Verfahrensgang
LSG Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 29.08.2017; Aktenzeichen L 16 KR 271/16) |
SG Braunschweig (Entscheidung vom 26.02.2016; Aktenzeichen S 6 KR 222/12) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 29. August 2017 wird zurückgewiesen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der in Kanada geborene, vom 1.9.2010 bis 27.3.2011 als Eishockeytrainer und -profispieler beschäftigt gewesene, bei der Beklagten krankenversicherte Kläger war seit Dezember 2010 infolge der bei einem Eishockeyspiel erlittenen Rückenverletzung arbeitsunfähig krank und bezog nach ärztlich festgestellter Arbeitsunfähigkeit (AU) seit 25.1.2011 Krankengeld (Krg). Er ist mit seinem Begehren, Krg über den 23.5.2011 hinaus gewährt zu erhalten, in zweiter Instanz ohne Erfolg geblieben; dieses Leistungsende ergab sich aufgrund eines von der Beklagten im Berufungsverfahren abgegebenen, angenommenen Teilanerkenntnis, nachdem die Beklagte und das SG das Ende der Krg-Gewährung mit dem 6.4.2011 angesetzt hatten (zuletzt Urteil des LSG vom 29.8.2017).
Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil und beruft sich in seiner 50-seitigen Beschwerdebegründung vom 10.12.2017 auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie Verfahrensmängel des LSG.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist - soweit sie nicht bereits unzulässig ist - als unbegründet zurückzuweisen.
Der Kläger hat in seiner Beschwerdebegründung trotz seines umfänglichen Vorbringens das Vorliegen von Gründen für die Zulassung der Revision teilweise nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend dargelegt (§ 160a Abs 2 S 3 SGG). Soweit den Darlegungserfordernissen genügt wird, ist die Beschwerde unbegründet.
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, soweit der Kläger sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) beruft. Das Vorliegen der Voraussetzungen dafür hat er nicht seinen insoweit bestehenden Darlegungserfordernissen entsprechend formgerecht geltend gemacht (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt (vgl zB BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).
Der Kläger hält folgende Fragen für grundsätzlich bedeutsam:
1. "Verstößt es gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, wenn sich die Krankenkasse auf die Verletzung von Obliegenheitspflichten des Versicherten beruft, obwohl sie sich diesem gegenüber eindeutig und wiederholt auf den Standpunkt gestellt hat, dass der Versicherte arbeitsfähig ist, die eingeholte medizinische Stellungnahme des MDK nach § 62 BMTV-Ärzte gegenüber dem Versicherten verbindlich geworden ist und deshalb hiergegen nicht weiter vorgegangen werden kann sowie die Aufforderung erfolgt, sich wegen weiterer Leistungen an die Bundesagentur für Arbeit zu wenden?
2. Ist bei einer solchen Fallkonstellation (in Anlehnung an die geänderte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts [3. Senat] in dem Urteil vom 11.05.2017 - B 3 KR 22/15 R) ausnahmsweise der nachträgliche Nachweis über die Feststellung einer durchgehend bestehenden Arbeitsunfähigkeit durch Vorlage ärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des behandelnden Arztes oder eines ärztlichen Attests möglich mit der Folge, dass sich die Krankenkasse aufgrund ihres eigenen Verschuldens sowie wegen unzureichender bzw. unterlassener Beratung des Versicherten nicht von ihrer Leistungspflicht gegenüber dem Versicherten befreien kann?"
