Verfahrensgang
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 11. Zivilsenats – 3. Senat für Familiensachen – des Oberlandesgerichts Koblenz vom 26. Oktober 1995 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Das klagende Land (im folgenden: Kläger) erbringt für die bei ihrer Mutter lebenden ehelichen Söhne des Beklagten C. F., geboren am 26. März 1991, und S. E., geboren am 14. Januar 1992, seit dem 12. April 1992 Unterhaltsvorschußleistungen. Diese betrugen zunächst monatlich 216 DM und ab 1. Juli 1992 monatlich 256 DM für jedes Kind. Mit seiner Klage nahm der Kläger den Beklagten aus übergegangenem Recht zunächst auf Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe von 201 DM bzw. ab 1. Juli 1992 von 241 DM monatlich für jedes Kind für die Zeit bis zum 30. Juni 1994 in Anspruch.
Der 1953 geborene Beklagte, der auf Grundstücken, die ihm und seiner bei ihm lebenden Mutter gehören, Landwirtschaft betreibt, hielt sich für nicht leistungsfähig. Er bezifferte sein Gesamteinkommen ausgehend von den gegen ihn ergangenen Steuerbescheiden mit 13.576 DM für 1988, 13.583 DM für 1989, 12.350 DM für 1990, 9.153 DM für 1991 und 12.538 DM für 1993. Darüber hinaus machte er geltend, aus gesundheitlichen Gründen, nämlich wegen degenerativer Veränderungen der Hals- und Lendenwirbelsäule mit Nervenwurzelreizerscheinungen und halswirbelsäulenbedingter Migräne sowie psychosomatischer Störungen in seiner Erwerbsfähigkeit (zuletzt) um 40 % gemindert zu sein. Für eine anderweitige Erwerbstätigkeit hielt er sich im Hinblick auf seinen Gesundheitszustand, seine in einer landwirtschaftlichen Lehre im elterlichen Betrieb bestehende Ausbildung und sein Alter nicht für vermittelbar.
Das Amtsgericht – Familiengericht – hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und den Beklagten zur Zahlung von 12.626,60 DM verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen und ihn auf die Anschlußberufung des Klägers weiter verurteilt, für die Zeit vom 1. Juli 1994 bis 30. September 1995 monatlich 241 DM für jedes Kind an den Kläger sowie ab 1. Oktober 1995 zu Händen der Kindesmutter zu zahlen, jeweils zuzüglich 4 % Zinsen auf die Rückstände.
Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte – nach teilweiser Rücknahme des Rechtsmittels – seinen Klageabweisungsantrag weiter, soweit er zur Zahlung von Kindesunterhalt für die Zeit ab 1. Oktober 1995 verurteilt worden ist.
Entscheidungsgründe
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
I.
1. Das Oberlandesgericht hat den Kläger für berechtigt gehalten, den erst nach der letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren fällig werdenden Kindesunterhalt in gewillkürter Prozeßstandschaft im eigenen Namen geltend zu machen. Hierzu hat es ausgeführt: Eine Ermächtigung der sorgeberechtigten Mutter der Kinder sei durch deren dem zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten des Klägers erteilte Prozeßvollmacht gedeckt. Es fehle auch nicht an einem eigenen schutzwürdigen Interesse des Klägers an der Geltendmachung der künftigen Unterhaltsforderungen. Durch einen entsprechenden Titel würden die Kinder als ursprüngliche Inhaber der Unterhaltsansprüche in die Lage versetzt, nicht rechtzeitig geleisteten Unterhalt nach Umschreibung des Titels gemäß § 727 Abs. 1 ZPO unverzüglich im Wege der Zwangsvollstreckung beizutreiben. Auf diese Weise werde der Kläger entlastet, sei es dadurch, daß er wegen des – gegebenenfalls im Wege der Zwangsvollstreckung beigetriebenen – Kindesunterhalts keine Vorschußleistungen erbringen müsse, sei es deshalb, weil er nach Leistung von Unterhaltsvorschuß selbst gegenüber dem Beklagten die Zwangsvollstreckung betreiben könne, ohne nochmals einen Vollstreckungstitel erwirken zu müssen. Daß der Beklagte als Unterhaltspflichtiger durch diese Art der Prozeßführung unbillig benachteiligt werde, sei nicht ersichtlich. Hinsichtlich eventueller Kostenerstattungsansprüche stehe er in der Regel sogar besser, weil an der Solvenz des Klägers keine Zweifel bestünden. Auch die Vorschrift des durch das Gesetz zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms (FKPG vom 23. Juni 1993, BGBl. I 944, 952) eingeführten § 91 Abs. 3 Satz 2 BSHG spreche eher für als gegen die Annahme einer zulässigen gewillkürten Prozeßstandschaft.
