Verfahrensgang
SG Aurich (Entscheidung vom 29.02.2016; Aktenzeichen S 28 KR 156/12) |
LSG Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 17.09.2019; Aktenzeichen L 12 R 73/16) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 17. September 2019 wird als unzulässig verworfen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2511,13 Euro festgesetzt.
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten um die Nachforderung von Beiträgen inklusive Säumniszuschlägen im Rahmen einer Betriebsprüfung zu allen Zweigen der Sozialversicherung wegen der Beschäftigung des Beigeladenen zu 1. bei der Klägerin im Zeitraum vom 1.1. bis 31.7.2008 in Höhe von insgesamt 2511,13 Euro. Das SG Aurich hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 29.2.2016). Das LSG Niedersachsen-Bremen hat die Berufung zurückgewiesen. Die Klägerin habe Gesamtsozialversicherungsbeiträge zahlen müssen. Für das Recht der Arbeitsförderung sei sie wegen der Beschäftigung eines älteren Arbeitslosen nicht nach § 421k Abs 1 SGB III von der Beitragstragung befreit worden. Es fehle bereits an der erforderlichen Beantragung der Befreiung. Außerdem sei der Beigeladene vor seiner Tätigkeit für die Klägerin nicht arbeitslos gewesen. Im Übrigen würde eine Befreiung nur die Arbeitgeberanteile der Beiträge zur Arbeitsförderung umfassen. Die Voraussetzungen für die Erhebung von Säumniszuschlägen lägen vor. Die Klägerin habe ihre unverschuldete Unkenntnis von der Beitragszahlungspflicht nicht glaubhaft gemacht. Die Berufung auf einen Zeitungsartikel genüge nicht. Aufgrund ihrer Kenntnis von der grundsätzlich bestehenden Beitragspflicht habe es der Klägerin oblegen, sich weiter zu informieren; da dies unterblieben sei, habe sie billigend in Kauf genommen, fehlerhaft keine Beiträge abzuführen (Urteil vom 17.9.2019). Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG). Die Klägerin hat entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) nicht hinreichend bezeichnet.
1. Der Zulassungsgrund der Divergenz setzt voraus, dass das angefochtene Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine solche Abweichung ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage zum Bundesrecht die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht. Insoweit genügt es nicht darauf hinzuweisen, dass das LSG seiner Entscheidung nicht die höchstrichterliche Rechtsprechung zugrunde gelegt hätte. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Divergenz. Sie liegt daher nicht schon dann vor, wenn das angefochtene Urteil nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG, der GmSOGB oder das BVerfG entwickelt hat, sondern erst dann, wenn das LSG diesen Kriterien auch widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe bei seiner Entscheidung herangezogen hat (vgl BSG Beschlüsse vom 12.5.2005 - B 3 P 13/04 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 6 RdNr 5 und vom 16.7.2004 - B 2 U 41/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 4 RdNr 6, jeweils mwN).
Eine solche Abweichung hat die Klägerin nicht hinreichend dargetan. Sie behauptet eine Divergenz zu der Entscheidung des BSG vom 12.12.2018 (B 12 R 15/18 R - BSGE 127, 125 = SozR 4-2400 § 24 Nr 8), wonach Säumniszuschläge nur dann erhoben werden könnten, wenn dem Arbeitgeber wenigstens bedingter Vorsatz vorzuwerfen sei.
Die Klägerin zeigt jedoch nicht auf, mit welchem eigenen Rechtssatz das LSG von der Entscheidung des BSG abgewichen sein soll. Vielmehr setzt sie der Begründung des Berufungsgerichts ihre eigene Rechtsauffassung entgegen, indem sie darbringt, dass allenfalls von leichter Fahrlässigkeit ausgegangen werden könne. Sie hält insbesondere die Schlussfolgerungen des LSG auf Seite 10 des in Bezug genommenen Urteils für falsch, dass die Klägerin aufgrund nicht weiter verifizierter Informationen billigend in Kauf genommen habe, eine Beitragszahlung fehlerhaft zu unterlassen. Nach Ansicht der Klägerin könne das vorgeworfene Versäumnis allein den Vorwurf eines fahrlässigen Verhaltens begründen; es sei außerdem nicht ansatzweise haltbar, anerkannten Tageszeitungen die Verbreitung von falschen Informationen zu unterstellen. Von der Klägerin könne auch nicht ernsthaft erwartet werden, dass sie die Gesetzesbegründung kenne, wonach entgegen den Presseveröffentlichungen allein Arbeitgeberbeiträge zur Arbeitsförderung von § 421k SGB III umfasst seien. Damit kritisiert die Klägerin aber letztlich nur die rechtliche Bewertung im Einzelfall. Ein Widerspruch im Grundsätzlichen zu dem genannten Rechtssatz des BSG - wie ihn die Divergenzrüge voraussetzt - ist damit nicht dargelegt. Denn mit der Annahme, die Klägerin habe im Ergebnis die unterlassene Beitragszahlung billigend in Kauf genommen, hat das LSG das Erfordernis eines bedingten Vorsatzes nicht in Frage gestellt. Ob das LSG im Einzelfall richtig entschieden hat, muss hier dahinstehen. Die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung ist nicht zulässiger Gegenstand einer Nichtzulassungsbeschwerde (stRspr; vgl bereits BSG Beschluss vom 26.6.1975 - 12 BJ 12/75 - SozR 1500 § 160a Nr 7 S 10; BSG Beschluss vom 13.11.2019 - B 13 R 125/18 B - juris RdNr 13).
2. Eine ausdrückliche Verfahrensrüge (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) hat die Klägerin nicht erhoben. Sie ergibt sich auch nicht aus dem Vorwurf der Klägerin, dass die Beklagte Anknüpfungspunkte für ein vorsätzliches Verhalten nicht vorgetragen und sich das LSG daher nicht an den von den Parteien beizubringenden Streitstoff gehalten habe. Denn nach § 103 Satz 2 SGG ist das Gericht an das Vorbringen der Beteiligten von vorneherein nicht gebunden. Die formgerechte Rüge einer Verletzung der Amtsaufklärungspflicht (§ 103 Satz 1 SGG) würde im Übrigen die - hier nicht erfolgte - Benennung eines übergangenen Beweisantrags der Klägerin voraussetzen.
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO.
5. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG und entspricht der von den Beteiligten nicht beanstandeten Festsetzung durch das LSG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13890780 |