Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermögenseinsatz zur Prozessfinanzierung
Leitsatz (NV)
1. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe darf nicht vom Einsatz sog. Schonvermögens abhängig gemacht werden. Hierzu gehört auch ein angemessenes Hausgrundstück, das vom Antragsteller allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird.
2. Die Angemessenheit bestimmt sich u.a. nach der Grundstücksgröße und wäre bei einer mitgeteilten Fläche von 5000 m2 näher zu überprüfen.
3. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist nach § 142 FGO i.V.m. § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO abzulehnen, wenn der Antragsteller innerhalb einer vom Gericht gesetzten Frist bestimmte Fragen zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht oder ungenügend beantwortet hat.
Normenkette
FGO § 142; ZPO § 115 Abs. 3 Sätze 1-2; FGO § 118 Abs. 2 S. 4; SGB XII § 90 Abs. 2 Nr. 8
Tatbestand
Rz. 1
I. Der Kläger, Revisionskläger und Antragsteller (Kläger) beantragt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für die von ihm eingelegte Revision. In seiner Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse findet sich im Vordruckabschnitt Grundvermögen die Eintragung "Grundstück 5000 m²" und "Familienhaus 100 m²". Mit Schreiben des Senats vom 1. Februar 2011 wurde der Kläger unter Fristsetzung gebeten, genaue Angaben zu diesem Grundvermögen und der Möglichkeit, es zum Zwecke der Aufbringung der Prozesskosten (ggf. im Wege der Beleihung) zu verwerten, mitzuteilen sowie die Angaben durch aussagekräftige Unterlagen zu belegen. Im Antwortschreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers wurde angegeben, dass dieser angeschrieben worden sei, eine Rückäußerung jedoch nicht vorliege. Maßgeblicher Grund hierfür dürfte sein, dass das vom Kläger bewohnte Einfamilienhaus sich auf dem Grundeigentum befinde und eine Beleihung innerhalb der kleinen Ortschaft mangels Nachfrage nach solchen Grundstücken nicht möglich sei.
Entscheidungsgründe
Rz. 2
II. Der Antrag auf PKH hat keinen Erfolg.
Rz. 3
1. Nach § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Nach § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO hat ein Beteiligter sein Vermögen für die Prozessführung einzusetzen, soweit es zumutbar ist. Gemäß § 90 Abs. 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII), der nach § 142 Abs. 1 FGO und § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO im PKH-Verfahren entsprechend gilt, ist grundsätzlich das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen. Nach § 142 Abs. 1 FGO, § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO und § 90 Abs. 2 SGB XII darf die Bewilligung von PKH aber nicht vom Einsatz oder von der Verwertung des in dieser Vorschrift näher bezeichneten sog. Schonvermögens abhängig gemacht werden. Hierzu gehört unter anderem ein angemessenes Hausgrundstück, das von der nachfragenden Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf, der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes (§ 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII).
Rz. 4
Nach § 142 FGO i.V.m. § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO ist die Bewilligung von PKH insoweit abzulehnen, als der Antragsteller innerhalb einer vom Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet hat.
Rz. 5
2. Nach diesen Maßstäben kann dem Kläger keine PKH bewilligt werden, weil er die Anfrage des Gerichts zu seinem Grundvermögen ungenügend beantwortet hat. Der Senat ist auf der Grundlage seines Antwortschreibens nicht in der Lage zu prüfen, ob er über einzusetzendes Vermögen verfügt. Der Prozessbevollmächtigte hat lediglich eigene Vermutungen zu den Möglichkeiten einer Beleihung angestellt. Informationen von Seiten des Klägers fehlen. Sollten dessen --unklare-- Angaben im Vordruck so zu verstehen sein, dass er ein einziges Hausgrundstück besitzt, so wäre angesichts der mitgeteilten Grundstücksfläche von 5000 m² die Angemessenheit i.S. des § 90 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 SGB XII zu beurteilen, was anhand der unzureichenden Erklärungen des Klägers nicht möglich ist, zumal auch die bereits im Vordruck gestellte Frage nach dem Einheits- und Brandversicherungswert nicht beantwortet wurde. Sollte der Kläger Eigentümer eines Hauses und eines weiteren 5000 m² großen Grundstücks sein, so wäre die letztgenannte Vermögensposition im Rahmen des Zumutbaren grundsätzlich zum Zwecke der Prozessfinanzierung einzusetzen, ggf. im Wege der Beleihung (Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 20. Januar 2000 III B 68/99, BFH/NV 2000, 862). Substantiierte Angaben hierzu sind unterblieben. Außerdem fehlen jegliche Angaben zu der 8,47 ha großen Landwirtschaftsfläche, die noch im Rahmen des erstinstanzlichen PKH-Verfahrens als Vermögen des Klägers angegeben wurde.
Rz. 6
3. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen. Gerichtsgebühren sind nicht entstanden, weil das Kostenverzeichnis hierfür keinen Gebührentatbestand vorsieht.
Fundstellen
Haufe-Index 2898508 |
BFH/NV 2012, 584 |