Einer verfahrenskonformen Geltendmachung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache durch die aufgezeigten Fragen steht entgegen, dass es sich nicht um über den Einzelfall des Klägers hinausgehende abstrakte Rechtsfragen handelt. Die Fragen enthalten vielmehr in vielerlei Hinsicht einzelfallbezogene Prämissen, die zudem nicht erkennbar auf Feststellungen des LSG beruhen und von mehreren Sachverhaltselementen ausgehen. Die Fragen sind daher eher bezogen auf die erwünschte Klärung darüber, wie ein bestimmter Sachverhalt auf bereits anerkannte Rechtsgrundsätze zu würdigen ist und stellen damit bloße Subsumtionsfragen dar. So berücksichtigt der Kläger bei Frage 1. nicht, dass die Rechtsgrundsätze über die Geltung von Treu und Glauben im Sozialrecht bereits seit langem höchstrichterlich geklärt sind (vgl etwa bereits BSGE 65, 272, 277 = SozR 4100 § 78 Nr 8 S 36 mwN). Die Rüge der Unrichtigkeit des Berufungsurteils in Bezug auf die Anwendung abstrakter Rechtssätze auf einen bestimmten Sachverhalt (= bloße Subsumtionsrüge) führt nicht zur Bejahung der grundsätzlichen Bedeutung, weil es nicht um die Klärung abstrakter Rechtsfragen geht. Das wird auch bei der Formulierung von Frage 2. deutlich, wo schon zum Ausgangspunkt nur von einer ganz spezifischen "solchen Fallkonstellation" gesprochen und auch in der Begründung (s Seiten 26, 27 und 28) auf die vorliegende besondere Fallkonstellation bzw die besonderen Umstände des Einzelfalls abgestellt wird.
Zu Frage 2. bestehen darüber hinaus Bedenken gegen die Entscheidungserheblichkeit, weil nur die Frage formuliert wird, ob "ausnahmsweise" (der nachträgliche AU-Nachweis in bestimmter Form) "möglich" ist, und ob sich die Krankenkasse bei Vorliegen bestimmter Umstände von ihrer Leistungspflicht gegenüber dem Versicherten "befreien kann". Die bereits vorliegende Rechtsprechung, durch welche Unterlagen der AU-Nachweis erbracht werden kann, wird zudem nicht beleuchtet (dazu bereits BSGE 111, 18 = SozR 4-2500 § 46 Nr 4, RdNr 13). Unbeschadet dessen wird nicht darauf eingegangen, ob die Klärungsbedürftigkeit der Frage nicht etwa daran scheitern muss, dass sich deren Beantwortung bereits hinreichend klar aus der schon vorliegenden Rechtsprechung des BSG, insbesondere dem Urteil des Senats vom 11.5.2017 - B 3 KR 22/15 R - (SozR 4-2500 § 46 Nr 8, auch für BSGE vorgesehen) ergibt: Der Senat hat darin (erneut) den Ausnahmecharakter der Krg-Unschädlichkeit einer nicht rechtzeitigen ärztlichen AU-Feststellung für eine bestimmte Sachverhaltsgestaltung betont und dies davon abhängig gemacht, dass ein rechtzeitiger persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt mit dem Ziel der AU-Feststellung erfolgte und der Versicherte insoweit alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare tat, die AU-Feststellung aber wegen der nichtmedizinisch begründeten Fehlvorstellung des Vertragsarztes unterblieb. Dass ausgehend von den Feststellungen des LSG im Falle des Klägers gleiche rechtliche Erwägungen Platz zu greifen hätten, legt die Beschwerdebegründung nicht hinreichend dar, sondern gibt hauptsächlich wörtlich das in Bezug genommene BSG-Urteil wieder.
2. Die Voraussetzungen für die Revisionszulassung wegen des Vorliegens von Verfahrensmängeln werden in der Beschwerdebegründung teilweise ebenfalls nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend dargelegt; teilweise ist trotz Einhaltung der Darlegungsvoraussetzungen das Vorliegen von Verfahrensmängeln zu verneinen, weswegen die Beschwerde insoweit - zum Beweisantrags-Komplex a) - jedenfalls unbegründet ist.
