Leitsatz (amtlich)
1. Die für die Anerkennung als gemeinnützig erforderlichen Satzungsbestimmungen (AO 1977: Die Satzungszwecke und die Art ihrer Verwirklichung) müssen so genau sein, daß aufgrund der Satzung die satzungsmäßigen Voraussetzungen für steuerliche Vergünstigungen geprüft werden können (formelle Satzungsmäßigkeit). Es reicht aus, wenn sich die satzungsmäßigen Voraussetzungen aufgrund einer Auslegung aller Satzungsbestimmungen ergeben.
2. Ob die Tätigkeit einer Körperschaft die Allgemeinheit fördert und dem allgemeinen Besten auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet nützt, beurteilt sich nach objektiven Kriterien. Bei der Beurteilung ist in der Regel an einzelne oder eine Vielzahl von Faktoren (Werten) anzuknüpfen (z. B. herrschende Staatsverfassung, geistige und kulturelle Ordnung, Wissenschaft und Technik, Wirtschaftsstruktur, Wertvorstellungen der Bevölkerung).
2. Der unbestimmte Gesetzesbegriff "Förderung der Allgemeinheit" wird in § 52 AO 1977 im gleichen Sinne wie in dem bis zum 31. Dezember 1976 geltenden Gemeinnützigkeitsrecht gebraucht. Die begünstigte Tätigkeit setzt jedoch nach § 52 Abs. 1 AO 1977 - anders als nach § 17 Abs. 1 und 2 StAnpG - nicht die Vollendung der Förderung voraus; es genügen u. U. schon vorbereitende Handlungen ("... darauf gerichtet ist ...").
2. Eine zeitliche oder gegenständliche Begrenzung der gemeinnützigen Tätigkeit einer Körperschaft schließt die bei Verfolgung gemeinnütziger Zwecke vorgesehenen steuerlichen Vergünstigungen nicht aus.
2. Der Anerkennung der Gemeinnützigkeit steht grundsätzlich nicht entgegen, daß sich die satzungsmäßigen Bestrebungen einer Körperschaft, Natur, Umwelt und Landschaft unter Beachtung der geltenden Rechtsvorschriften zu schützen, gegen die Planungen staatlicher Stellen und technische Großprojekte der Deutschen Bundesbahn (hier: Bau einer Schnellbahntrasse) richten.
2. Eine Körperschaft handelt selbstlos i. S. des § 17 Abs. 5 StAnpG und § 55 Abs. 1 AO 1977, wenn sie weder selbst noch zugunsten ihrer Mitglieder eigennützige oder eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt. Zum Nachweis der Selbstlosigkeit.
Normenkette
KStG § 4 Abs. 1 Nr. 6; KStG 1977 § 5 Abs. 1 Nr. 9; StAnpG § 17; GemV § 1 ff.; AO 1977 § 51 ff.
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), ein eingetragener Verein, "versucht" gemäß § 2 ("Zweck") der Vereinssatzung, "bei der Verkehrsplanung und Verkehrsdurchführung im Raume ... - insbesondere anläßlich der derzeitigen Schnellbahnplanung - zu erwirken, daß die Interessen der Bevölkerung sowie Natur und Umwelt nicht oder so geringfügig wie möglich beeinträchtigt werden".
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) hatte am 12. März 1976 eine auf 18 Monate befristete "vorläufige Bescheinigung" erteilt, nach der die Klägerin "nach der eingereichten Satzung und tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken, insbesondere der Förderung des Natur- und Umweltschutzes dient". Diese vorläufige Bescheinigung hatte das FA durch Verfügung vom 20. September 1976 widerrufen.
Am 7. Oktober 1976 hatte das FA einen Bescheid über die Vorauszahlungen auf die Körperschaftsteuer und die Ergänzungsabgabe erlassen und dabei die Vorauszahlungen für die Jahre 1976 und 1977 jeweils auf 0 DM festgesetzt. Die Beschwerde der Klägerin gegen diesen Bescheid - gemäß § 348 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) als Einspruch behandelt - war erfolglos.
Auf die Anfechtungsklage hob das Finanzgericht (FG) die angefochtenen Steuerbescheide auf. Die Klägerin verfolge gemeinnützige Zwecke i. S. des § 17 des Steueranpassungsgesetzes - StAnpG - (für den Veranlagungszeitraum 1976) und i. S. des § 52 Abs. 1 AO 1977 (für den Veranlagungszeitraum 1977). Die Entscheidung ist im wesentlichen in Entscheidungen der Finanzgerichte 1978 S. 189 - EFG 1978, 189 - wiedergegeben.
