Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde. Verfahrensmangel. Gutachter. Sachkunde. Facharztausbildung. Hilfskräfte. Persönlicher Eindruck
Leitsatz (redaktionell)
1. Zur schlüssigen Darlegung der fehlenden Sachkunde des Gutachters genügt es nicht, wenn lediglich auf das Fehlen einer einschlägigen Facharztausbildung verwiesen wird; vielmehr müssen sich aus den Gutachten selbst Zweifel an der Sachkunde oder Unabhängigkeit des Gutachters ergeben, oder es muss sich um besonders schwierige Fachfragen handeln, die ein spezielles, bei den bisherigen Gutachtern nicht vorausgesetztes Fachwissen erfordern.
2. Soweit sich nicht aus der Eigenart des Gutachtenthemas ergibt, dass für bestimmte Untersuchungen die spezielle Sachkunde und Erfahrung des Sachverständigen benötigt wird und/oder es – wie insbesondere bei psychiatrischen Begutachtungen – auf seinen persönlichen Eindruck während der gesamten Untersuchung ankommt, reicht es aus, wenn der Sachverständige die von Hilfskräften erhobenen Daten und Befunde nachvollzieht oder sich auf andere Weise einen persönlichen Eindruck verschafft.
Normenkette
SGG § 118 Abs. 1 S. 1, § 160 Abs. 2, § 160a Abs. 2 S. 3, Abs. 4 S. 1, § 169 Sätze 2-3; ZPO § 404 Abs. 1, § 407a Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 4. Oktober 2021 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger begehrt einen höheren Grad der Behinderung (GdB).
Er beantragte im Februar 2013 bei dem Beklagten die Feststellung eines GdB wegen chronischer Hepatitis B und Leistungsschwäche mit Schweißausbrüchen und Erbrechen.
Der Beklagte stellte wegen der Beeinträchtigungen durch die chronische Hepatitis B einen GdB von 20 fest (Bescheid vom 2.5.2013; Widerspruchsbescheid vom 15.5.2014).
Das SG hat zum GdB des Klägers Beweis erhoben durch Einholung eines internistischen Sachverständigengutachtens des Z unter Mitwirkung des S und eines neurologisch-psychiatrischen Zusatzgutachtens von G. Der internistische Sachverständige hat für die Lebererkrankung des Klägers einen Einzel-GdB von 20 vorgeschlagen. Da keine histopathologischen Befunde vorlägen, müsse man sich für die Beurteilung des GdB an der klinisch entzündlichen Aktivität orientieren. Eine solche lasse sich aber gerade nicht feststellen. Der bei der Untersuchung des Klägers festgestellte unverhältnismäßig hohe Blutdruck bereits bei geringen Belastungen sei als Herz- und Kreislauffunktionsstörung mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten. Zusammen mit der vom neurologischen Zusatzgutachter beschriebenen körperlichen Leistungsminderung mit psychosomatischen Störungen (Einzel-GdB von 20) ergebe sich insgesamt ein GdB von 30.
Das SG ist diesem Vorschlag nicht gefolgt; es hat die Klage abgewiesen, weil keine verminderte Leistungsfähigkeit des Klägers zu objektivieren sei (Urteil vom 2.10.2018).
Im Berufungsverfahren hat das LSG ua ein internistisches Sachverständigengutachten des Facharztes für Innere Medizin und Kardiologie A eingeholt, der insbesondere wegen der Leistungsbeeinträchtigung des Klägers bereits auf leichter körperlicher Belastungsstufe einen GdB von 60 ab Februar 2018 vorgeschlagen hatte.