Der Kläger verkennt bei seinem Vorbringen allgemein, dass in dem von ihm angestrebten Revisionsverfahren nicht die umfängliche Darstellung seiner eigenen im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Sicht der entscheidungserheblichen tatsächlichen Umstände maßgebend wäre. Das Beschwerdegericht ist - ebenso wie das Revisionsgericht im angestrebten Revisionsverfahren nach § 163 SGG - vielmehr grundsätzlich an die vom LSG getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, in Bezug auf diese vom LSG zugrunde gelegten Tatsachen werden insoweit erfolgreich Verfahrensrügen vorgebracht, auf die sich der Betroffene im Stadium des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens mit Blick auf § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG allerdings nur eingeschränkt berufen darf.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen für die Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG ist die Rüge bestimmter Verfahrensmängel allerdings ausgeschlossen (Rüge der Verletzung von § 109 und § 128 Abs 1 S 1 SGG) bzw bezogen auf eine Verletzung des § 103 SGG dahin eingeschränkt, dass sich der Verfahrensmangel auf einen Beweisantrag beziehen muss, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Die vom Kläger erhobenen Sachaufklärungsrügen greifen nicht durch.
Der Kläger beruft sich auf drei Komplexe von Verfahrensmängeln:
a) das LSG habe seine hilfsweise in der mündlichen Verhandlung beim LSG gestellten Beweisanträge ohne zureichende Begründung übergangen, nämlich (sinngemäß)
1. dass er über den 6.4.2011 hinaus durchgehend bis 30.9.2012 arbeitsunfähig gewesen sei (durch Vernehmung des behandelnden Arztes Dr. I. O. ...),
2. dass die Mitarbeiterin der Beklagten, Frau W. K., ihn nach Erhalt des Schreibens vom 5.4.2011 falsch beraten habe, indem sie ihn an die Agentur für Arbeit verwies, da die Beklagte nicht mehr für ihn zuständig sei,
3. dass die genannte Mitarbeiterin ihm im Rahmen eines zweiten Beratungsgesprächs nach Erhalt des Schreibens vom 5.4.2011 mitgeteilt habe, dass ein Anspruch auf weitere Zahlung von Krg nicht bestehe, da er gegen die Entscheidung der Beklagten über die bestehende AU nicht fristgerecht vorgegangen sei,
4. dass die genannte Mitarbeiterin ihm auf seine Nachfrage, ob dies nun noch möglich sei die Auskunft erteilt habe, dass er gegen die Entscheidung nicht mehr vorgehen könne,
5. dass die genannte Mitarbeiterin ihn nicht darüber belehrt habe, dass er gegen die Entscheidung vom 5.4.2011 Widerspruch einlegen könne,
(zu 2. bis 5. durch Vernehmung der Zeugin Frau W. K. ...),
6. dass die Beklagte bzw der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) Niedersachsen die medizinische Stellungnahme vom 5.4.2011 dem behandelnden Arzt Dr. O. nicht zugänglich gemacht habe (durch Vernehmung des genannten Arztes und Vorlage seines Bestätigungsschreibens vom 11.10.2012);
b) das LSG habe die "Grundsätze der freien richterlichen Beweiswürdigung" verletzt, weil es die Aussage der Zeugin K. nicht umfassend und unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens fehlerfrei gewürdigt habe;
c) das LSG habe gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 355 ZPO iVm § 202 S 1 SGG) verstoßen, weil es - im Anschluss an Rechtsprechung des BGH - verpflichtet gewesen sei, die Beweisaufnahme im Berufungsverfahren durch Anhörung des Klägers bzw Vernehmung der Zeugin K. zu wiederholen.
Insgesamt - so der Kläger - könne nicht ausgeschlossen werden, dass das LSG zu einem anderen Beweisergebnis gelangt wäre, hätte es die fehlende Beweiskraft des SG-Urteils erkannt, die Beweisaufnahme wiederholt und sich einen persönlichen Eindruck von der Glaubwürdigkeit der Zeugin verschafft. Hierbei wäre auch der rechtliche Gesichtspunkt zu klären gewesen, welche Qualität dem Inhalt eines Schreibens der Beklagten vom 5.4.2011 zugekommen sei; dies habe das LSG zu Unrecht offengelassen.
zu a):
Die vom Kläger behauptete Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) ist zu verneinen.