Mit seiner vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung des § 4 Abs. 1 Nr. 6 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1975, des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG 1977 sowie der §§ 52 und 55 AO 1977. Die Klägerin verfolge nach ihrer Satzung und ihrem Auftreten keine Zwecke, durch die die Allgemeinheit gefördert werde. Ihre Zielsetzung werde von weiten Kreisen der Bevölkerung abgelehnt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 31. Oktober 1963 I 122/62 U, BFHE 78, 212, BStBl III 1964, 83); große Teile der Bevölkerung stünden dem Vorhaben der Bundesbahn "indifferent oder befürwortend gegenüber". Durch die Einräumung der Steuervergünstigung könne nicht in den Streit um das Für und Wider eines konkreten Bauvorhabens eingegriffen werden, zumal die Träger der öffentlichen Belange bei ihrer Planung Natur- und Umweltschutz hinreichend beachteten. Die den Bürgerinitiativen gegebenen (tatsächlichen, nicht: rechtlichen) Möglichkeiten, staatliche Planungen beeinflussen oder gar verhindern zu können, enthielten entgegen der Ansicht des FG kein Indiz für ein gemeinnütziges Handeln. Die Klägerin habe den ihr obliegenden Beweis (BFH-Urteil vom 24. Juni 1976 IV R 101/75, BFHE 119, 164, BStBl II 1976, 562) nicht erbracht, daß sie die Allgemeinheit selbstlos fördere. Für den Nachweis selbstlosen Handelns komme es nicht allein auf die Zielsetzung der Körperschaft an, sondern darauf, aus welchen Beweggründen die Vereinsmitglieder der Körperschaft beigetreten seien. Stehe wie im Streitfalle fest, daß die Mehrheit der Mitglieder vom Bau der geplanten Schnellbahn wirtschaftlich betroffen werde, so müsse von der Klägerin der Nachweis gefordert werden, daß eigenwirtschaftliche Zwecke nicht angestrebt würden.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist unbegründet. Das FG hat zu Recht die Bescheide über die Vorauszahlungen auf die Körperschaftsteuer vom 7. Oktober 1976 und die Einspruchsentscheidung vom 2. März 1977 aufgehoben. Die Klägerin diente in den Streitjahren nach ihrer Satzung und ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken. Sie war deshalb von der Körperschaftsteuer befreit (§ 4 Abs. 1 Nr. 6 KStG in der vor dem 1. Januar 1977 geltenden Fassung, § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG 1977).
I.
1. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 6 KStG waren und nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG 1977 sind von der Körperschaftsteuer befreit Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen. Die Voraussetzungen für diese Steuerbefreiung im Jahre 1976 ergaben sich im einzelnen aus §§ 17 bis 19 StAnpG und aus der Verordnung zur Durchführung der §§ 17 bis 19 des Steueranpassungsgesetzes (Gemeinnützigkeitsverordnung - GemV -) vom 24. Dezember 1953 (BGBl I 1953, 1592, BStBl I 1954, 6), zuletzt geändert durch Art. 5 des Steueränderungsgesetzes 1969 (StÄndG 1969) vom 18. August 1969 (BGBl I 1969, 1211, BStBl I 1969, 477); die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung ergeben sich für das Jahr 1977 aus den §§ 51 bis 68 AO 1977.
a) Nach dem vor dem 1. Januar 1977 geltenden Gemeinnützigkeitsrecht (altes Gemeinnützigkeitsrecht) waren gemeinnützig solche Zwecke, durch deren Erfüllung ausschließlich und unmittelbar die Allgemeinheit gefördert wurde (§ 17 Abs. 1 StAnpG). Anzunehmen war eine Förderung der Allgemeinheit dann, wenn die Tätigkeit dem allgemeinen Besten auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet nützte (§ 17 Abs. 2 StAnpG). In § 17 Abs. 3 StAnpG waren Beispielsfälle aufgezählt, in denen "insbesondere" die Förderung der Allgemeinheit und damit grundsätzlich auch die Gemeinnützigkeit anzuerkennen waren. Als gemeinnützige Zwecke waren u. a. (Nr. 2) genannt "die Förderung ... der Heimatpflege, Heimatkunde".
b) Nach dem seit dem 1. Januar 1977 geltenden Gemeinnützigkeitsrecht (neues Gemeinnützigkeitsrecht) verfolgt eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern (§ 52 Abs. 1 Satz 1 AO 1977). Als Förderung der Allgemeinheit sind "anzuerkennen insbesondere:
1. Die Förderung ... des Umwelt-, Landschafts- und Denkmalschutzes, des Heimatgedankens ..." (§ 52 Abs. 2 AO 1977).
c) Die Satzungsbestimmungen (neues Gemeinnützigkeitsrecht: Die Satzungszwecke und die Art ihrer Verwirklichung) mußten (müssen) so genau bezeichnet sein, daß aufgrund der Satzung die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Steuervergünstigung geprüft werden konnten (§ 12 Abs. 1 GemV) bzw. können (§ 60 Abs. 1 AO 1977).
2. Die Beteiligten gehen - insoweit übereinstimmend mit dem FG - zutreffend davon aus, daß die Förderung des Umweltschutzes, des Naturschutzes und der Landschaftspflege - wenn auch die weiteren Voraussetzungen vorliegen - gemeinnützig sein und zu einer Befreiung von der Körperschaftsteuer führen kann. Das folgt für das alte Gemeinnützigkeitsrecht aus § 17 Abs. 3 StAnpG ("... insbesondere ...") i. V. m. den Nrn. 18 und 24 der Anlage 7 der Einkommensteuer-Richtlinien - EStR - 1975 (Verzeichnis der allgemein als besonders förderungswürdig i. S. des § 10 b des Einkommensteuergesetzes - EStG - anerkannten Zwecke), für das neue Gemeinnützigkeitsrecht ausdrücklich aus § 52 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977.
3. Der Zweck der Klägerin ist in § 2 ihrer Satzung hinreichend genau bestimmt i. S. des § 12 Abs. 1 GemV und des § 60 Abs. 1 AO 1977. Es genügt insoweit, daß diese sogenannte formelle Satzungsmäßigkeit aufgrund einer Auslegung der (gesamten) Satzungsbestimmungen ("... aufgrund der Satzung ...") als gegeben angesehen werden kann. Die insoweit aus § 2 (Schlußsatz), § 8 und § 10 (letzter Absatz) der Satzung abgeleitete Auffassung des FG ist nach dem Wortlaut der Satzung möglich und gibt zu rechtlichen Bedenken keinen Anlaß.