Das LSG hat den Beklagten unter Abänderung der angefochtenen Bescheide und Klageabweisung im Übrigen verpflichtet, ab dem 22.2.2013 einen Gesamt-GdB von 30 festzusetzen. Die psychosomatische Minderbelastbarkeit des Klägers unklarer Genese als führende Gesundheitsstörung bedinge einen Einzel-GdB von 20. Er sei wegen der Hepatitis B des Klägers, die ebenfalls einen Einzel-GdB von 20 rechtfertige, auf 30 zu erhöhen. Dagegen trage der vom Sachverständigen A erhobene unauffällige Befund nicht den vorgeschlagenen Einzel-GdB von 50 für das Funktionssystem Herz und Kreislauf. Leistungseinbußen ohne objektivierbare Ursache dürften nicht prämiert werden (Urteil vom 4.10.2021).
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde zum BSG eingelegt. Er macht geltend, das LSG habe verfahrensfehlerhaft gehandelt, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache verkannt und sei von der Rechtsprechung des BSG abgewichen.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung verfehlt die gesetzlichen Anforderungen, weil weder der behauptete Verfahrensmangel noch eine grundsätzliche Bedeutung oder eine Divergenz ordnungsgemäß dargetan worden sind (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, es liege ein Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG), so müssen vom Beschwerdeführer bei der Bezeichnung dieses Mangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) zunächst substantiiert die ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen dargetan werden.
Schon daran fehlt es hier. Der Kläger versäumt es, den Sachverhalt und den gesamten Verfahrensgang in einem geordneten Zusammenhang hinreichend verständlich darzustellen. Denn "bezeichnet" iS des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG ist ein Verfahrensmangel nur dann, wenn er in den ihn begründenden Tatsachen substantiiert dargetan wird (stRspr; zB BSG Beschluss vom 27.8.2018 - B 9 SB 1/18 B - juris RdNr 10 mwN). Dafür müssen in der Beschwerdebegründung diese Tatsachen im Zusammenhang mit dem Verfahrensgang strukturiert und geordnet dargestellt werden. Die Beschwerde muss dabei darauf hinweisen, dass diese Darstellung der entspricht, die das LSG seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Dies gilt umso mehr, wenn es sich - wie hier - um ein Verfahren mit mehreren umfangreichen medizinischen Beweisaufnahmen handelt. In einer solchen Konstellation ist vom Beschwerdeführer zu erwarten, dass er die Tatsachenfeststellungen, die aus Sicht der Beschwerde und für das LSG entscheidungserheblich sind, in einer geordneten Abhandlung darlegt (vgl stRspr; zB BSG Beschluss vom 6.8.2019 - B 9 V 14/19 B - juris RdNr 5 f; BSG Beschluss vom 1.8.2017 - B 13 R 214/16 B - juris RdNr 6). Dagegen obliegt es nicht dem BSG, sich im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens die maßgeblichen Tatsachen für die vom Beschwerdeführer gerügten Verfahrensmängel aus dem angegriffenen Urteil selbst herauszusuchen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 8.11.2018 - B 9 V 28/18 B - juris RdNr 5; BSG Beschluss vom 12.6.2017 - B 13 R 144/17 B - juris RdNr 9).
Demgegenüber handelt der Kläger zwar detailliert insbesondere das von ihm angegriffene erstinstanzliche Gutachten des Z ab, stellt aber dabei das maßgebliche Urteil des Berufungsgerichts nicht verständlich im Zusammenhang dar. Vielmehr setzt er sich mit dem Berufungsurteil nur bruchstückhaft auseinander, um seine von ihm für zutreffend gehaltene Beweiswürdigung und Rechtsanwendung darzustellen.
Unabhängig davon hat der Kläger auch die behaupteten Verfahrensmängel nicht im Einzelnen hinreichend bezeichnet.
a) Der Kläger macht geltend, dem Sachverständigen Z habe die erforderliche Sachkunde gefehlt, weil er weder Facharzt für Kardiologie noch für Hepatologie sei und zudem nicht über das erforderliche spezielle "Equipment" zur Feststellung von Störungen des Reizbildungssystems verfüge.
