Verfahrensgang

Hessisches LSG (Urteil vom 09.07.1997; Aktenzeichen L 3 U 428/94)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 9. Juli 1997 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die gegen die Nichtzulassung der Revision im angefochtenen Urteil des Landessozialgerichts (LSG) gerichtete Beschwerde, mit der der Beschwerdeführer Verfahrensmängel rügt, ist unzulässig. Die dazu gegebene Begründung entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) festgelegten Form. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) erfordern diese Vorschriften, daß zumindest ein Zulassungsgrund schlüssig dargetan wird (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 34, 47 und 58; vgl hierzu auch Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 2. Auflage, 1997, IX, RdNrn 177 und 179 mwN). Diesen Anforderungen an die Begründung der Beschwerde hat der Beschwerdeführer nicht hinreichend Rechnung getragen.

Die Rüge des Beschwerdeführers, das LSG habe das rechtliche Gehör (§ 62 SGG, Artikel 103 Abs 1 des Grundgesetzes) bzw den Grundsatz auf ein faires Verfahren verletzt, kann unter Berücksichtigung der Aktenlage des Berufungsverfahrens nicht zur Zulassung der Revision führen. Das LSG hat den Prozeßbevollmächtigten des Klägers Rechtsanwalt Sch. mit Verfügung vom 13. Juni 1997 – bei ihm eingegangen am 17. Juni 1997 – zum Termin am 9. Juli 1997 um 11.30 Uhr geladen. Mit Schriftsatz vom 3. Juli 1997 teilte Rechtsanwalt S.… dem LSG mit, er sei am 11. Juni 1997 vom Vater des Klägers gebeten worden, “die weitere Vertretung vor dem Hessischen Landessozialgericht zu übernehmen”. Er bat, mit Rücksicht auf einen beabsichtigten Antrag nach § 109 SGG von dem Verhandlungstermin am 9. Juli 1997 abzusehen und neu zu terminieren. Sollte der Senat, so heißt es weiter, diesem Antrag nicht entsprechen, wäre er “selbstverständlich auch bereit, am 9. Juli 1997 um 11.30 Uhr vor Gericht zu erscheinen”. Eine Vollmacht des Klägers war diesem Schriftsatz nicht beigefügt und ist auch aus den Akten nicht ersichtlich. Im Verhandlungstermin am 9. Juli 1997 erschien der Vater des Klägers. Nachdem das Gericht festgestellt hatte, daß Rechtsanwalt Sch… ordnungsgemäß geladen und nicht erschienen war, verhandelten die Beteiligten streitig zur Sache.

Bei dieser Sachlage brauchte das LSG dem Absetzungsgesuch von Rechtsanwalt S.… vom 3. Juli 1997 nicht Folge zu leisten. Dies gilt um so mehr, als Rechtsanwalt Sch.…, dessen Prozeßvollmacht nicht widerrufen wurde, ordnungsgemäß zum Termin geladen war, eine Prozeßvollmacht von Rechtsanwalt S.… bis zur Entscheidung des LSG nicht vorlag und vom Vater des Klägers in dem Verhandlungstermin keine diesbezügliche Erklärung zur Niederschrift abgegeben wurde, weder ein Hinweis, daß möglicherweise die Prozeßvollmacht für Rechtsanwalt Sch.… widerrufen sei oder daß Rechtsanwalt S.… nunmehr der Prozeßbevollmächtigte sei; ebensowenig hat er einen Vertagungsantrag gestellt.

Davon abgesehen hat der Kläger im Verhandlungstermin nach den Feststellungen des LSG im angefochtenen Urteil den Antrag nach § 109 SGG auf Anhörung von Dr. B.… als Sachverständigen gestellt, den das LSG mit einer eingehenden Begründung (Seite 15 des Urteils) abgelehnt hat. Soweit der Kläger hierauf seine Nichtzulassungsbeschwerde stützen will, übersieht er, daß nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung des § 109 SGG gestützt werden kann. Dieser Ausschluß gilt nach der eindeutigen Fassung des Gesetzes uneingeschränkt (BSG SozR 1500 § 160 Nr 34; BSG Beschluß vom 26. September 1996 – 2 BU 169/96 –). Dazu hat außerdem das Bundesverfassungsgericht entschieden, es sei von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, daß von einer Revisionszulassung grundsätzlich alle Entscheidungen des Berufungsgerichts ausgeschlossen sind, die eine fehlerhafte Anwendung des § 109 SGG aufweisen, unabhängig davon, worauf dieser Verfahrensmangel im einzelnen beruht (BVerfG SozR 1500 § 160 Nr 69).

Soweit sich der Beschwerdeführer auf einen Beweisantrag im Schriftsatz vom 3. Juli 1997 beruft, hat er keinen Zulassungsgrund iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG schlüssig dargelegt. Es handelt sich um einen Antrag nach § 109 SGG auf Anhörung des Neurologen Dr. B. als Sachverständigen. Wie bereits dargelegt, kann auf eine Verletzung dieser Vorschrift der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht gestützt werden.

Die weiteren Ausführungen des Beschwerdeführers in diesem Zusammenhang betreffen die Beweiswürdigung durch das LSG. Solche hiergegen gerichteten Rügen können jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen, weil § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG es ausdrücklich ausschließt, die Nichtzulassungsbeschwerde auf Fehler der Beweiswürdigung iS des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG zu stützen.

Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht rügt, “weil das Gericht einer medizinischen Mindermeinung ohne Überprüfung der wissenschaftlichen Standpunkte gefolgt” sei und es unterlassen habe, ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen, fehlt es für eine schlüssige Begründung des behaupteten Verfahrensmangels an der Bezeichnung eines insoweit berücksichtigungsfähigen und vom LSG übergangenen Beweisantrags aus dem Berufungsverfahren (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 5 sowie ua Beschluß des Senats vom 22. September 1997 – 2 BU 203/97 –). Die in diesem Zusammenhang erhobenen Rügen betreffen im Kern wiederum die Beweiswürdigung durch das LSG, mit denen eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht schlüssig begründet werden kann. Dieser Hinweis soll im übrigen keinesfalls Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beweiswürdigung durch das LSG andeuten.

Die Beschwerde war daher als unzulässig zu verwerfen (§ 169 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI780398

Dieser Inhalt ist unter anderem im SGB Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?