Verfahrensgang
LSG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 09.03.2017; Aktenzeichen L 3 AS 82/17 ER) |
Tenor
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main wird zum zuständigen Gericht bestimmt.
Gründe
I
Der Kläger wendet sich mit einem an das LSG Rheinland-Pfalz gerichteten Antrag gegen "Verwaltungsaktvollzugsmaßnahmen" zur Erhebung von Gerichtskosten im Zuge eines abgeschlossenen - arbeitsgerichtlichen - Kündigungsschutzklageverfahrens. Das LSG hat nach Anhörung des Klägers den Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit für unzulässig erklärt und das Verfahren an das ArbG Frankfurt am Main verwiesen (Beschluss vom 2.2.2017). Das Begehren des Klägers stehe nach seinem Hauptantrag im Zusammenhang mit einer arbeitsrechtlichen Streitigkeit; Hilfsanträge spielten für die Rechtswegzuweisung keine Rolle. Das ArbG ist der Entscheidung des LSG entgegengetreten mit der Begründung, es "dürfte" sich nur um eine formlose Abgabe handeln. Daraufhin hat das LSG das BSG um Bestimmung des zuständigen Gerichts ersucht (Beschluss vom 9.3.2017).
II
Das zuständige Gericht ist in entsprechender Anwendung von § 58 Abs 1 Nr 4 SGG zu bestimmen. Diese Vorschrift ist auch bei einem sogenannten negativen rechtswegübergreifenden Kompetenzkonflikt zwischen Gerichten verschiedener Gerichtszweige anwendbar, sofern sich die beiden beteiligten Gerichte jeweils für unzuständig erklärt haben (vgl nur Beschluss des Senats vom 16.11.2016 - B 4 SF 5/16 R - juris RdNr 4 mwN). Zwar unterliegt ein nach § 17a GVG ergangener und unanfechtbar gewordener Beschluss, mit dem ein Gericht den beschrittenen Rechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an ein anderes Gericht verwiesen hat, nach dem Gesetz keiner weiteren Überprüfung. Doch ist eine - regelmäßig deklaratorische - Zuständigkeitsbestimmung im Interesse einer funktionierenden Rechtspflege und der Rechtssicherheit dann geboten, wenn es innerhalb eines Verfahrens zu Zweifeln über die Bindungswirkung der Verweisung kommt und deshalb keines der in Frage kommenden Gerichte bereit ist, die Sache zu bearbeiten (vgl zur entsprechenden Anwendung von § 36 Abs 1 Nr 6 ZPO BGH Beschluss vom 14.5.2013 - X ARZ 167/13 - MDR 2013, 1242 mwN; BGH Beschluss vom 29.4.2014 - X ARZ 172/14 - NJW 2014, 2125). Ein solcher Fall liegt hier vor. Sowohl das LSG Rheinland-Pfalz als auch das ArbG Frankfurt am Main haben sich für sachlich unzuständig erklärt.
Das BSG ist hier für die Bestimmung zuständig. Es ist als erster oberster Gerichtshof als einer der für die beteiligten Gerichtszweige zuständige oberste Gerichtshof vom LSG um die Entscheidung angegangen worden.
Zuständiges Gericht ist das ArbG Frankfurt am Main. Seine Zuständigkeit ergibt sich aus der Bindungswirkung des Beschlusses des LSG. Ein nach § 17a GVG ergangener Beschluss, mit dem ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Gericht eines anderen Rechtswegs verwiesen hat, ist einer weiteren Überprüfung entzogen, sobald er - wie hier - unanfechtbar geworden ist. Die Verweisung ist für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtswegs gemäß § 17a Abs 2 S 3 GVG bindend (so BSG Beschluss vom 16.9.2009 - B 12 SF 7/09 S - RdNr 4; BSG Beschluss vom 21.2.2012 - B 12 SF 7/11 S - juris RdNr 7; BGH Beschluss vom 14.5.2013 - X ARZ 167/13 - MDR 2013, 1242; BGH Beschluss vom 29.4.2014 - X ARZ 172/14 - NJW 2014, 2125; zuletzt Beschluss des Senats vom 16.11.2016 - B 4 SF 5/16 R - juris RdNr 4). Dies gilt im Interesse des verfassungsrechtlich gewährleisteten effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) und einer möglichst zügigen sachlichen Entscheidung unabhängig von der Verletzung prozessualer oder materieller Vorschriften. Es ist nicht die Aufgabe des "gemeinsam" übergeordneten Gerichts im Verfahren nach § 58 Abs 1 Nr 4 SGG, den Streit der beteiligten Gerichte über den Anwendungsbereich von Regelungen über die Zuständigkeit zu entscheiden oder in jedem Einzelfall die Richtigkeit des dem Verweisungsbeschluss vorliegenden Subsumtionsvorgangs zu überprüfen (Beschluss des Senats vom 16.11.2016 - B 4 SF 5/16 R - juris RdNr 4).
Allenfalls ein Verstoß gegen elementare den Rechtsweg und seine Bestimmung regelnden materiell- und verfahrensrechtlichen Vorschriften könnte geeignet sein, die Bindungswirkung zu durchbrechen (vgl dazu nur BSG Beschluss vom 16.9.2009 - B 12 SF 7/09 S - RdNr 5; BSG Beschluss vom 21.2.2012 - B 12 SF 7/11 S - RdNr 9; BGH Beschluss vom 29.4.2014 - X ARZ 172/14 - NJW 2014, 2125 RdNr 13 mwN). Ein solcher Verstoß liegt hier nach den vom LSG angestellten Erwägungen nicht vor. Insbesondere erschließt sich nicht, warum es sich bei dem Verweisungsbeschluss des LSG, wie das ArbG meint, nur um eine "formlose Abgabe" gehandelt haben sollte.
Fundstellen
Dokument-Index HI10862072 |