Das FA hat im Revisionsverfahren zwar vorgebracht, die Klägerin sei anläßlich eines konkreten Planungsvorhabens gegründet worden und wolle sich nur bei diesem einen Projekt für den Natur- und Umweltschutz einsetzen. Dieses Vorbringen betrifft allein die Darlegung des FA zur "Förderung der Allgemeinheit (§ 17 Abs. 1 und Abs. 2 StAnpG, § 52 Abs. 1 AO 1977)" und hat deshalb keinen Zusammenhang mit der Auslegung der Satzung im Hinblick auf die formelle Satzungsmäßigkeit. Es ist darüber hinaus nicht geeignet, das Auslegungsergebnis zu ändern. Die von dem FG für die Beurteilung herangezogenen Satzungsbestimmungen lassen erkennen, daß sich die Tätigkeit der Klägerin "bei der Verkehrsplanung und Verkehrsdurchführung im Raume ... - insbesondere anläßlich der derzeitigen Schnellbahnplanung - " auf den Schutz und die Erhaltung der Natur und der Umwelt im Interesse der Bevölkerung beziehen soll; dies schließt eine völlige Verhinderung des Baus der Schnellbahntrasse mit ein. Daß dieser Zweck nicht unmittelbar und allein aus der etwas verunglückten Fassung des § 2 der Satzung entnommen werden kann, sondern sich erst aufgrund einer Auslegung der Satzungsbestimmungen insgesamt ergibt, kann der Klägerin nicht zum Nachteil gereichen.
4. Die Klägerin hat in den Streitjahren ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken i. S. des alten und des neuen Gemeinnützigkeitsrechts gedient (§ 4 Abs. 1 Nr. 6 KStG, § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG 1977). Sie hat nach ihrer Satzung und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung (1976) die Allgemeinheit gefördert (§ 17 Abs. 1 bis 3 StAnpG) und (1977) ihre Tätigkeit darauf gerichtet, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern (§ 52 Abs. 1 und Abs. 2, § 55 AO 1977).
a) 1976
Der unbestimmte Gesetzesbegriff "Förderung der Allgemeinheit" (§ 17 Abs. 2 StAnpG) verbindet zwei andere Gesetzesbegriffe miteinander, die ihrerseits ebenfalls unbestimmt sind (so die wohl unbestrittene Meinung im Schrifttum; vgl. Spanner in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 1. bis 6. Aufl., § 17 StAnpG Anm. 23; Tipke/Kruse, Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 7. Aufl., § 17 StAnpG Anm. 2; v. Wallis/Steinhardt, Steuerbegünstigungen gemeinnütziger Zwecke, 4. Aufl., S. 27). Dieser doppelt unbestimmte Gesetzesbegriff läßt trotz der Umschreibung in § 17 Abs. 2 StAnpG seinen für das Steuerrecht maßgeblichen Sinngehalt nicht ohne weiteres erkennen. Er bedarf der nähreren Qualifizierung und Beurteilung.
Dem Begriff "Förderung" im Sinne des § 17 Abs. 2 StAnpG ist nach seinem sprachlichen Gehalt ein Hinwirken zum Positiven immanent. Die Vorschrift umschreibt das mit "dem allgemeinen Besten auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet nützen". Die Art des Hinwirkens läßt sich aus § 17 Abs. 2 StAnpG ("Tätigkeit"), § 11 Abs. 1 GemV ("verwirklicht") und § 11 Abs. 2 GemV ("Wirken") ableiten. Danach setzt "Förderung" ein eigenes Handeln, ein eigenes Tätigwerden der Körperschaft in dem genannten Sinne voraus.
Der Begriff "Allgemeinheit" wird in § 17 StAnpG nur umschrieben und durch Beispiele erläutert. Seine Aufnahme in den Gesetzestatbestand sollte - entsprechend der Zielrichtung der Steuerbegünstigung - ausschließen, "daß die Förderung exklusiver Kreise oder die Bestrebungen von Außenseitern mit einseitigen oder extremen Sonderinteressen" als gemeinnützig anzuerkennen waren (so zutreffend Tipke/Kruse, a. a. O., § 17 StAnpG Anm. 2).
Unter "Allgemeinheit" ist nicht notwendig die Gesamtheit der Bürger der Bundesrepublik Deutschland oder eine daraus kaum zu ermittelnde Mehrheit der Bevölkerung zu verstehen. Würde man allein davon ausgehen, so wären gemeinnützige Zwecke i. S. der bisherigen gesetzlichen Regelung der Steuerbegünstigung kaum denkbar. Demgegenüber kann ein Nutzen für das allgemeine Beste auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet (§ 17 Abs. 2 StAnpG) u. U. - allgemein gesehen - auch dann gegeben sein, wenn nur einzelne oder wenige Personen gefördert werden (vgl. dazu Evers, Kommentar zum Körperschaftsteuergesetz vom 10. August 1925, 2. Aufl., 1927, § 9 Anm. 44). Nach dem steuerlichen Gemeinnützigkeitsrecht darf die Tätigkeit der Körperschaft jedoch nicht einem infolge seiner Abgrenzung nach örtlichen oder beruflichen Merkmalen, nach Stand und Religionsbekenntnis oder nach mehreren dieser Merkmale dauernd nur kleinen Personenkreis zugute kommen (§ 17 Abs. 4 StAnpG); die Tätigkeit darf auch nicht "nur den Belangen bestimmter Personen" dienen oder "in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke" verfolgen (§ 17 Abs. 5 StAnpG). Dieser gesetzlichen Regelung entsprechend ist "Allgemeinheit" i. S. des § 17 StAnpG - was den damit gemeinten Personenkreis angeht - zwischen den genannten Extremen (Gesamtheit der Bürger der Bundesrepublik Deutschland einerseits und bestimmte Personen oder dauernd nur kleiner Personenkreis andererseits) angesiedelt, wo, ist in jedem Einzelfall nach den jeweiligen Verhältnissen zu bestimmen.
