechtsstaatswidrige Verwaltungsentscheidungen
(die Aufhebung oder Feststellung der Rechtsstaatswidrigkeit einer Verwaltungsentscheidung muss nach dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz – VwRehaG erfolgt sein)
andere politische Verfolgungsmaßnahmen
(z. B. "arbeitsrechtliche" Eingriffe wie Herabstufung oder Kündigung)
1.2 Ausschluss der Rehabilitierung
Nach dem BerRehaG wird nicht rehabilitiert, wer selbst gegen Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen oder in schwerwiegendem Maße seine Stellung zum eigenen Vorteil oder zum Nachteil anderer missbraucht hat.
1.3 Verfolgungszeit
Verfolgungszeit ist zum einen der festgestellte Zeitraum einer zu Unrecht erlittenen Freiheitsentziehung oder eines Gewahrsams. Zum anderen ist Verfolgungszeit die Zeit, in der Verfolgte
- aufgrund einer rechtsstaatswidrigen Verwaltungsentscheidung bzw. einer anderen politischen Verfolgungsmaßnahme oder
- als Folge einer zu Unrecht erlittenen Freiheitsentziehung bzw. eines Gewahrsams
ihre bisherige oder eine angestrebte Erwerbstätigkeit nicht ausgeübt oder ein geringeres Einkommen als aus der bisherigen Erwerbstätigkeit erzielt haben.
Die Verfolgungszeit endet mit dem Verlassen der ehemaligen DDR, spätestens am 2.10.1990.
Die Zeit, während derer ein Verfolgter das Fortwirken der beruflichen Benachteiligung zu vertreten hat, ist keine Verfolgungszeit.
1.4 Verfolgte Schüler
Verfolgte Schüler sind Personen, die in der Zeit vom 8.5.1945 bis 2.10.1990 infolge einer zu Unrecht erlittenen Freiheitsentziehung, eines Gewahrsams oder aufgrund einer rechtsstaatswidrigen Verwaltungsentscheidung
- nicht zu einer zur Hochschulreife führenden Bildungseinrichtung zugelassen wurden,
- die Ausbildung an einer zur Hochschulreife führenden Bildungseinrichtung nicht fortsetzen konnten,
- nicht zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung der Hochschulreife oder nicht zur Ausbildung an einer Fach-/Hochschule zugelassen wurden oder
- die Ausbildung an einer anderen als einer zur Hochschulreife führenden Bildungseinrichtung nicht fortsetzen konnten.
Eine berufliche Rehabilitierung kommt grundsätzlich nur bei der politischen Verfolgung dienenden Eingriffen in das Berufsleben infrage. Befanden sich Verfolgte noch in der Berufsausbildung, muss es sich um eine berufsbezogene Ausbildung handeln (z. B. Berufsausbildung oder ein Studium an einer Fach- oder Hochschule). Die Ausbildung muss zum Zeitpunkt der Verfolgungsmaßnahme bereits begonnen haben.
Schüler an allgemeinbildenden Schulen, denen aufgrund politischer Verfolgung die Zulassung zur Abiturstufe, das Abitur oder die Zulassung zu einer Fach- oder Hochschule verweigert wurde, haben keinen Anspruch auf eine berufliche Rehabilitierung. Verfolgte Schüler haben aber stets einen Anspruch auf Leistungen der bevorzugten beruflichen Fortbildung/Umschulung. Zudem kann eine Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) in Betracht kommen. Die Förderung einer Maßnahme der beruflichen Aufstiegsfortbildung nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz erfolgt nicht, wenn Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung geleistet wird.
Da verfolgte Schüler regelmäßig länger für die Erlangung des von ihnen angestrebten Schulabschlusses benötigten als andere, erhalten sie im Falle einer Ausbildungsunterbrechung in der Rentenversicherung die schulischen Ausbildungszeiten bis zum Doppelten der allgemein geltenden Höchstdauer als Anrechnungszeit (Schul-, Fachschul- und Hochschulausbildung) vorgemerkt.