2. Diese Ausführungen halten im Ergebnis den Angriffen der Revision stand. Für die Zeit ab 1. Oktober 1995 fehlt dem Klagebegehren nicht die in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu berücksichtigende Prozeßvoraussetzung der Prozeßführungsbefugnis des Klägers.
a) Die Prozeßführungsbefugnis steht in der Regel den Trägern des streitigen Rechtsverhältnisses, auf der Kläger-Seite also dem Inhaber des geltend gemachten Anspruchs zu. Nur unter bestimmten Voraussetzungen ist sie rechtsfremden oder lediglich teilberechtigten Personen übertragen (vgl. dazu, insbesondere zur gewillkürten Prozeßstandschaft, Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, 15. Aufl. § 46 I 1-3 und III 1, S. 234 f. und 237 f.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 20. Aufl. Rdn. 42-50 vor § 50; BGH, Urteil vom 2. Oktober 1987 – V ZR 182/86 – NJW-RR 1988, 126, 127).
Inhaber der zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 14. September 1995 noch nicht fälligen Ansprüche auf Kindesunterhalt, also derjenigen für die Zeit ab Oktober 1995, waren die Kinder des Beklagten. Ein gesetzlicher Forderungsübergang auf den Kläger nach § 7 Abs. 1 UVG findet erst in dem Zeitpunkt statt, in dem der Unterhaltsvorschuß geleistet wird (Scholz, Unterhaltsvorschußgesetz, 3. Aufl. § 7 Rdn. 3).
b) Die Prozeßführungsbefugnis konnte dem Kläger als insoweit Rechtsfremdem allerdings aufgrund privater Ermächtigung unter der grundsätzlichen Voraussetzung eingeräumt werden, daß das Recht selbst abtretbar ist, er ein eigenes rechtsschutzwürdiges Interesse besitzt, das fremde Recht geltend zu machen und dem Beklagten diese Prozeßführung zumutbar ist (Rosenberg/Schwab/Gottwald aaO § 46 III 1; Zöller/Vollkommer aaO Rdn. 44-46 vor § 50; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl. Rdn. 41 a bis 41 d vor § 50; Thomas/Putzo, ZPO, 20. Aufl. § 51 Rdn. 33-36).
aa) Eine Ermächtigung des Klägers zur Geltendmachung der künftigen Unterhaltsansprüche der Kinder im Wege der gewillkürten Prozeßstandschaft hat das Berufungsgericht in der Prozeßvollmacht gesehen, die die Kindesmutter den zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten des Klägers erteilt hat. Hiergegen wendet die Revision ein, der dem Anwalt erteilten Vollmacht lasse sich eine derartige Erklärung nicht entnehmen. Da der Wortlaut der Vollmacht eindeutig sei und für ein anderes Verständnis kein konkreter Anhaltspunkt bestehe, sei nicht ersichtlich, worauf eine Ermächtigung des Klägers gestützt werden könne.
Ob dieser Auffassung zu folgen ist, bedarf keiner Entscheidung. Die Klägerin hat nämlich, worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist, zur Begründung der Klageerweiterung auf den Unterhalt für die Zeit ab Oktober 1995 unwidersprochen vorgetragen, „die Kinder, vertreten durch ihre Mutter, sind selbstverständlich damit einverstanden und wünschen in erster Linie, daß das klagende Land für sie auch für eine Titulierung der zukünftigen Unterhaltsansprüche sorgt.” Da die Ermächtigung zur Prozeßführung eine Prozeßhandlung darstellt, kann der Senat die betreffende Erklärung selbst auslegen. Nach ihrem Inhalt kann es aber keinem Zweifel unterliegen, daß die Mutter der Kinder den Kläger zur Geltendmachung der künftigen Unterhaltsansprüche gegenüber dem Beklagten ermächtigt hat.