Inhalt und Abgrenzung des steuerrechtlichen Begriffs "Allgemeinheit" haben schon früh die Rechtsprechung beschäftigt. In seiner Entscheidung vom 1. Februar 1921 I A 228/20, RFHE 5, 13 (zu § 3 Nr. 2 Buchst. b des Kapitalertragsteuergesetzes), ging der Reichsfinanzhof (RFH) unter Hinweis auf die Begründung (Verhandlungen der verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung, Bd. 337, Aktenstück Nr. 677) zum Gesetz über das Reichsnotopfer vom 31. Dezember 1919 - RNOG - (RGBl 1919, 2189) davon aus, daß auch "eine Veranstaltung oder Einrichtung ... der Allgemeinheit" diene, "die nur einem örtlich oder beruflich oder nach beiden Richtungen hin begrenzten Kreise zugute kommen sollen, sofern nur dieser Kreis nicht in sich fest abgeschlossen ist durch ein bestehendes engeres Band..." (ebenso RFH-Urteil vom 11. März 1921 I A 14/21, RFHE 5, 156; vgl. auch Urteil des Preußischen Oberverwaltungsgerichts vom 7. Mai 1929 VI. D. 101/27, Entscheidungen des Preußischen Oberverwaltungsgerichts, Bd. 84 S. 44). Danach sind bezüglich der Zahl der geförderten Personen gewisse Einschränkungen z. B. in sachlicher, regionaler und beruflicher Hinsicht zulässig (vgl. auch Felix, Finanz-Rundschau 1961 S. 236 - FR 1961, 236 -: "Begrenzung auf Ausschnitte aus der Allgemeinheit"). Das Preußische Oberverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 18. Februar 1930 VI. D. 168/28 (Entscheidungen des Preußischen Oberverwaltungsgerichts Bd. 85 S. 10) dazu ausgeführt: "Wenn diese Förderung auch in einem engeren Kreise, der den Begriff der Allgemeinheit erfüllt, und mit Beschränkung auf diesen Kreis möglich ist, so kann darin eine Förderung des gemeinen Besten doch nur dann liegen, wenn jener engere Kreis sich zu der weiteren Allgemeinheit so verhält wie ein Ausschnitt zu dem Ganzen, wenn also in dem Ausschnitte zugleich das Ganze, in dem engeren Kreise zugleich das Wohl der weiteren Allgemeinheit gefördert wird ..."
Bei dieser Auffassung von dem Begriff "Allgemeinheit" ist es im wesentlichen geblieben; sie ist in die gesetzliche Regelung übernommen und laufend den späteren Entscheidungen zugrunde gelegt worden.
Zu den so umschriebenen Personenkreisen rechnen jedoch nicht - entsprechend der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung (§ 17 Abs. 4 StAnpG) - fest abgeschlossene Personengruppen; diese bilden vielmehr einen von der "Allgemeinheit" losgelösten, eigenständigen Kreis, der in erster Linie auf dem Gedanken der Selbsthilfe, nicht aber auf dem Gedanken der Gemeinnützigkeit beruht.
Darüber, wie der Begriff "Förderung der Allgemeinheit" näher, insbesondere inhaltlich zu qualifizieren und nach welchen Merkmalen zu beurteilen ist, ob eine Tätigkeit die Allgemeinheit fördert und dem allgemeinen Besten auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet nützt, gehen die Meinungen im Schrifttum auseinander. Troll (Besteuerung von Verein, Stiftung und Körperschaft des öffentlichen Rechts, 2. Aufl., Gemeinnützigkeit 2.1.2., S. 414) hält für die Entscheidung dieser Frage "neben etwaigen sonstigen Anhaltspunkten insbesondere von Bedeutung, wie sich die Allgemeinheit oder mindestens der überwiegende Teil der Allgemeinheit dem Zweck gegenüber verhält". Er stützt sich dabei auf die Entscheidungen des RFH vom 5. November 1929 I Aa 547/29 (RStBl 1929, 670), vom 11. November 1929 I Aa 175/29 (RStBl 1930, 62) und vom 10. Juli 1934 I A 42/34 (RStBl 1935, 324), nach denen die Auffassung der Allgemeinheit, d. h. der Mehrheit des Volkes berücksichtigt werden müsse. Demgegenüber wollen Tipke/Kruse (a. a. O., 9. Aufl., § 52 AO, Tz. 5), Spanner (in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a. a. O., 7. Aufl., § 52 AO Anm. 16), Herrmann/Heuer (Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer einschließlich Nebengesetze, 18. Aufl., § 4 KStG Anm. 47) und v. Wallis/Steinhardt (Steuerbegünstigte Zwecke nach der Abgabenordnung 1977, 5. Aufl., Tz. 25) das, was im Interesse der Allgemeinheit liegt oder die Allgemeinheit fördert, nach objektiven Kriterien bestimmt wissen. Sie meinen - wohl in Anlehnung insbesondere an die BFH-Entscheidungen vom 31. Oktober 1963 I 122/62 U (BFHE 78, 212, BStBl III 1964, 83) sowie vom 20. Januar 1972 I R 81/70 (BFHE 104, 534, BStBl II 1972, 440) -, daß die ohnehin kaum zu ermittelnde Meinung (der Mehrheit) der Bevölkerung nicht allein maßgeblich sein könne.