Soweit ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht gerügt wird, muss die Beschwerdebegründung mit Blick auf § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 iVm § 103 und § 160a Abs 3 S 2 SGG hierzu jeweils folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, auf Grund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3) Darlegung der von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (5) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (vgl zum Ganzen zB BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 4, 5 mwN).
Auch wenn man annimmt, dass die Beschwerdebegründung diesen Erfordernissen in formaler Hinsicht auf der Darlegungsebene gerecht wird, so liegen die vom Kläger insoweit gerügten Verfahrensfehler jedenfalls nicht vor. Er übersieht insoweit im Grunde, dass sich das rügefähige Bestehen weiterer Ermittlungspflichten des Berufungsgerichts nach dem Maßstab des vom LSG selbst materiell-rechtlich eingenommenen Rechtsstandpunkts richtet. Danach musste es sich nicht gedrängt sehen, den hilfsweise gestellten Beweisanträgen des Klägers weiter nachzugehen. Mit dem Vorbringen, das Berufungsurteil sei unter bestimmten Gesichtspunkten inhaltlich materiell-rechtlich fehlerhaft und das LSG habe in der Sache im Ergebnis unrichtig entschieden, kann der Kläger angesichts der abschließend in § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG aufgeführten Zulassungsgründe mit der begehrten Revisionszulassung nicht durchdringen (vgl allgemein zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 7, stRspr).
Vor diesem Hintergrund ergibt sich, dass sich der Kläger mit der Argumentation des LSG - unabhängig davon, ob sie materiell-rechtlich zutrifft oder fehlerhaft ist - auf den Seiten 14 bis 16 der Entscheidungsgründe zur Ablehnung der im Berufungsverfahren hilfsweise gestellten Beweisanträge nicht in der gebotenen Weise auseinandersetzt und dass angenommen werden muss, dass die Ablehnung der begehrten Beweiserhebungen durch das Berufungsgericht ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt mit im dargestellten Sinne "zureichenden" Gründen erfolgt ist: Das LSG hat dort - aufbauend auf die im Beschluss des BSG vom 30.3.2017 - B 2 U 181/16 B - (Juris RdNr 7 mwN) dargestellten Rechtsgrundsätze - ausgeführt, dass es aus seiner eigenen materiell-rechtlichen Sicht auf vom Kläger weiter für beweisbedürftig gehaltene, ungeklärte Tatsachen nicht ankomme; diese Tatsachen könnten zu Gunsten des Klägers als wahr unterstellt werden, weil die behaupteten Tatsachen oder ihr Fehlen bereits erwiesen, bzw weil die Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig sei:
· eine AU des Klägers im genannten Zeitraum könne zu dessen Gunsten unterstellt werden, weil auf den zeitgerechten lückenlosen AU-Nachweis durch ärztliche Bescheinigungen gegenüber der beklagten Krankenkasse abzustellen sei (Beweisantrag 1.);
· eine Beweiserhebung zu Antrag 2. sei entbehrlich gewesen, weil zugunsten des Klägers unterstellt werden könne, dass ihn die Zeugin an die Agentur für Arbeit verwiesen habe und die Beratung vor dem Hintergrund der MDK-Stellungnahme vom 5.4.2011 auch folgerichtig gewesen sei;
· auf die Beweisanträge 3. bis 5. sei es nach der rechtlichen Sicht des Senats nicht angekommen, da die neuerliche Vernehmung der Zeugin unerheblich für die zu treffende Entscheidung gewesen sei; der Kläger habe sich durch die von ihm behauptete Beratung nicht davon abhalten lassen, rechtzeitig im Juni 2011 einen Rechtsbeistand zu bevollmächtigen, welcher allerdings - trotz laufenden Widerspruchsverfahrens - bis Dezember 2011 keine Veranlassung gesehen habe, AU-Bescheinigungen für die (jetzt noch streitige) Zeit ab 12.4.2011 vorzulegen;
· dem Beweisantrag 6. habe nicht entsprochen werden müssen, weil dem betroffenen Arzt - wie der Senat durch die Verwaltungsakte der Beklagten als nachgewiesen ansehe - eine Durchschrift der Stellungnahme des MDK übersandt worden und der Kläger im Bescheid vom 5.4.2011 auf die Möglichkeit der Stellungnahme seines Behandlers hingewiesen worden sei; dass der Arzt angegeben habe, die MDK-Äußerung nicht erhalten zu haben, sei bereits bekannt gewesen, eine Verkürzung der Rechte des Klägers folge aus alledem nicht;
· eine Beweisaufnahme sei auch nicht unter dem Blickwinkel eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs erforderlich gewesen, weil ein Beratungsfehler der Beklagten nicht habe nachgewiesen werden können und nicht plausibel sei, wie ihn ein solcher an der AU-Feststellung für zwei Werktage im Mai 2011 hätte hindern können.