bb) Die Ermächtigung kann grundsätzlich nur für Rechte erteilt werden, über die der Ermächtigende verfügen kann. Deshalb stellt sich die Frage, ob die Vorschrift des § 400 BGB, nach der eine Forderung nicht abgetreten werden kann, soweit sie – wie gesetzliche Unterhaltsansprüche nach § 850 b Abs. 1 Nr. 2 ZPO – der Pfändung nicht unterworfen sind, einer Prozeßführungsermächtigung entgegensteht. Das ist indessen nicht der Fall.
Ob bei unübertragbaren Rechten eine gewillkürte Prozeßstandschaft zulässig ist, ist danach zu beurteilen, ob der Zweck der Unübertragbarkeit auch eine Prozeßführungsermächtigung hindert (Stein/Jonas/Bork aaO Rdn. 43 a vor § 50; Thomas/Putzo aaO § 51 Rdn. 36). Soll die Unübertragbarkeit lediglich sicherstellen, daß der ursprüngliche Gläubiger und kein anderer die Leistung erhält, so steht sie einer Prozeßführungsermächtigung zur Klage auf Leistung an den Gläubiger nicht entgegen (Stein/Jonas/Bork aaO).
Die Vorschrift des § 400 BGB beruht auf der sozialpolitischen Erwägung, daß dem Unterhalts- oder Rentenberechtigten der nötige Lebensunterhalt gesichert werden soll, um eine Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen zu vermeiden (BGHZ GSZ 4, 153, 154). Da dieser Zweck gewährleistet wird, wenn der Unterhalts- oder Rentenberechtigte die Leistung erhält, begegnet eine Prozeßführungsermächtigung zur Klage auf Leistung an den Gläubiger keinen Bedenken (Stein/Jonas/Bork aaO). Deshalb ist eine gewillkürte Prozeßstandschaft, mit der – wie hier – Leistung an die Unterhaltsberechtigten bzw. deren gesetzliche Vertreterin verlangt wird, grundsätzlich als zulässig zu erachten, denn es ist sichergestellt, daß künftig fällig werdender Unterhalt an die Unterhaltsgläubiger gezahlt wird.
cc) Auch soweit das Berufungsgericht zeitlich uneingeschränkt ein eigenes rechtsschutzwürdiges Interesse des Klägers an der Prozeßführung bejaht hat, ist seine Auffassung rechtsbedenkenfrei.
Der Kläger hat ein eigenes rechtliches Interesse daran, für die Kinder des Beklagten keine Unterhaltsvorschußleistungen erbringen zu müssen bzw. im Falle erforderlich werdender Leistungen den Beklagten ohne erneuten Rechtsstreit im Wege der Zwangsvollstreckung in Regreß nehmen zu können. Dieser Zweck wird durch die Prozeßführung in gewillkürter Prozeßstandschaft erreicht. Zahlt der Beklagte die ausgeurteilten Unterhaltsbeträge bei Fälligkeit, sind keine Unterhaltsvorschußleistungen zu erbringen. Muß dagegen aufgrund Ausbleibens der Unterhaltsleistungen Unterhaltsvorschuß gezahlt werden, kann der Kläger als Titelgläubiger aus einem der Klage stattgebenden Urteil vollstrecken und Zahlung an die Kindesmutter verlangen, die wiederum aufgrund des nach § 7 Abs. 1 UVG erfolgten gesetzlichen Forderungsübergangs zur Auskehrung an den Kläger verpflichtet ist. Im Hinblick auf die in dem Anspruchsübergang von den Rechtsinhabern auf den Vollstreckungsgläubiger (und ehemaligen Prozeßstandschafter) liegende Rechtsänderung wird auch die Auffassung vertreten, daß dem Vollstreckungsgläubiger eine Klausel auf Leistung an ihn selbst zu erteilen sei, weil ein schutzwürdiges Interesse daran bestehe, daß nicht mehr an den laut Titel Empfangsberechtigten geleistet werde (so Stein/Jonas/Münzberg aaO § 727 Rdn. 31 und Fn. 157).
