Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Beschluss vom 23.10.2015; Aktenzeichen L 4 R 2167/15) |
SG Karlsruhe (Aktenzeichen S 2 R 2214/14) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Oktober 2015 wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 32 804,53 Euro festgesetzt.
Gründe
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit wendet sich der Kläger gegen seine Heranziehung zur nachträglichen Zahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung für den Zeitraum 2009 bis 2012 als Arbeitgeber des Beigeladenen zu 1.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 23.10.2015 ist gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG in entsprechender Anwendung von § 169 S 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
Der Kläger beruft sich in der Beschwerdebegründung vom 24.12.2015 auf alle drei Zulassungsgründe.
1. Der Kläger bezeichnet in seiner Beschwerdebegründung keinen Verfahrensmangel in einer den Darlegungsanforderungen nach § 160a Abs 2 S 3 SGG entsprechenden Weise.
Auf Seite 2 der Beschwerdebegründung behauptet er einen Verstoß des LSG gegen § 202 SGG iVm § 547 Nr 4 ZPO. Verfahrensfehlerhaft habe das LSG einerseits festgestellt, dass die ihn in erster und zweiter Instanz vertretenden Rentenberater nicht vertretungsberechtigt gewesen seien, andererseits aber habe es seine Berufung als unbegründet zurückgewiesen. Das LSG habe die Zurückweisung der früheren Prozessbevollmächtigten nach § 73 Abs 3 SGG pflichtwidrig unterlassen. Darüber hinaus hätten die Vorinstanzen seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG) verletzt, indem sie ihn nicht zu seiner vermeintlich mangelhaften Vertretung angehört hätten. Die gerügten Verstöße seien ein absoluter Revisionsgrund nach § 202 SGG iVm § 547 Nr 4 ZPO.
Hierdurch bezeichnet der Kläger keinen Verfahrensmangel in zulässiger Form. Die Beschwerdebegründung unterscheidet bereits nicht hinreichend zwischen einer möglicherweise verfahrensfehlerhaft unterbliebenen Zurückweisung einer nichtvertretungsbefugten Person (Verstoß gegen § 73 Abs 3 S 1 SGG) und dem Fall einer nicht ordnungsgemäß vertretenen Partei (§ 202 SGG iVm § 547 Nr 4, § 56 ZPO). Die entsprechende Differenzierung ist aber notwendig, weil kraft gesetzlicher Anordnung in § 73 Abs 3 S 2 SGG Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten bis zu seiner Zurückweisung wirksam sind. Der den Bevollmächtigten zurückweisende Beschluss ist daher konstitutiv (vgl Leitherer im Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 73 RdNr 34). Die Beschwerdebegründung zeigt nicht auf, dass in den Vorinstanzen ein Beschluss nach § 73 Abs 3 S 1 SGG ergangen ist. Tatsächlich ist nach den Gründen der angefochtenen Entscheidung und dem Akteninhalt ein solcher Beschluss nicht ergangen. Soweit der Kläger einen Verstoß gegen § 73 Abs 3 S 1 SGG, dh das Unterbleiben eines Zurückweisungsbeschlusses, rügt, hätte er zum Einen das Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen und zum Anderen auch die Entscheidungserheblichkeit eines entsprechenden Verfahrensmangels (vgl hierzu BSG Beschluss vom 5.6.2014 - B 10 ÜG 29/13 B - Juris RdNr 11) darlegen müssen. Beides unterlässt der Kläger. Er behauptet lediglich, das LSG habe festgestellt, dass "die Rentenberater nicht vertretungsberechtigt waren/sind" (vgl Seite 2 der Beschwerdebegründung). Der Kläger legt nicht dar, wo in der angefochtenen Entscheidung eine entsprechende Feststellung enthalten ist. Tatsächlich hat