Der Senat gibt der Auffassung den Vorzug, nach der eine "Förderung der Allgemeinheit" und damit ein Nutzen zum allgemeinen Besten grundsätzlich nach objektiven Kriterien zu beurteilen ist. Die Richtigkeit dieser Meinung wird durch die gesetzliche Regelung selbst bestätigt. Diese sieht die Verfolgung bestimmter Zwecke als Förderung der Allgemeinheit und damit als gemeinnützig an, ohne daß es insoweit überhaupt auf die Auffassung der Bevölkerung oder doch mindestens auf die des überwiegenden Teils der Bevölkerung und deren Verhalten gegenüber dem verfolgten Zweck ankommt: Die Förderung der Religion und die der Kunst (vgl. § 17 Abs. 3 Nr. 2 StAnpG) sind regelmäßig auch dann gemeinnützig, wenn es sich um nicht-christliche Religionen oder um ganz bestimmte Kunstrichtungen handelt (vgl. BFH-Urteil I 122/62 U). Eine Beurteilung des Gesetzesbegriffs nach objektiven Kriterien ermöglicht es ferner, auch die der allgemeinen Volksmeinung und den Kenntnissen der Bevölkerung im allgemeinen zeitlich weit vorausgehenden Entwicklungen auf den Gebieten der Forschung, der Wissenschaft und der Technik sowie die praktische Auswertung der auf diesen Gebieten gewonnenen Erkenntnisse angemessen zu berücksichtigen.
Entsprechend der unzähligen, nach Gehalt und Umfang recht unterschiedlichen Möglichkeiten, die Allgemeinheit zu fördern und damit dem allgemeinen Besten zu nutzen, ist zur objektiven Qualifizierung und Wertung des unbestimmten Gesetzesbegriffes "Förderung der Allgemeinheit" an eine Vielzahl von Faktoren (Werten) anzuknüpfen. Diese bestimmen im jeweiligen Einzelfall in ihrer Gesamtheit oder doch einzelne oder mehrere von ihnen den Inhalt des Gesetzesbegriffes: Dessen Sinngehalt wird im wesentlichen geprägt durch die herrschende Staatsverfassung, wie sie der Bundesrepublik Deutschland als einem demokratischen und sozialen Bundesstaat durch das Grundgesetz (GG) gegeben ist, durch die sozialethischen und religiösen Prinzipien, wie sie gelehrt und praktiziert werden, durch die bestehende geistige und kulturelle Ordnung, durch Forschung, Wissenschaft und Technik, wie sie aufgrund ihrer Entwicklungen dem neueren Wissens- und Erkenntnisstand entsprechen, durch die vorhandene Wirtschaftsstruktur und die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse sowie schließlich durch die Wertvorstellungen und die Anschauungen der Bevölkerung. Diese Wertungskriterien ermöglichen es - anders als allein die Anschauung der Bevölkerung oder einer Mehrheit der Bevölkerung -, den Beurteilungsspielraum hinsichtlich des Gesetzesbegriffes "Förderung der Allgemeinheit" angemessen und zutreffend auszufüllen. Dabei kann eine feste, offen- oder allgemeinkundige Meinung der Bevölkerung als "Indiz für die Frage nach einem möglichen Nutzen einer Tätigkeit für das allgemeine Beste" (so BFH-Urteil I R 81/70) zu berücksichtigen sein.
b) 1977
Nach der Begründung zum Regierungsentwurf der Abgabenordnung (vgl. Bundestags [BT]-Drucksache VI/1982 - B zu § 52 - S. 116) enthält die Neuregelung der Gemeinnützigkeit in § 52 AO 1977 "sachlich ... keine Abweichung gegenüber dem bisherigen Recht ...". Das trifft nach Auffassung des Senats für die Begriffe "Allgemeinheit" und "Förderung der Allgemeinheit" zu, die auch in der genannten Vorschrift des neuen Gemeinnützigkeitsrechts im bisherigen Sinne gebraucht werden. Insoweit wird auf die Darlegungen oben unter a) verwiesen.
Nicht zu folgen vermag der Senat der in der Begründung vertretenen Auffassung von der sachlichen Gleichheit der gesetzlichen Regelungen bezüglich der Art der begünstigten Tätigkeit: Diese muß nach § 52 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 lediglich "darauf gerichtet" sein, "die Allgemeinheit ... zu fördern". Danach wird - anders als nach § 17 Abs. 1 und Abs. 2 StAnpG ("... gefördert wird"; "... nützt") - eine Vollendung der Förderung nicht vorausgesetzt. Es genügen vielmehr u. U. schon vorbereitende Handlungen.
c) Entsprechend dieser Rechtsauffassung des Senats zum alten und zum neuen Gemeinnützigkeitsrecht kann eine Förderung der Allgemeinheit durch die Klägerin nicht verneint werden.