Ob darüber hinaus auch die rechtliche Möglichkeit besteht, den Rechtsinhabern – im vorliegenden Fall also den Kindern – nach § 727 Abs. 1 ZPO oder in entsprechender Anwendung dieser Bestimmung eine vollstreckbare Ausfertigung zu erteilen, ist streitig (bejahend: Zöller/Stöber aaO § 727 Rdn. 13; Heintzmann ZZP 92, 61, 69; Becker-Eberhard ZZP 104, 413, 443 f.; Derleder/Bartels FamRZ 1995, 1111, 1117; vgl. auch BGH, Urteil vom 22. September 1983 – VIII ZR 293/81 – MDR 1983, 308, 309; verneinend: Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, Bd. II, 2. Aufl., § 727 Rdn. 14; MünchKomm-ZPO-Wolfsteiner § 727 Rdn. 10; KG Rpfleger 1971, 103). Welcher der vertretenen Auffassungen zu folgen ist, kann indessen dahinstehen. Denn ein eigenes rechtsschutzwürdiges Interesse des Klägers ergibt sich bereits aus der Möglichkeit, selbst aus einem Titel die Zwangsvollstreckung betreiben zu können.
Dieses Interesse des Klägers besteht zeitlich uneingeschränkt, auch wenn Unterhaltsvorschußleistungen nach § 3 UVG längstens für insgesamt 72 Monate gezahlt werden. Denn es ist nicht absehbar, wann die Höchstdauer des Leistungszeitraums ablaufen wird. Hat der Beklagte nach der letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren bei Fälligkeit den Unterhalt für die Kinder zu Händen der Mutter gezahlt oder erbringt er in Zukunft solche Leistungen, sind insoweit keine Unterhaltsvorschußleistungen zu gewähren. Das rechtliche Interesse des Klägers, keinen Unterhaltsvorschuß zahlen zu müssen, ist deshalb – über den Zeitraum von 72 Monaten nach Leistungsbeginn am 12. April 1992 hinaus – zu bejahen.
dd) Schutzwürdige Belange des Beklagten stehen der Prozeßführung durch den Kläger nicht entgegen. Soweit die Revision einwendet, für den Beklagten folge aus der Verpflichtung zur Zahlung an die Mutter der Kinder eine erhebliche Rechtsunsicherheit, weil für ihn nicht stets erkennbar sei, ob ein Unterhaltsvorschuß bereits gezahlt worden und der Unterhaltsanspruch deshalb auf den Kläger übergegangen sei, kann ihr nicht gefolgt werden. Zahlt der Beklagte ohne Kenntnis des gesetzlichen Forderungsübergangs an die Mutter der Kinder, ist er nach §§ 407 Abs. 1, 412 BGB geschützt und hat demnach mit Erfüllungswirkung geleistet (Derleder/Bartels aaO S. 1119), so daß für denselben Zeitraum kein Unterhaltsanspruch auf den Kläger übergeht, auch wenn er Leistungen erbringt. Einer unberechtigten Vollstreckung aus dem von dem Kläger erwirkten Titel kann der Beklagte gegebenenfalls durch Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) begegnen (Senatsurteil vom 18. März 1992 – XII ZR 1/91 – FamRZ 1992, 797, 799).
Damit erweist sich die Prozeßführung in gewillkürter Prozeßstandschaft als zulässig.
II.
