Verfahrensgang
SG Karlsruhe (Entscheidung vom 27.09.2019; Aktenzeichen S 9 AS 2579/19) |
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 26.05.2020; Aktenzeichen L 9 AS 3649/19) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. Mai 2020 - L 9 AS 3649/19 - Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO). An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg böte die Nichtzulassungsbeschwerde nur, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Die Revision darf danach nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Divergenz, § 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Von diesen Zulassungsgründen kann nach Aktenlage unter Berücksichtigung des Vortrags des Klägers keiner mit Erfolg im Beschwerdeverfahren geltend gemacht werden.
Fragen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) sind nicht zu erkennen. Soweit sich der Kläger gegen den Bescheid vom 30.4.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1.7.2019 wendet, mit dem der Beklagte ab 1.5.2019 die Bewilligung von Alg II wegen den Freibetrag übersteigenden Vermögens (Anlage vermögenswirksamer Leistungen in Höhe von 3161,44 Euro in einem Fonds; Eigentum an unbebautem Acker- und Wiesengrundstück, Verkehrswert 6300 Euro) aufgehoben hat, sind keine Rechtsfragen erkennbar, die im vorliegenden Verfahren erstmals oder erneut klärungsbedürftig (geworden) sind. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass Vermögen verwertbar ist, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen und belastet werden können. Ist der Inhaber dagegen in der Verfügung über den Gegenstand beschränkt und kann er die Aufhebung der Beschränkung nicht erreichen, ist von der Unverwertbarkeit des Vermögens auszugehen (vgl dazu nur BSG vom 27.1.2009 - B 14 AS 42/07 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 12 zur Frage der Verwertbarkeit eines nicht selbst genutzten Hausgrundstücks; BSG vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 66/06 R - BSGE 99, 77 = SozR 4-4200 § 12 Nr 5 zur grundsätzlichen Verwertbarkeit einer Lebensversicherung). Maßgebend für die Prognose, ob ein rechtliches oder tatsächliches Verwertungshindernis wegfällt, ist im Regelfall der Zeitraum, für den die Leistungen bewilligt werden (vgl BSG vom 27.1.2009 - B 14 AS 42/07 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 12). Von diesen Grundsätzen ausgehend hat das LSG im Einzelfall die Verwertbarkeit der Vermögensgegenstände bejaht, sodass auch nicht ersichtlich ist, dass das LSG Rechtssätze aufgestellt hat, die eine Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG begründen könnten. Ob das LSG diese Maßstäbe im Einzelfall richtig angewandt hat, ist eine Frage der inhaltlichen Richtigkeit der Entscheidung, die nicht zur Zulassung der Revision führen kann.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass ein Verfahrensmangel erfolgreich geltend gemacht werden könnte, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Es kann zwar eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht darstellen, wenn das LSG zur Klärung der Frage, ob und ggf mit welchem Gegenwert der Kläger die Verwertungsmöglichkeiten der Veräußerung und Beleihung perspektivisch hätte realisieren können, nicht von den Ermittlungsmöglichkeiten Gebrauch gemacht hat, die vernünftigerweise zur Verfügung gestanden hätten (vgl dazu nur BSG vom 30.8.2010 - B 4 AS 70/09 R - juris RdNr 18). Ausgehend von seiner eigenen Rechtsauffassung, einer sofortigen Verwertbarkeit stehe nichts im Wege, musste sich das LSG jedoch zu keinen weiteren Ermittlungen gedrängt sehen (vgl BSG vom 5.4.2017 - B 14 AS 256/16 B), deren Unterlassen ein Rechtsanwalt erfolgreich rügen könnte.
Mit der Ablehnung von PKH entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
Die vom Kläger ohne zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegte Beschwerde ist unzulässig. Sie entspricht nicht den zwingenden gesetzlichen Vorschriften. Der Kläger muss sich vor dem BSG gemäß § 73 Abs 4 SGG durch einen zugelassenen Bevollmächtigten vertreten lassen. Er kann eine Prozesshandlung rechtswirksam nicht vornehmen, folglich auch nicht selbst Beschwerde einlegen. Schon die Beschwerdeschrift muss von einem nach § 73 Abs 4 SGG zugelassenen Prozessbevollmächtigten unterzeichnet sein. Hierauf hat das LSG den Kläger in der Rechtsmittelbelehrung des Beschlusses hingewiesen. Die nicht formgerecht eingelegte Beschwerde ist schon deshalb nach § 160 Abs 4 Satz 1 SGG iVm § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14423983 |