Es unterliegt nach den neueren Erkenntnissen verschiedener Zweige der Wissenschaft, insbesondere der Naturwissenschaften, keinem Zweifel, daß dem Naturund Landschaftsschutz sowie dem Umweltschutz (einschließlich der Bekämpfung des Lärms) in der heutigen Zeit zur Verbesserung und Bewahrung menschlichen Lebens und des Lebens in der Tier- und Pflanzenwelt eine hohe Bedeutung beizumessen ist. Zum Landschafts- und Umweltschutz gehört auch die Erhaltung natürlich gewachsener, lange bestehender Lebensräume für Menschen, Tiere und Pflanzen. Es liegt im Interesse der Allgemeinheit und des gemeinen Wohls, daß solche Lebensräume möglichst unberührt erhalten bleiben und bei unausweichlich notwendigen Eingriffen nur möglichst geringfügig beeinträchtigt und die sich aus solchen Veränderungen ergebenden Schäden möglichst vermieden oder zumindest gering gehalten werden. Andererseits gibt es seit Jahrzehnten eine technische Entwicklung, die eine wesentliche Grundlage für die Modernisierung und die Rationalisierung in Wirtschaft und Industrie, die Wachstumsförderung und die Arbeitsplatzsicherung bildet, und die damit zugleich Grundlage für die Lebensverhältnisse, den Wohlstand und die Lebensqualität der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland ist. Die aus dieser technischen Entwicklung gewonnenen Erkenntnisse drängen auf Erprobung und Verwirklichung in der Praxis - ebenfalls zum Besten der Allgemeinheit und des gemeinen Wohls.
Bei technischen Großprojekten, wie etwa bei dem beabsichtigten Neubau einer Schnellbahnstrecke, treffen diese verschiedenen Interessen aufeinander. Während jeder dieser Belange - für sich betrachtet - von dem Staat und seinen Organen selbst vertreten und verfolgt wird und sich - jeder für sich - zum Besten der Allgemeinheit auswirken kann und soll, treten sie u. a. bei der Gestaltung bedeutender Verkehrsanlagen regelmäßig in Widerstreit miteinander: Der Neubau einer Schnellbahn greift durch die Beanspruchung von Land für die Trasse, den Bau von Tunnels, die Anlage von Lärmschutzvorrichtungen usw. erheblich in die bestehende Landschaft und das Landschaftsbild ein; Menschen sowie Tier- und Pflanzenwelt werden durch die Bauarbeiten, die schließlich errichteten Anlagen und die schnellfahrenden Züge beeinträchtigt. Bei solchen technischen Großprojekten gilt es - trotz der verschiedenen, einander widerstreitenden Belange -, die bestehenden Ziel- und Interessenkonflikte auszugleichen und durch sachliche Auseinandersetzung die für die Allgemeinheit beste Lösung zu finden und zu verwirklichen. Dazu bedarf es - von entsprechenden gesetzlichen Regelungen wie z. B. der Beteiligung der Bürger an der Bauleitplanung, § 2 a des Bundesbaugesetzes (BBauG) i. d. F. vom 18. August 1976, BGBl I 1976, 2257, einmal abgesehen - eines objektiven, wohl verstandenen Abwägens der verschiedenen Belange. Das wiederum hat zur Voraussetzung, daß - unabhängig von der dann später gefundenen Lösung - die von dem beabsichtigten Projekt Betroffenen sachlich möglichst umfassend unterrichtet sind und ihre Auffassungen in geeigneter Weise vorbringen und vertreten. Wenn sich die Klägerin entsprechend ihrem Vereinszweck und zu dessen Verwirklichung in die Schnellbahnplanung durch Eingaben, Zeitungsartikel, Informationsversammlungen, die Verteilung von Informationsmaterial, Gespräche mit Vertretern der beteiligten Behörden usw. eingeschaltet hat und einschaltet, so geschah und geschieht dies im Interesse und zur Förderung der Allgemeinheit: Die Klägerin trägt dadurch mit dazu bei, die nach ihrer Auffassung und aus ihrer Sicht für die Allgemeinheit günstigste Lösung des durch das Bauvorhaben ausgelösten Interessenkonflikts zu finden. Damit steht es - entsprechend dem satzungsmäßigen Zweck der Klägerin - durchaus im Einklang, wenn die Klägerin zur Erreichung ihres Zwecks versucht, den Bau der Schnellbahntrasse überhaupt zu verhindern. Die Tätigkeit der Klägerin kommt damit keinem Personenkreis zugute, der dauernd nur klein sein kann, sondern zumindest einem Kreis, der als Ausschnitt aus der Allgemeinheit (oben 4 a) zu bezeichnen ist.
Das Ergebnis dieser objektiven Wertung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Zweck der Klägerin satzungsgemäß auf den Natur- und Umweltschutz bei den geplanten Bauvorhaben der Schnellbahnstrecke begrenzt sein dürfte. Die gesetzlichen Regelungen des alten und des neuen Gemeinnützigkeitsrechts verbieten - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen für eine steuerbegünstigte, gemeinnützige Tätigkeit - weder eine zeitliche noch eine gegenständliche Beschränkung. Der Körperschaft bleibt es vielmehr grundsätzlich überlassen, wie lange sie gemeinnützig tätig sein will und auf welche Gegenstände (i. S. des Gemeinnützigkeitsrechts) sich ihre Tätigkeit beziehen soll. Im Streitfall besteht von der Sache her eine enge Verknüpfung zwischen Natur- und Umweltschutz und dem Bau der Schnellbahnstrecke und damit eine insoweit notwendig gegenständlich begrenzte Tätigkeit der Klägerin. Die Hinweise des FA in diesem Zusammenhang auf die ablehnende Haltung von weiten Teilen der Bevölkerung gegenüber dem Verkehrsprojekt gehen fehl. Die (mögliche) gegenständliche Begrenzung der (objektiv) gemeinnützigen Tätigkeit der Klägerin hat mit der Volksmeinung nichts zu tun.
