Leitsatz (amtlich)

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann auch gewährt werden, wenn die Revision bereits wegen Fristversäumnis als unzulässig verworfen worden ist.

 

Normenkette

SGG § 67 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03, § 169 Fassung: 1953-09-03

 

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Revisionsantrags zu gewähren, wird abgelehnt.

 

Gründe

Der Kläger, dessen Revision durch Beschluß des Senats vom 25. Oktober 1955 als unzulässig verworfen worden ist, hat mit Schriftsatz vom 30. Dezember 1955, eingegangen beim Bundessozialgericht (BSGer.) am 2. Januar 1956, beantragt, den Beschluß vom 25. Oktober 1955 aufzuheben, hilfsweise ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Die Revision ist als unzulässig verworfen worden, weil die innerhalb der Revisionsfrist beim BSGer. eingegangene Revisionsschrift keinen bestimmten Antrag (§ 164 Abs.2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) enthalten hat, und der Antrag bis zum Ablauf der Revisionsfrist auch nicht nachgeholt worden ist. Die Anfechtung eines nach § 169 SGG ergangenen Beschlusses des BSGer. ist nicht zulässig, jedoch kann ein solcher Beschluß gegenstandslos werden, wenn das Revisionsgericht das Rechtsmittel wegen Versäumung einer Verfahrensfrist als unzulässig verworfen hat und dem Revisionskläger nach Verwerfung der Revision die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird. Die Wiedereinsetzung kann grundsätzlich auch gewährt werden, wenn die Revision bereits wegen Fristversäumnis als unzulässig verworfen worden ist (vgl. RGZ Bd. 125, S.72, Bd. 127 S.287; Rosenberg, Lehrbuch des deutschen Zivilprozesses, 6.Aufl., § 77 II 1 S. 331). Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist jedoch nur dann möglich, wenn jemand ohne Verschulden verhindert gewesen ist, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten (§ 67 Abs.1 SGG).

Abgesehen davon, daß die von dem ... Landessozialgericht (LSGer.) im Urteil vom 7. Oktober 1954 erteilte Rechtsmittelbelehrung bereits den ausdrücklichen Hinweis enthielt, daß die binnen eines Monats beim BSGer. einzulegende Revision das angefochtene Urteil bezeichnen und einen bestimmten Antrag enthalten müsse, ist der Prozeßbevollmächtigte des Klägers durch Schreiben des Senatsvorsitzenden vom 27. Dezember 1954, das der Prozeßbevollmächtigte nach seiner eigenen Angabe am nächsten Tage erhalten hat, darauf hingewiesen worden, daß die Revisionsschrift einen bestimmten Antrag enthalten muß mit dem Anheimgeben, diesen Antrag innerhalb der Revisionsfrist nachzuholen. Wenn er es trotz dieses nochmaligen Hinweises unterließ, bis zum 6. Januar 1955, dem Tage des Ablaufs der Revisionsfrist, einen bestimmten Antrag zu stellen, diesen vielmehr erst mit Schriftsatz vom 27. Januar 1955, eingegangen beim BSGer. am 28. Januar 1955, stellte, so könnte dieses Verhalten nur als unverschuldet angesehen werden, wenn besondere Gründe die rechtzeitige Stellung des Antrag verhindert hätten; solche Gründe sind aber nicht dargetan.

Die Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 1. Februar 1955, durch welche die Frist zur Begründung der Revision bis zum 6. März 1955 einschließlich verlängert worden ist, war für die Frist der rechtzeitigen und formgerechten Einlegung der Revision ohne Bedeutung. Aus der Tatsache, daß der Vorsitzende des Senats die Frist zur Begründung der Revision verlängert hat, ergibt sich nichts für die Frage der Zulässigkeit der Revisionseinlegung. Das folgt schon daraus, daß gerade in der Revisionsbegründung Ausführungen zu der Frage der Zulässigkeit der Revision gemacht werden können. Wenn der nach § 164 Abs. 1 Satz 1 SGG innerhalb der Revisionsfrist zu stellende Antrag (anders im Zivilprozeß: vgl. § 554 Abs. 3 ZPO) trotz des Hinweises in dem Schreiben des Senatsvorsitzenden vom 27. Dezember 1954 erst nach Ablauf der Revisionsfrist gestellt wurde, so liegt ein Grund, der die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen könnte, nicht vor.

Im übrigen ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 67 Abs. 2 Satz 1 SGG). Das Hindernis, das hier in der unrichtigen Auslegung gesetzlicher Vorschriften gelegen haben mag, ist spätestens mit dem Eingang des Schreibens des Senatsvorsitzenden vom 27. Januar 1955 bei dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers, also am 28. Januar 1955, behoben worden, so daß die Wiedereinsetzung spätestens bis zum 28. Februar 1955 hätte beantragt werden müssen. Der Antrag ist aber erst am 2. Januar 1956 gestellt worden.

Dem Antrag des Klägers konnte daher nicht stattgegeben werden.

Im übrigen muß es dem Kläger, sofern sich sein Gesundheitszustand inzwischen verschlimmert hat, anheimgestellt bleiben, bei der Beklagten einen neuen Antrag auf Gewährung der Rente zu stellen.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2304786

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