Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. Januar 2022 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Gründe
Nach § 73a SGG iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet; das ist hier nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG) in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers erfolgreich zu begründen. Da kein Anspruch auf Bewilligung von PKH besteht, ist auch der Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO).
Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Solche Zulassungsgründe sind nach summarischer Prüfung des Streitstoffs auf der Grundlage des Inhalts der Gerichts- und Verwaltungsakten sowie unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers nicht erkennbar.
Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) ist nur anzunehmen, wenn eine Rechtsfrage aufgeworfen wird, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Dies ist hier nicht der Fall. Insbesondere hat das LSG die Berufung des Klägers unter anderem zurückgewiesen, weil die Voraussetzungen des § 67 SGB I für eine nachträgliche Leistungserbringung nicht vorlägen. Dies betrifft die Umstände des Einzelfalles, wirft aber keine grundsätzlichen Rechtsfragen auf. Die für die Anwendung der §§ 60 ff SGB I maßgeblichen Rechtsfragen sind vom BSG bereits entschieden (vgl BSG vom 24.8.2021 - B 8 SO 29/21 B - juris RdNr 6 mwN). Auf die (vom Kläger vorgebrachte) Behauptung, das LSG habe die §§ 60 ff SGB I unzutreffend angewendet, könnte eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden (vgl BSG vom 24.8.2021 - B 8 SO 29/21 B - juris RdNr 8 mwN). Zum anderen hat das LSG einen Anspruch auf Rücknahme der Versagungsbescheide aus § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X verneint, weil die Frist des § 40 Abs 1 Satz 2 SGB II iVm § 44 Abs 4 SGB X nicht gewahrt sei. Auch dies betrifft die Umstände des Einzelfalles, wirft aber keine grundsätzlichen Rechtsfragen auf. Auf eine Verjährung (§ 45 Abs 1 SGB I) etwaiger Ansprüche des Klägers hingegen hat das LSG seine Entscheidung nicht gestützt, sodass die Ausführungen des Klägers zur Hemmung der Verjährung (§ 45 Abs 2 SGB I iVm § 204 BGB) ins Leere gehen.
Es ist auch nicht erkennbar, dass die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht, weshalb eine Divergenzrüge keine Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).
Nach Aktenlage ist schließlich nicht ersichtlich, dass ein Verfahrensmangel geltend gemacht werden könnte, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG). Insbesondere liegt kein Verfahrensmangel darin, dass das LSG in Abwesenheit des Klägers entschieden hat. Dies war zulässig, da der Kläger zur mündlichen Verhandlung rechtzeitig geladen und in der Ladung auf die Möglichkeit der Entscheidung in seiner Abwesenheit hingewiesen worden war (vgl BSG vom 25.6.2021 - B 13 R 163/20 B - juris RdNr 8). Dass die Ladung mit "Terminsmitteilung" und nicht mit "Ladung" überschrieben war, ist entgegen der Auffassung des Klägers unschädlich (vgl BSG vom 25.6.2021 - B 13 R 163/20 B - juris RdNr 8; BSG vom 28.10.2021 - B 1 KR 75/21 B - juris RdNr 12). Aus ihr ergibt sich unzweifelhaft der Ort und der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. Zugleich wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es dem Kläger freisteht, zu der Verhandlung zu erscheinen.
Keinen Erfolg könnte der Kläger auch mit der Rüge haben, er sei vor Erlass der ablehnenden Bescheide nicht angehört worden. Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG kann nur ein Mangel des gerichtlichen Verfahrens sein (BSG vom 12.3.2021 - B 4 AS 378/20 B - juris RdNr 4), nicht aber ein Mangel des Verwaltungsverfahrens. Abgesehen davon ist § 24 Abs 1 SGB X ohnehin nicht einschlägig, wenn - wie hier - eine Leistungsversagung erfolgt. Der Anwendungsbereich des § 24 Abs 1 SGB X ist nur eröffnet, wenn durch den Verwaltungsakt in bestehende Rechtspositionen eingegriffen, nicht aber, wenn lediglich ein Antrag abgelehnt werden soll (BSG vom 29.11.1990 - 7 RAr 6/90 - BSGE 68, 42 [43 ff] = SozR 3-4100 § 139a Nr 1 S 3 ff = juris RdNr 27 ff; BSG vom 29.6.1995 - 11 RAr 87/94 - SozR 3-1300 § 104 Nr 9 S 31 = juris RdNr 26; BSG vom 9.12.2004 - B 6 KA 44/03 R - BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 23 = juris RdNr 36 mwN).
Meßling Söhngen Burkiczak
Fundstellen
Dokument-Index HI15320178 |