zu b):
Der Kläger übersieht, dass gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG eine Verfahrensrüge im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde auf Verletzung des § 128 Abs 1 S 1 SGG (= Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) nicht gestützt werden kann. Seine diesbezügliche Rüge ist unzulässig.
zu c):
Die dritte vom Kläger geltend gemachte, auf die Verletzung des § 355 ZPO aufbauende Verfahrensrüge, ist unzulässig. Geht es - wie hier - darum, ob ein bereits gerichtlich vernommener Zeuge nochmals gehört werden muss (bzw ob der Kläger noch einmal persönlich angehört werden soll), liegt die Entscheidung darüber grundsätzlich im Ermessen des Berufungsgerichts (§ 153 Abs 1, § 118 Abs 1 SGG iVm § 398 Abs 1 ZPO; vgl bereits näher BSG SozR 1750 § 398 Nr 1; BSG Beschluss vom 29.11.2016 - B 9 V 45/16 B - Juris RdNr 7; in Bezug auf die persönliche Ladung und Anhörung eines Verfahrensbeteiligten vgl zB Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 111 RdNr 2b mwN). Warum dieses Ermessen für das LSG nicht nur aus Klägersicht, sondern auch bei objektiver Betrachtung auf null reduziert gewesen und deshalb die Entscheidung des LSG gegen eine erneute Vernehmung bzw gegen eine persönliche Anhörung verfahrensfehlerhaft gewesen sein sollte, legt die Beschwerdebegründung nicht nachvollziehbar dar (vgl zu den Anforderungen allgemein zB BSG Urteil vom 10.10.2002 - B 2 U 8/02 R - Juris). Insbesondere bezeichnet der Kläger keinen klar erkennbar über den bisherigen hinausgehenden entscheidungserheblichen Vernehmungsgegenstand und legt auch sonst keine der anerkannten Gründe für eine Pflicht zur Wiederholung der Zeugenvernehmung (insbesondere: Fehlerhaftigkeit der vorangegangenen Vernehmung/Anhörung) durch das LSG dar.
Der Kläger genügt seinen Darlegungspflichten auch nicht dadurch, dass er sich in diesem Zusammenhang auf das Urteil des BGH vom 12.7.2013 (V ZR 85/12) beruft. In jenem Fall ging es um die von einem Gericht urkundenbeweislich verwerteten Aussagen von Zeugen aus einem Parallelverfahren, dh einem "anderen" Verfahren nicht aber - wie hier - um eine bereits zuvor innerhalb des Instanzenzugs im selben Rechtsstreit durch das SG erfolgte Zeugenvernehmung, dh eine Zeugenvernehmung in "demselben" Verfahren. Insoweit gelten für den Bereich der Sozialgerichtsbarkeit die oben dargestellten Grundsätze.
3. Von weiteren Ausführungen des Beschlusses, dem nur eine kurze Begründung beigefügt werden soll (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 1 SGG), sieht der Senat nach § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11956897 |