1. Zum Bestand der geltend gemachten Unterhaltsansprüche hat das Oberlandesgericht ausgeführt:
Der Beklagte sei verpflichtet, den von dem Kläger geltend gemachten Mindestbedarf nach der Einkommensgruppe 1 der Düsseldorfer Tabelle – abzüglich des anteiligen Kindergeldes von monatlich 50 DM – für jedes der beiden Kinder zu zahlen. Das seien für die Zeit ab Juli 1992 jeweils 241 DM (291 DM abzüglich 50 DM). Der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte habe nicht dargetan, daß er in diesem Umfang nicht leistungsfähig sei. Deshalb könne nicht davon ausgegangen werden, daß ihm ab Juli 1992 geringere bereinigte Einkünfte als monatlich 1.782 DM (notwendiger Selbstbehalt: 1.300 DM + 482 DM Kindesunterhalt) zur Verfügung stünden. Wie die den Steuerbescheiden für die Jahre 1988 bis 1991 und das Jahr 1993 zugrunde gelegten Einkünfte ermittelt worden seien, habe der Beklagte nicht vorgetragen. Deshalb sei offen, welche Einkünfte steuerlich berücksichtigt worden seien. In Ansehung der behaupteten niedrigen Einkünfte sei zudem unklar, mit welchen Mitteln die aus den Steuerbescheiden ersichtlichen relativ hohen Versicherungsbeiträge beglichen worden, darüber hinaus die behauptete Darlehenstilgung vorgenommen und schließlich der Lebensbedarf des Beklagten – bzw. vor der Trennung der Familie – befriedigt worden sei. Zu den Einkünften in den Jahren 1992, 1994 und 1995 sei kein substantiierter Vortrag erfolgt. Daher sei bereits offen, ob der Beklagte den Kindesunterhalt nicht aus den Erträgen der Landwirtschaft aufbringen könne.
Darüber hinaus sei er seinen minderjährigen Kindern gegenüber nach § 1603 Abs. 2 BGB gehalten, besondere Anstrengungen zu unternehmen, um den Bedarf der Kinder sicherzustellen. Gegebenenfalls müsse er die Landwirtschaft ganz oder teilweise aufgeben und/oder sich um eine andere oder zusätzliche Erwerbstätigkeit bemühen. Daß sich aus den bescheinigten gesundheitlichen Beeinträchtigungen eine konkrete Arbeitsunfähigkeit ergebe, könne den vorgelegten Attesten nicht entnommen werden. Auch die Schreiben des Bauern- und Winzerverbandes führten zu keiner anderen Beurteilung. Dem Beklagten habe es deshalb oblegen, sich nachdrücklich und in geeigneter Weise um weitere Teilzeitbeschäftigungen oder um eine andere Vollzeitbeschäftigung zu bemühen. Daß er dieser unterhaltsrechtlichen Obliegenheit nachgekommen sei, habe er ebenfalls nicht dargelegt. Dafür reiche die einzige vorgelegte Absage, daß er in einer Fabrik für Präzisionswerkzeuge nicht habe eingestellt werden können, nicht aus. Deshalb müsse der Beklagte im Umfang des Mindestunterhalts als leistungsfähig angesehen werden.
2. Auch hiergegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
a) Da für die bei der Mutter lebenden Kinder nur der Mindestbedarf geltend gemacht wird, ist eine weitere Darlegung der Bedarfshöhe nicht erforderlich (§ 1610 Abs. 3 Satz 1 BGB). Daß der Beklagte finanziell nicht in der Lage ist, den Mindestbedarf zu befriedigen, hat er darzulegen und zu beweisen. Den hieran zu stellenden Anforderungen genügt sein Vorbringen, wie das Oberlandesgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht.
Der Beklagte hat sich für seine behauptete Leistungsunfähigkeit auf die in den vorgelegten Steuerbescheiden für die Jahre 1988 bis 1991 und 1993 ausgewiesenen Einkünfte bezogen. Die Höhe des die Leistungsfähigkeit bestimmenden Einkommens ist indessen nicht mit dem steuerpflichtigen Einkommen identisch. Das Steuerrecht privilegiert einzelne Einkommensarten und erkennt Aufwendungen als einkommensmindernd an, die keine wirkliche Vermögenseinbuße zum Gegenstand haben. Dem durch das steuerliche Institut der Abschreibung pauschal berücksichtigten Verschleiß von Gegenständen des Anlagevermögens entspricht oft keine tatsächliche Wertminderung in Höhe des steuerlich anerkennungsfähigen Betrages, erst recht keine entsprechende Minderung des Einkommens. Beruft sich der Unterhaltsschuldner, der eine Beschränkung seiner Leistungsfähigkeit behauptet, auf sein steuerpflichtiges Einkommen, so braucht er zwar nicht sämtliche Belege vorzulegen, durch die gegenüber der Steuerbehörde die behaupteten Aufwendungen glaubhaft zu machen sind. Er muß jedoch seine Einnahmen und behaupteten Aufwendungen im einzelnen so darstellen, daß die allein steuerlich beachtlichen Aufwendungen von solchen, die unterhaltsrechtlich von Bedeutung sind, abgegrenzt werden können (Senatsurteil vom 23. April 1980 – IV b ZR 510/80 – FamRZ 1980, 770, 771). Daran fehlt es hier, obwohl nähere Angaben gerade deshalb in besonderem Maße erforderlich waren, weil nicht nachvollziehbar ist, wie der Beklagte etwa im Jahre 1993 bei angegebenen Einkünften von 12.538 DM allein Versicherungsbeiträge von 9.359 DM aufgebracht, Zahlungen auf Darlehen geleistet und seinen Lebensunterhalt bestritten haben kann. Für die Jahre 1992 und 1994 hat der Beklagte lediglich pauschal behauptet, seine Einkünfte hätten den bereits vorgelegten Steuerbescheiden entsprochen. Bei dieser Sachlage ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, der Beklagte habe seine tatsächlichen Einkommensverhältnisse und damit seine Leistungsunfähigkeit nicht hinreichend dargetan.