Indes verpflichtet das Verfahrensrecht grundsätzlich nicht dazu, ausschließlich Sachverständigengutachten von Fachärzten einzuholen. Vielmehr ist das den Tatsachengerichten nach § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 404 Abs 1 ZPO eingeräumte Ermessen lediglich dann ausnahmsweise eingeschränkt, wenn es sich um besonders schwierige Fragen handelt oder aber den vorhandenen Gutachten grobe Mängel anhaften (BSG Beschluss vom 7.6.2018 - B 9 SB 74/17 B - juris RdNr 9; BSG Beschluss vom 12.5.2016 - B 9 SB 101/15 B - juris RdNr 8, jeweils mwN). Zur schlüssigen Darlegung der fehlenden Sachkunde des Gutachters genügt es daher nicht, wenn - wie vom Kläger - lediglich auf das Fehlen einer einschlägigen Facharztausbildung verwiesen wird. Vielmehr müssen sich aus den Gutachten selbst Zweifel an der Sachkunde oder Unabhängigkeit des Gutachters ergeben, oder es muss sich um besonders schwierige Fachfragen handeln, die ein spezielles, bei den bisherigen Gutachtern nicht vorausgesetztes Fachwissen erfordern (BSG Beschluss vom 20.5.2020 - B 13 R 49/19 B - juris RdNr 12 mwN).
Dazu trägt die Beschwerdebegründung nicht hinreichend vor. Insbesondere genügt insoweit nicht die bloße Behauptung, der Sachverständige Z habe die Beschwerdesymptomatik falsch bewertet und insbesondere weder über die erforderliche fachliche Qualifikation noch über "das notwendige Equipment" für die Begutachtung verfügt. Der Kläger hat weder substantiiert dargelegt, warum die Qualifikation des Sachverständigen als Internist entgegen der Einschätzung der Vorinstanzen unzureichend gewesen sein sollte, noch zeigt er auf, welche fachlich unverzichtbare Untersuchungsmethode der Sachverständige - anders als der vom Kläger fachlich akzeptierte zweitinstanzlich gehörte Sachverständige A - ausgelassen habe. Ebenso wenig hat er seine Behauptung stichhaltig begründet, diagnostisch sei eine Abklärung "nur auf Universitätsklinikniveau" möglich gewesen. Dass sich die vom Kläger in diesem Zusammenhang zitierte Äußerung des Sachverständigen G zur Ursache für die verminderte körperliche Belastbarkeit des Klägers auf sein Herzleiden bezogen habe, zeigt er nicht auf. Ohnehin hätte es insoweit der Darlegung bedurft, warum es angesichts der rein finalen Betrachtungsweise des Schwerbehindertenrechts auf die genaue Ursache der von den Sachverständigen festgestellten Gesundheitsstörungen des Klägers ankommen sollte (vgl BSG Beschluss vom 1.7.2020 - B 9 SB 5/20 B - juris RdNr 8 mwN).
Soweit der Kläger es darüber hinaus für einen Verfahrensmangel hält, dass eine histologische Untersuchung seiner Leber unterblieben sei, fehlt eine ausreichende Auseinandersetzung mit der Feststellung des LSG, er habe eine solche Untersuchung verweigert. Zudem hätte die Beschwerde darauf eingehen müssen, dass Leberbiopsien allein zu gutachterlichen Zwecken wegen der Schwere des damit verbundenen Eingriffs ärztlich häufig nicht gerechtfertigt sind und jedenfalls nicht erzwungen werden können (vgl Wendler, Versorgungsmedizinische Grundsätze, Kommentar, 10. Aufl 2020, S 275 Nr 5 und Nr 6 unter Hinweis auf die Beschlüsse des Ärztlichen Sachverständigenbeirats "Versorgungsmedizin" vom 18. und 19.3.1998, S 9 f). Angesichts dessen hätte es schließlich auch einer näheren Begründung für die Rechtsansicht des Klägers bedurft, die VMG schrieben zur Bewertung der Folgen einer Hepatitis stets zwingend eine Leberbiopsie vor.
b) Der Kläger rügt darüber hinaus die unzulässige Delegation der Sachverständigentätigkeit auf eine ärztliche Hilfskraft, weil der Sachverständige Z die vollständige Untersuchung auf den Arzt S übertragen habe. Damit hat er aber ebenfalls keinen Verfahrensmangel ordnungsgemäß bezeichnet.
