Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Bezeichnung des Steuerschuldners in einem Steuerbescheid
Leitsatz (NV)
Die eindeutige und zweifelsfreie Angabe des Steuerschuldners führt auch dann nicht zur Nichtigkeit des Steuerbescheids, wenn die angegebene Person tatsächlich nicht Steuerschuldner sein sollte; letzteres würde nur zur Anfechtbarkeit eines Steuerbescheides führen.
Normenkette
AO 1977 § 119 Abs. 1, § 124 Abs. 3, § 125 Abs. 1, § 157 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Mit nach einer Außenprüfung ergangenen, gegen den Kläger und Beschwerdegegner (Kläger) gerichteten Umsatzsteuerbescheiden vom 29. April 1983 hat der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt - FA - ) für die Streitjahre 1980 und 1981 die Umsatzsteuer jeweils mit Minusbeträgen festgesetzt. Mit Bescheid vom 29. August 1985 hob das FA die bezeichneten Bescheide ersatzlos mit der Begründung auf, in den Bescheiden sei der Steuerschuldner falsch bezeichnet worden. Die Bescheide seien deshalb unwirksam. Der Kläger sei nicht Unternehmer hinsichtlich der von den Umsatzsteuerbescheiden erfaßten Tätigkeit. Unternehmer sei vielmehr eine aus dem Kläger und seiner Ehefrau bestehende Gemeinschaft.
Der Einspruch gegen den Aufhebungsbescheid blieb erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es führte aus, das FA habe die Umsatzsteuerbescheide vom 29. April 1983 zu Unrecht aufgehoben. Diese Bescheide seien nicht nichtig gewesen. Zwar seien die Bescheide an den Kläger adressiert gewesen, obwohl dieser tatsächlich in den Streitjahren unternehmerisch nicht tätig gewesen sei, so daß die Bescheide fehlerhaft seien. Das mache sie aber nicht nichtig. Eine Aufhebung nach §§ 172 ff. der Abgabenordnung (AO 1977) sei nicht zulässig gewesen, da die Änderungssperre des § 173 Abs. 2 AO 1977 eingreife.
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde begehrt das FA Zulassung der Revision wegen Abweichung der Entscheidung des FG von dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 29. November 1972 II R 42 /67 (BFHE 108, 257, BStBl II 1973, 372). Es meint, nach dem bezeichneten BFH-Urteil führe die falsche Angabe des Steuerschuldners zur Nichtigkeit des Steuerbescheides.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Das FG hat entgegen der Auffassung des FA seiner Entscheidung keinen Rechtssatz zugrunde gelegt, der mit einem Rechtssatz im BFH-Urteil in BFHE 108, 257, BStBl II 1973, 372 nicht übereinstimmt.
Nach dem bezeichneten BFH-Urteil muß der an eine Erbengemeinschaft gerichtete Steuerbescheid zur Identifizierung der Gemeinschaft und ihrer Gemeinschafter grundsätzlich den Namen des Erblassers und die Namen der einzelnen Miterben enthalten. Die erkennbar unzureichende Bezeichnung des Steuerschuldners ist nach diesem BFH-Urteil ein Mangel des Bescheids selbst, der notwendig und unverzichtbar den ganzen Bescheid umfaßt. Davon geht die Rechtsprechung des BFH auch in anderen Entscheidungen aus. So ist im Urteil vom 22. Juni 1983 I R 55/80 (BFHE 139, 291, BStBl II 1984, 63) entschieden, daß ein Steuerbescheid unwirksam ist, wenn der Steuerschuldner nicht, falsch oder so ungenau bezeichnet ist, daß Verwechslungen nicht ausgeschlossen sind.
In diesen BFH-Entscheidungen kommt auch zum Ausdruck, daß das jeweilige FA erkennbar nicht lediglich einen Miterben bzw. Mitunternehmer hat heranziehen wollen. Daraus wird ersichtlich, daß eine eindeutige und zweifelsfreie Angabe des Steuerschuldners auch dann nicht zur Nichtigkeit des Steuerbescheids führt, wenn die angegebene Person tatsächlich nicht Steuerschuldner sein sollte. Letzteres würde nur zur Anfechtbarkeit eines Steuerbescheides führen.
Im Streitfall ist der Kläger in den Umsatzsteuerbescheiden vom 29. April 1983 zweifelsfrei angegeben. Aus Zusätzen oder Erläuterungen in den Bescheiden ist nicht etwa erkennbar, daß möglicherweise weitere Personen berührt sein könnten. Die Umsatzsteuerbescheide sind deshalb hinreichend bestimmt, wenn in ihnen möglicherweise auch ein falscher Steuerschuldner angegeben ist (vgl. zu dem Fall der Nichtigkeit eines nicht hinreichend bestimmten Umsatzsteuerbescheides BFH-Urteil vom 17. Juli 1986 V R 96 /85, BFHE 147, 211, BStBl II 1986, 834).
Die Vorentscheidung geht von diesen Erwägungen aus; sie weicht damit nicht von dem Urteil in BFHE 108, 257, BStBl II 1973, 372 ab.
Fundstellen