Das Gewähren der Steuerbefreiung nach § 4 Abs. 1 Nr. 6 KStG und § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG 1977 kann auch nicht, wie das FA meint, als Parteiergreifen im Streit um den (beabsichtigten) Bau der Verkehrsanlage gewertet werden. Die steuerliche Vergünstigung beruht auf gesetzlichen Vorschriften und ist, wenn deren Voraussetzungen gegeben sind, unabhängig von dem Meinungsstreit um den Bau der Schnellbahnstrecke zu gewähren. Daß die Träger der öffentlichen Belange, hier also insbesondere die staatlichen Planungsbehörden und die Deutsche Bundesbahn, bei ihren Planungen die Belange des Natur- und Umweltschutzes zu berücksichtigen haben, macht die Tätigkeit der Klägerin nicht überflüssig. Die Aufgaben des modernen Staates und dessen Wirken haben sich an den Interessen und den Problemen seiner Bürger (der Gesellschaft) auszurichten. Der Staat ist zwar grundsätzlich dazu berufen, dabei gesellschaftsinterne Konflikte ebenso zu lösen wie widerstreitende Interessenkonflikte zwischen dem Staat selbst und seinen Bürgern oder Bürgergruppen; staatliches Handeln und staatliche Planungen sind aber als solche nicht immer unangreifbar. Bei den Maßnahmen und den Entscheidungen der Planungsbehörden sind eine Vielzahl verschiedener Gesichtspunkte (z. B. politischer und wirtschaftlicher Art) zu berücksichtigen, die u. U. mehr oder weniger den der Planung widerstreitenden Bestrebungen der Klägerin entgegenstehen. Daraus erwächst die Gefahr, daß die Angelegenheiten des Natur- und Umweltschutzes übergangen werden, bei der Planung unbeachtet bleiben oder zumindest nicht genügend beachtet werden. In dieser Hinsicht dient die Tätigkeit der Klägerin einer objektiven Meinungsbildung mit dem Ziel, die für die Allgemeinheit beste Lösung herbeizuführen. Darauf, daß die Klägerin nach der gegebenen Rechtslage ihre Rechtsansichten im Planungsverfahren ggf. weder durch außergerichtliche noch durch gerichtliche Rechtsbehelfe durchzusetzen vermag, kommt es demgegenüber nicht an. Es ist ausreichend, aber auch erforderlich, daß sie sich - wie im Streitfall gegeben - im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung i. S. des Art. 2 Abs. 1 GG betätigt, d. h. im Rahmen der allgemeinen Rechtsordnung, die die materiellen und formellen Normen der Verfassung beachtet, also eine verfassungsgemäße Rechtsordnung ist (vgl. Leibholz/Rinck, Grundgesetz, Kommentar, 5. Aufl., Art. 2 Anm. 5).
5. Das FG hat zutreffend auch das selbstlose Handeln der Klägerin i. S. des § 17 Abs. 5 StAnpG und des § 55 Abs. 1 AO 1977 bejaht. Das Vorbringen des FA, das sich gegen diese Auffassung richtet, greift nicht durch. Mangels einer zulässigen und begründeten Verfahrens-(Aufklärungs-)rüge des FA ist der Senat an die tatsächlichen Feststellungen gebunden, die das FG dazu in dem angefochtenen Urteil getroffen hat (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Diese Tatsachen hat das FG rechtsfehlerfrei gewürdigt.
a) Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß die Klägerin nach ihrer Satzung und ihrer tatsächlichen Geschäftsführung für sich selbst keine anderen als gemeinnützige Zwecke, insbesondere keine eigenwirtschaftlichen Zwecke (§ 17 Abs. 5 StAnpG, § 4 Abs. 2 bis 4 GemV, § 55 Abs. 1 AO 1977) verfolgt hat. Anhaltspunkte, die dagegen sprechen könnten, sind nicht erkennbar.
b) Das FG hat ferner zu Recht verneint, daß die Klägerin der Wahrung und/oder der Durchsetzung eigenwirtschaftlicher Belange ihrer Mitglieder gedient hat. Dabei hat es einen gewissen Zusammenhang zwischen dem Zweck der Klägerin und den Interessen der Mitglieder nicht verkannt. Diese in der Natur der Sache liegende Verbindung - die auch das FA anerkennt - macht deutlich, daß die das allgemeine Beste fördernde Tätigkeit einer Körperschaft nicht nur der Allgemeinheit, sondern in der Regel notwendig auch den einzelnen Mitgliedern der Körperschaft mehr oder weniger zugute kommt. So trägt ein Sportverein, der anerkanntermaßen die Körperliche Ertüchtigung des Volkes durch Leibesübungen fördert, regelmäßig zugleich zur körperlichen Ertüchtigung seiner Mitglieder bei. Solche Vorteile, die zugunsten der Mitglieder gewissermaßen als Nebenprodukt der begünstigten Tätigkeit ihrer Körperschaft abfallen, schließen jedoch nach altem und neuem Gemeinnützigkeitsrecht grundsätzlich die Anerkennung der Gemeinnützigkeit und damit insoweit die persönliche Befreiung von der Körperschaftsteuer nicht aus. Der begünstigten Tätigkeit kann in diesen Fällen die Selbstlosigkeit nicht abgesprochen werden. Ein selbstloses Handeln kann jedoch dann (aber auch erst dann) nicht mehr angenommen werden, wenn die ihm eigene Opferwilligkeit zugunsten anderer wegfällt oder in den Hintergrund gedrängt wird und an deren Stelle in erster Linie Eigennutz tritt. Das ist nach der gesetzlichen Regelung dann der Fall, wenn die fördernde Tätigkeit "in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke ... verfolgt" (§ 17 Abs. 5 StAnpG, § 55 Abs. 1 AO 1977). Als solche Zwecke nennt das Gesetz "zum Beispiel gewerbliche Zwecke oder sonstige Erwerbszwecke". Ist die Verfolgung solcher Zwecke "in erster Linie" der Antrieb für das Wirken der Körperschaft (zugunsten ihrer Mitglieder), so mangelt es insoweit an einem selbstlosen Handeln.