Nach § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 407a Abs 3 Satz 1 ZPO ist ein Sachverständiger nicht befugt, den Auftrag auf einen anderen zu übertragen. Die letztgenannte Vorschrift erlaubt ihm allerdings in Abs 3 Satz 2, sich zur Erledigung des Gutachtenauftrags anderer Personen - auch anderer Ärzte - zu bedienen. Seine gleichwohl uneingeschränkte persönliche Verantwortung für das Gutachten erklärt der beauftragte Sachverständige durch seine Unterschrift mit dem sinngemäßen Zusatz, er habe die Arbeit seines qualifizierten Mitarbeiters selbst nachvollzogen und sich zu eigen gemacht, er sei mithin aufgrund eigener Überzeugung und Urteilsbildung einverstanden (BSG Beschluss vom 8.6.2021 - B 13 R 294/20 B - juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 30.1.2006 - B 2 U 358/05 B - juris RdNr 4; BSG Beschluss vom 15.7.2004 - B 9 V 24/03 B - SozR 4-1750 § 407a Nr 2 RdNr 6). Unverwertbar wird ein Gutachten deshalb erst dann, wenn die Grenze der erlaubten Mitarbeit überschritten ist, weil aus Art und Umfang der Mitarbeit von Hilfskräften gefolgert werden kann, der beauftragte Sachverständige habe seine Zentralaufgaben delegiert, obwohl diese das Gutachten prägen und deshalb in ihrem unverzichtbaren Kern von ihm selbst zu erfüllen sind. Dabei gehören weder die Durchführung der Untersuchung noch die schriftliche Abfassung des Gutachtens in jedem Fall zu diesen unverzichtbaren und persönlich wahrzunehmenden Kernaufgaben des Sachverständigen. Soweit sich vielmehr nicht aus der Eigenart des Gutachtenthemas ergibt, dass für bestimmte Untersuchungen die spezielle Sachkunde und Erfahrung des Sachverständigen benötigt wird und/oder es - wie insbesondere bei psychiatrischen Begutachtungen - auf seinen persönlichen Eindruck während der gesamten Untersuchung ankommt, reicht es aus, wenn der Sachverständige die von Hilfskräften erhobenen Daten und Befunde nachvollzieht oder sich auf andere Weise einen persönlichen Eindruck verschafft (BSG Beschluss vom 8.6.2021 aaO; BSG Beschluss vom 1.10.2014 - B 9 SB 53/14 B - juris RdNr 6, jeweils mwN). Das gilt insbesondere - wie hier - bei der Beurteilung organmedizinischer Krankheitsbilder (BSG Beschluss vom 17.11.2006 - B 2 U 58/05 B - SozR 4-1750 § 407a Nr 3 RdNr 4 mwN).
Der Kläger hätte deshalb darlegen müssen, warum der Sachverständige Z ihn zwingend persönlich hätte untersuchen müssen, um seinen Gesundheitszustand fachkundig beurteilen zu können. Dazu führt die Beschwerdebegründung jedoch nichts aus. Soweit der Kläger darüber hinaus geltend macht, der von Z mit der Untersuchung beauftragte S habe den "Test nach Valsalva" nicht nach medizinischen Regeln ausgeführt, fehlt es ebenfalls an einer substantiierten Darlegung dieses vermeintlichen Begutachtungsmangels.
c) Soweit der Kläger im Übrigen in seiner umfangreichen Beschwerdeschrift das Urteil des LSG im Einzelnen kritisiert, wendet er sich entweder gegen dessen Rechtsanwendung oder seine Beweiswürdigung im Einzelfall. Beides kann indes der Nichtzulassungsbeschwerde nicht zum Erfolg verhelfen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 1.7.2020 - B 9 SB 5/20 B - juris RdNr 10; BSG Beschluss vom 24.8.2017 - B 9 SB 24/17 B - juris RdNr 16).