das LSG eine solche nicht getroffen, sondern die Frage einer fehlenden Vertretungsbefugnis ausdrücklich offengelassen (vgl Seite 9 f des Beschlusses: "nicht vertretungsbefugt sein dürfte", "es erscheint höchst zweifelhaft"). Der Kläger hätte daher in der Beschwerdebegründung seinerseits konkret darlegen müssen, dass und warum keine Vertretungsbefugnis seiner früheren Prozessbevollmächtigten gegeben war. Insoweit beschränkt er sich jedoch nur auf die nicht näher begründete Aussage, es gebe nachvollziehbare Gründe, warum der Gesetzgeber dies - eine fehlende Vertretungsbefugnis für Rentenberater - so geregelt habe. Auch unterlässt der Kläger Ausführungen zur Entscheidungserheblichkeit des gerügten Verfahrensmangels, weil er offenbar annimmt, es läge ein Verfahrensmangel vor, der einen absoluten Revisionsgrund nach § 202 SGG iVm § 547 Nr 4 ZPO darstelle. Das ist jedoch nach den oben gemachten Ausführungen wegen des Fehlens eines konstitutiv wirkenden Beschlusses nach § 73 Abs 3 S 1 SGG im Hinblick auf § 73 Abs 3 S 2 SGG vorliegend gerade nicht der Fall. Demzufolge hätte der Kläger in der Beschwerdebegründung darlegen müssen, inwieweit der vermeintliche Verstoß gegen § 73 Abs 3 S 1 SGG (vgl hierzu erneut BSG Beschluss vom 5.6.2014 - B 10 ÜG 29/13 B - Juris RdNr 11) und die von ihm insoweit gerügte Verletzung rechtlichen Gehörs durch einen fehlenden gerichtlichen Hinweis entscheidungsrelevant gewesen waren. Soweit der Kläger auf Seite 8 der Beschwerdebegründung unterstellt, die angefochtene Entscheidung beruhe auf dem Verfahrensfehler, genügt dies nicht den Anforderungen, weil der Kläger dies nicht näher und konkret begründet. Stattdessen führt er lediglich aus, es sei nicht auszuschließen, dass das LSG in der Sache zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre. Substantiierte Gründe hierfür, insbesondere solche, die der Kläger bei einer Vertretung durch einen anderen Prozessbevollmächtigten im Verfahren vor dem LSG vorgebracht hätte, nennt die Beschwerdebegründung jedoch nicht.
2. Der Kläger legt in seiner Beschwerdebegründung auch eine entscheidungserhebliche Divergenz nicht in einer den Darlegungsanforderungen nach § 160a Abs 2 S 3 SGG entsprechenden Weise dar.
Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG bedeutet Widerspruch im Rechtssatz, nämlich das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die zwei Urteilen zugrunde gelegt sind. Eine Abweichung liegt nicht schon dann vor, wenn das LSG eine höchstrichterliche Entscheidung nur unrichtig ausgelegt oder das Recht unrichtig angewandt hat, sondern erst, wenn das LSG Kriterien, die ein in der Norm genanntes Gericht aufgestellt hat, widersprochen, also andere Maßstäbe entwickelt hat. Das LSG weicht damit nur dann iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG von einer Entscheidung ua des BSG ab, wenn es einen abstrakten Rechtssatz aufstellt, der einer zu demselben Gegenstand gemachten und fortbestehenden aktuellen abstrakten Aussage des BSG entgegensteht und dem Berufungsurteil tragend zugrunde liegt. Die Beschwerdebegründung muss deshalb aufzeigen, welcher abstrakte Rechtssatz in den genannten höchstrichterlichen Urteilen enthalten ist, und welcher in der instanzabschließenden Entscheidung des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht, und darlegen, dass die Entscheidung hierauf beruhen kann (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 21, 29 und 67; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 mwN).