c) Der Senat hält schließlich auch die rechtliche Methode, mit der das FG das Verfolgen eigenwirtschaftlicher Zwecke durch die Klägerin verneint hat, im wesentlichen für richtig und tritt insoweit den Ausführungen des FG bei. Das FG hat aus der Satzung der Klägerin und deren tatsächlicher Geschäftsführung sowie aus den hinsichtlich der Mitglieder der Klägerin getroffenen Feststellungen die Vermutung hergeleitet, daß die Klägerin keine eigenwirtschaftlichen Zwecke verfolge. Eine solche Vermutung ist nach den Feststellungen, die den Senat binden, möglich und rechtlich nicht zu beanstanden. Das FA hat keine konkreten Tatsachen vorgetragen, die eine solche Vermutung widerlegen könnten.
Ob und ggf. in welchem Umfange eine Körperschaft trotz ihrer auf gemeinnütziges Handeln hindeutenden Zielsetzungen eigenwirtschaftliche Interessen verfolgt, ist für die Entscheidung über die Anerkennung der Gemeinnützigkeit rechtserheblich. Eine solche (begünstigungsschädliche) Tätigkeit ist jedoch nur in seltenen Fällen aus der Satzung oder aus der tatsächlichen Geschäftsführung hinreichend deutlich erkennbar; insbesondere läßt sich - wenn überhaupt - nur schwer feststellen, inwieweit eigenwirtschaftliche Interessen der Mitglieder die tatsächliche Geschäftsführung der Körperschaft beeinflussen oder gar wesentlich bestimmen. Lassen sich die zur Entscheidung notwendigen rechtserheblichen Tatsachen nicht feststellen, so fragt sich, welchem der Beteiligten dies zum Nachteil gereicht. Eine gesetzlich festgelegte Regelung der sogenannten Feststellungslast fehlt für den Steuerprozeß. Entsprechend den allgemeinen Regeln des Verfahrensrechts trägt zwar der Steuerpflichtige in der Regel die objektive Feststellungslast für diejenigen Tatsachen, die eine Steuerbefreiung begründen oder zu einer Steuerermäßigung führen (vgl. BFH-Urteil IV R 101/75). Diese allgemeine Regel ist aber im Streitfall nicht anwendbar. Wie das FG zu Recht hervorhebt, erscheint "das Nichtgegebensein von Tatsachen" in Fällen der vorliegenden Art kaum feststell- und nachweisbar. Auch das FA meint, es könne von der Klägerin "eine Beweisführung, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Verfolgung eigenwirtschaftlicher Interessen ausschließe, nicht gefordert werden". Ob die Klägerin zugunsten ihrer Mitglieder deren eigenwirtschaftliche Interessen verfolgt, kann vielmehr nur objektiv aus den Tatsachen abgeleitet werden, die insoweit das Gesamtbild der Verhältnisse prägen. Solche Tatsachen können sein die Zielsetzung der Klägerin nach ihrer Satzung, die wirkliche Tätigkeit der Klägerin und ihre Geschäftsführung, wie sie sich aus dem erkennbaren Willen ihrer Organe und ihrer Mitglieder ergibt, das Auftreten der Klägerin in der Öffentlichkeit und gegenüber ihren Mitgliedern sowie die Stellung der Mitglieder im Privat- und Erwerbsleben. Soweit sich daraus (sichere) Vermutungen für ein eigenwirtschaftliches Tätigwerden oder für ein selbstloses Handeln ableiten lassen, sind diese beachtlich und es muß dem jeweils anderen Verfahrensbeteiligten überlassen bleiben, diese Vermutungen zu widerlegen. Im Streitfall kann nicht unbeachtet bleiben, daß das FA zunächst - wenn auch nur vorläufig und befristet - ein gemeinnütziges Handeln der Klägerin anerkannt, diese Anerkennung später widerrufen und die Klägerin zur Körperschaftsteuer herangezogen hat. Für die den Steueranspruch begründenden Tatsachen hätte nach den allgemeinen Verfahrensregeln das FA die Feststellungslast zu tragen.
Demgegenüber ist die Meinung des FA, es sei auf die Beweggründe der Mitglieder für deren Beitritt abzustellen, unpraktikabel und unrichtig. Abgesehen davon, daß sich diese Beweggründe in der Regel nur schwer werden ermitteln lassen, erscheint eine Nachprüfung entsprechender Angaben kaum möglich. Ebensowenig kann - falls rechtlich überhaupt zulässig - eine "klare Scheidung zwischen Natur- und Umweltschutz und wirtschaftlichen Eigeninteressen" durch eine entsprechende Besetzung des Vorstandes und eine Einschränkung des Stimmrechts, wie sie das FA fordert, zu einer befriedigenden Lösung führen.
6. Die übrigen Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 6 KStG und des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG 1977 sind zwischen den Beteiligten nicht streitig.
II.
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Fundstellen
BStBl II 1979, 482 |
BFHE 1979, 330 |