Dies gilt sowohl für den Vorwurf, das LSG habe die Beschwerdesymptomatik des Klägers unzureichend untersucht, falsch gedeutet und bewertet, zu Unrecht eine organische Herzerkrankung verneint und stattdessen fälschlicherweise einen Zusammenhang zwischen den beim Kläger auftretenden Muskelzittern und Übelkeit mit einer psychomotorischen Störung angenommen, als auch für die Behauptung, das LSG habe seiner Beweiswürdigung ungesicherte Befunde und falsche Feststellungen zur Sauerstoffaufnahme zugrunde gelegt, sowie die Hepatitis ohne die erforderlichen Messwerte einer Biopsie, sondern aufgrund nicht belastbarer Befunde nach falschen Maßstäben beurteilt und ua deshalb seinen GdB zu niedrig festgesetzt.
2. Auch eine Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG hat der Kläger nicht dargetan (zu den Voraussetzungen einer Divergenzrüge im Einzelnen BSG Beschluss vom 25.10.2018 - B 9 V 27/18 B - juris RdNr 7 f mwN). Da er - wie oben ausgeführt - bereits nicht aufgezeigt hat, dass und warum das LSG in seinem Einzelfall gegen die höchstrichterlichen Grundsätze zur erlaubten Delegation von Aufgaben des Sachverständigen an andere Personen abgewichen ist, fehlt es auch an den erforderlichen Darlegungen, warum das LSG sogar grundsätzlich, wie der Kläger mit dem Vorwurf der Divergenz behauptet, mittels eines über den Fall hinausgehenden, abstrakten Rechtssatzes im Grundsätzlichen von der einschlägigen Rechtsprechung des BSG abgewichen sein sollte
3. Ebenso wenig dargetan hat der Kläger den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung.
Grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 27.8.2020 - B 9 V 5/20 B - juris RdNr 6 mwN).
Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn sie höchstrichterlich weder tragend entschieden noch präjudiziert ist und die Antwort nicht von vornherein praktisch außer Zweifel steht, so gut wie unbestritten ist oder sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Um die Klärungsbedürftigkeit ordnungsgemäß darzulegen, muss sich der Beschwerdeführer daher ua mit der einschlägigen Rechtsprechung des BSG auseinandersetzen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 21.8.2017 - B 9 SB 11/17 B - juris RdNr 8 mwN).
Diese Anforderungen verfehlt die Beschwerdebegründung.
Der Kläger hält es für grundsätzlich bedeutsam,
dass zum Nachweis des Grades der Behinderung nach Teil B Nr 9 VMG eine klärende Aussage für die Bewertung geschaffen wird, wenn der Abbruch der ergometrischen Untersuchung zwischen zwei Belastungsstufen erfolgt.
Er versäumt es jedoch bereits darzulegen, ob sich diese Frage - selbst wenn man ihr die Eigenschaft einer Rechtsfrage iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG unterstellen wollte - nicht bereits mithilfe des Wortlauts der VMG und auf der Grundlage dazu ergangener höchstrichterlicher Rechtsprechung beantworten lässt.
Der Kläger erkennt darüber hinaus eine grundsätzliche Bedeutung in der Frage,
dass andere gleichwertige Untersuchungsverfahren für den Nachweis der entzündlichen Aktivität bzw der enzymatisch aktiven Leberentzündung in ein auf medizinischer Sachkunde (zB Sachverständigenbeirat) beruhendes Regelwerk aufgenommen werden.
Insoweit fehlt es schon an der für eine Grundsatzrüge notwendigen Formulierung einer hinreichend konkreten Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer bestimmten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl § 162 SGG) mit höherrangigem Recht. Im Übrigen mangelt es aber auch an Ausführungen dazu, warum diese Frage im Fall des Klägers im angestrebten Revisionsverfahren überhaupt entscheidungserheblich sein sollte.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
4. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 Satz 2 und 3 SGG).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Kaltenstein Othmer Röhl
Fundstellen
Dokument-Index HI15390401 |