Der Kläger rügt auf Seite 9 und 11 der Beschwerdebegründung eine Abweichung von Urteilen des Senats vom 4.10.1988 und vom 17.12.1980 (SozR 2200 § 182 Nr 113; BSGE 51, 89 = SozR 2200 § 381 Nr 44), weil dort in den grundlegenden Erwägungen davon ausgegangen werde, dass ein Verstoß gegen das Gegenleistungs- und Äquivalenzprinzip vorliege, wenn Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung nachträglich erhoben würden, ohne jegliches Leistungsrisiko des gesetzlichen Krankenversicherungsträgers und ohne jegliches Risiko der Solidargemeinschaft der gesetzlichen Krankenversicherung.
Hierdurch bezeichnet der Kläger keine entscheidungserhebliche Divergenz in einer den Zulässigkeitsanforderungen entsprechenden Weise. Er entnimmt weder dem angefochtenen Beschluss noch den in Bezug genommenen Urteilen des BSG abstrakte, die jeweilige Entscheidung tragende Rechtssätze, die zum selben Gegenstand gemacht wurden. Insbesondere setzt sich der Kläger in der Beschwerdebegründung nicht hinreichend damit auseinander, dass das in Bezug genommene Urteil des Senats vom 17.12.1980 (aaO) das Verhältnis zwischen Versichertem und Sozialversicherungsträger, nicht aber die Zahlungspflicht des Arbeitgebers für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag betraf.
3. Schließlich legt der Kläger auch nicht den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung in einer den Anforderungen nach § 160a Abs 2 S 3 SGG entsprechenden Weise dar.
Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr; vgl auch BVerwG NJW 1999, 304 und BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31).
Der Kläger wirft auf Seite 11 der Beschwerdebegründung folgende Frage auf:
"Können für einen abgeschlossenen Zeitraum, in welchem tatsächlich keine Leistungen vom gesetzlichen Krankenversicherungsträger gegenüber dem Versicherten erbracht wurden und auch nicht mehr zu erbringen sind, weil der Versicherte in diesem abgeschlossenen Zeitraum privatversichert war und die private Krankenversicherung in Anspruch genommen hat, vom Arbeitgeber Beitragsleistungen zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung vom Versicherungsträger oder der Einzugsstelle nachgefordert werden und verstößt eine solche Nachforderung nicht gegen das Gegenleistungs- und Äquivalenzprinzip, weil mit der nachträglichen Beitragsleistung keine Leistungsrisiko des gesetzlichen Krankenversicherungsträgers verbunden ist."
Weiterhin gehe es um die zu entscheidende Rechtsfrage,
"ob eine Störung des Gegenleistungs- und Äquivalenzprinzips auch auf das Verhältnis zum Arbeitgeber anwendbar ist."
Sozialgerichte und Landessozialgerichte würden überwiegend in den Fällen, in denen der gesetzliche Krankenversicherer für abgeschlossene Zeiträume kein Risiko trage, die frühere Entscheidung des Senats vom 17.12.1980 (BSGE 51, 89 = SozR 2200 § 381 Nr 44) zur Annahme der Störung des Gegenleistungs- und Äquivalenzprinzips nicht anwenden. Das BSG habe hierzu auch keine neuere Entscheidung getroffen. Auf dieser Grundlage sei eine Differenzierung zwischen der nachträglichen Heranziehung eines Versicherten und der nachträglichen Heranziehung zur Beitragsleistung eines Arbeitgebers nicht gerechtfertigt.
a) Die Beschwerdebegründung erfüllt die Darlegungsvoraussetzungen für eine Grundsatzrüge nicht (vgl hierzu exemplarisch BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Denn der Kläger hat schon keine abstrakt-generelle Rechtsfrage - zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl § 162 SGG) mit höherrangigem Recht - formuliert (vgl allgemein BSG Beschluss vom 6.4.2010 - B 5 R 8/10 B - Juris = BeckRS 2010, 68786, RdNr 10; BSG Beschluss vom 21.7.2010 - B 5 R 154/10 B - Juris = BeckRS 2010, 72088, RdNr 10; BSG Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 24/07 B - Juris = BeckRS 2009, 50073, RdNr 7). Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (Becker, SGb 2007, 261, 265; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX, RdNr 181).