b) Das Berufungsgericht hat es letztlich jedoch offengelassen, ob der Beklagte nicht bereits aus den Erträgen der Landwirtschaft den Mindestunterhalt der Kinder bestreiten könnte und darauf abgestellt, daß er aufgrund seiner erweiterten Unterhaltspflicht gegenüber den minderjährigen Kindern nach § 1603 Abs. 2 BGB zu einer gesteigerten Ausnutzung seiner Arbeitskraft verpflichtet ist. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. Senatsurteil vom 9. Juli 1980 – IV b ZR 529/80 – FamRZ 1980, 1113, 1114). Die Leistungsfähigkeit eines Unterhaltspflichtigen wird nicht nur durch die tatsächlich vorhandenen, sondern auch durch solche Mittel bestimmt, die er bei gutem Willen durch zumutbare Erwerbstätigkeit erzielen könnte. Insoweit wäre dem Beklagten bei unzureichenden Erträgen aus der Landwirtschaft jedenfalls anzusinnen, zur Nebenerwerbslandwirtschaft überzugehen und notfalls die Landwirtschaft ganz aufzugeben und eine höhere Einkünfte versprechende anderweitige volle Erwerbstätigkeit aufzunehmen (vgl. Senatsurteil vom 16. Juni 1993 – XII ZR 49/92 – FamRZ 1993, 1304, 1306). Daß er hierzu aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage wäre, hat der Beklagte, wie das Berufungsgericht verfahrensfehlerfrei angenommen hat, nicht hinreichend dargetan. Aus keinem der von ihm vorgelegten ärztlichen Atteste ergeben sich Anhaltspunkte für eine dauerhafte Einschränkung der Erwerbsfähigkeit. Auch die vom Versorgungsamt bescheinigte Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 % wegen degenerativer Veränderungen der Hals- und Lendenwirbelsäule mit Nervenwurzelreizerscheinungen und hierdurch bedingter Migräne sowie wegen psychosomatischer Störungen ist insoweit nicht aussagekräftig. Es gibt durchaus Erwerbsmöglichkeiten, die mit den genannten Beschwerden zu vereinbaren sind. Daß für den 1953 geborenen Beklagten, auch wenn er nur eine landwirtschaftliche Lehre im Betrieb seiner Eltern absolviert hat, keine reale Beschäftigungschance besteht (z.B. in der Lagerverwaltung oder in der Fabrikation), ist weder hinreichend dargetan – etwa durch Vorlage von Absagen auf regelmäßige, gezielte Bewerbungen um Arbeitsstellen – noch sonst ersichtlich. Aus diesem Grund begegnet die Auffassung des Oberlandesgerichts, der Beklagte habe seine Leistungsunfähigkeit auch im Hinblick auf mögliche Einkünfte aus einer abhängigen Erwerbstätigkeit nicht hinreichend dargetan, keinen rechtlichen Bedenken.
Unterschriften
Blumenröhr, Zysk, Hahne, Sprick, Weber-Monecke
Fundstellen
Haufe-Index 1383896 |
FamRZ 1998, 357 |
ZfJ 1998, 215 |
ZfJ 1998, 263 |