b) Darüber hinaus legt der Kläger die Klärungsbedürftigkeit seiner Fragen nicht hinreichend dar. Trotz umfangreicher Ausführungen des LSG in der angefochtenen Entscheidung befasst er sich weder mit der Rechtslage noch mit der hierzu ergangenen Rechtsprechung, insbesondere mit dem von ihm wiederholt angeführten Senatsurteil vom 17.12.1980 (BSGE 51, 89 = SozR 2200 § 381 Nr 44). Insbesondere unterlässt er Ausführungen dazu, inwieweit er sich in seiner Funktion als Arbeitgeber überhaupt auf ein im Verhältnis zwischen einem versicherten Beschäftigten und einem Versicherungsträger der Sozialversicherung (möglicherweise) bestehendes allgemeines "Gegenleistungs- und Äquivalenzprinzip" und dessen vermeintlicher Störung berufen kann. Er beruft sich insoweit lediglich pauschal auf das wiederholt genannte Urteil des Senats, unterlässt aber die notwendigen Ausführungen zur Übertragung auf eine den Arbeitgeber treffende Pflicht zur Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (§ 28e Abs 1 S 1 SGB IV) und insbesondere auch auf die Gefahr denkbarer "Gestaltungsmöglichkeiten", auf die das LSG auf Seite 16 f des Beschlusses ausdrücklich hingewiesen hat. Auch versäumt es der Kläger, anders als nach § 160a Abs 2 S 3 SGG zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage erforderlich, die einschlägige Rechtsprechung des BVerfG und des BSG, auf die das LSG in der angefochtenen Entscheidung auf Seite 13 ff ausdrücklich hingewiesen hat, darauf zu untersuchen, ob diese ggf ausreichende Hinweise für die Beantwortung der von ihm formulierten und als klärungsbedürftig angesehenen Fragen enthält. Denn auch wenn eine Frage höchstinstanzlich noch nicht ausdrücklich entschieden ist, so ist eine Rechtsfrage doch auch dann als höchstrichterlich geklärt anzusehen, wenn schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte auch zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17 sowie SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6). Entgegen diesen Anforderungen fehlen in der Beschwerdebegründung jegliche konkrete Ausführungen zur einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BSG.
4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO.
6. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG und entspricht der von den Beteiligten nicht beanstandeten Festsetzung durch das LSG.
n Bild über den Streitgegenstand sowie seine tatsächlichen und rechtlichen Streitpunkte zu machen (stRspr zB BSG Beschluss vom 26.6.2006 - B 13 R 153/06 B - BeckRS 2007, 42635 RdNr 9). Denn es ist nicht seine Aufgabe, sich im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens die maßgeblichen Tatsachen aus der angegriffenen Entscheidung selbst herauszusuchen (vgl BSG Beschluss vom 12.5.1999 - B 4 RA 181/98 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 26 S 48 f; BSG Beschluss vom 20.6.2013 - B 5 R 462/12 B - BeckRS 2013, 70651 RdNr 12; BSG Beschluss vom 9.4.2015 - B 12 KR 106/14 B - Juris RdNr 6).
Die Beschwerde enthält die danach erforderlichen Darlegungen nicht. Allein aufgrund ihrer Begründung lässt sich die Entscheidungserheblichkeit der berichteten Beweisanträge nicht beurteilen. Genauso wenig lässt sich einschätzen, ob diese Anträge hinreichend konkret waren, nachdem die Vorinstanzen bereits umfangreich - ua durch vier Sachverständigengutachten - Beweis erhoben hatten. Denn je mehr Aussagen von Sachverständigen oder sachverständigen Zeugen zum Beweisthema schon vorliegen, desto genauer muss der Beweisantragsteller auf mögliche Unterschiede und Differenzierungen eingehen (Fichte, SGb 2000, 653, 656). Ohne verständliche Wiedergabe der bisherigen Beweisergebnisse und ihre rechtlichen Einordnung, an der es die Beschwerde weitgehend fehlen lässt, kann der Senat die behauptete Notwendigkeit einer weiteren Beweiserhebung ebenfalls nicht beurteilen.
2. Ebenso wenig grundsätzlich dargelegt hat die Beschwerde eine grundsätzliche Bedeutung des Rechtsstreits (vgl § 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
An diesen Darlegungen fehlt es hier. Soweit die Beschwerde es für eine grundsätzliche Rechtsfrage hält,
auf welche Weise ein Durchschnittswert im Sinne von Teil A Nr 2 Buchst f Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung (AnlVersMedV) zu ermitteln ist,
hat sie die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage nicht hinreichend substantiiert dargelegt.
Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage nur, wenn sie höchstrichterlich weder tragend entschieden noch präjudiziert ist und die Antwort nicht von vornherein praktisch außer Zweifel steht, so gut wie unbestritten ist oder sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Um die Klärungsbedürftigkeit ordnungsgemäß darzulegen, muss sich der Beschwerdeführer daher ua mit Wortlaut, Kontext und ggf der Entstehungsgeschichte des fraglichen Gesetzes sowie der einschlägigen Rechtsprechung und Literatur auseinandersetzen (Karmanski in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 160a RdNr 50 mwN).
Solche Ausführungen enthält die Beschwerde nicht. Sie setzt sich bereits nicht näher mit dem Wortlaut von Teil A Nr 2 Buchst f AnlVersMedV auseinander. Vielmehr erläutert sie lediglich ihre eigene Auslegung der Vorschrift und erklärt diejenige des LSG für falsch. Das genügt nicht zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache.
Unabhängig davon fehlt es auch an der Darlegung der Klärungsfähigkeit. Ebenso wenig wie bei seiner Verfahrensrüge hat der Kläger mit seiner Grundsatzrüge den maßgeblichen, vom LSG festgestellten Sachverhalt vollständig und nachvollziehbar dargelegt. Daher lässt sich nicht beurteilen, ob die von der Beschwerde für grundsätzlich bedeutsam gehaltenen Fragen in einem Revisionsverfahren überhaupt entscheidungserheblich wären und deshalb dort geklärt werden könnten.
Soweit die Beschwerde dem LSG schließlich vorhält, es habe die seelischen Leiden des Klägers zu Unrecht als nicht erhöhend für den GdB angesehen, weil sie bereits mit dem Hautleiden berücksichtigt seien, zeigt sie keine fallübergreifende Rechtsfrage auf, sondern kritisiert die Rechtsanwendung des LSG im Einzelfall. Eine unrichtige Entscheidung des LSG im Einzelfall begründet für sich genommen jedoch keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
3. Auch eine Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) legt der Kläger nicht ausreichend dar. Zwar behauptet er unter Hinweis auf die Erfindung einer Rechtsfigur der "rein formell bedingten Mindestbewertung" durch das LSG eine Abweichung von der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R). Zur formgerechten Rüge eines Zulassungsgrundes der Divergenz ist in der Beschwerdebegründung indes darzulegen, zu welcher konkreten Rechtsfrage eine die vorinstanzliche Entscheidung tragende Abweichung in deren rechtlichen Ausführungen enthalten sein soll. Sie muss einen abstrakten Rechtssatz des vorinstanzlichen Urteils und einen abstrakten Rechtssatz aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung so bezeichnen, dass die Divergenz erkennbar wird. Es reicht dagegen nicht aus, auf eine bestimmte höchstrichterliche Rechtsprechung mit der Behauptung hinzuweisen, das angegriffene Urteil weiche hiervon ab. Schließlich ist darzulegen, dass die vorinstanzliche Entscheidung auf der gerügten Divergenz beruhe (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 21, 29). Daran fehlt es vollständig. Insbesondere bezeichnet der Kläger schon keinen divergierenden Rechtssatz des LSG, sondern beschränkt sich auf die Wiedergabe seiner eigenen Interpretation der LSG-Entscheidung und schließt daraus, das LSG halte sich nicht an die Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung.
Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11261924 |