Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 12. Januar 2021 wird als unzulässig verworfen.
Der Antrag des Klägers, ihm für die vorgenannte Beschwerde Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin H1 zu bewilligen, wird abgelehnt.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der 1956 geborene Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Beklagte lehnte seinen Rentenantrag vom 17.6.2013 mit Bescheid vom 9.1.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.6.2014 ab. Das SG hat die dagegen gerichtete Klage nach Einholung von Befundberichten ua beim Dipl.-Psych. F und beim Psychiater und Psychotherapeuten J abgewiesen (Urteil vom 26.2.2019). Der Kläger hat im dagegen angestrengten Berufungsverfahren als seit April 2018 behandelnde Ärzte ua diese beiden sowie seine Hausärztin H2 genannt. Am 27.10.2020 ist dem LSG ein von Frau H2 ausgestellter "Befundschein" übermittelt worden. Das LSG hat die Berufung mit Beschluss vom 12.1.2021 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger sei noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich jedenfalls körperlich leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen zu verrichten. Es hat auf die als zutreffend erachteten Ausführungen des SG Bezug genommen und ergänzt, die medizinischen Ermittlungen im Berufungsverfahren würden keine abweichende Einschätzung rechtfertigen. Beim Kläger liege auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Qualifizierten Berufsschutz könne der Kläger nicht in Anspruch nehmen.
Der Kläger hat gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung Beschwerde zum BSG eingelegt, die er mit Schriftsatz vom 19.4.2021 begründet hat. Er macht einen Verfahrensmangel geltend. Zugleich hat er Prozesskostenhilfe (PKH) für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde unter Beiordnung von Rechtsanwältin H1 beantragt und hierzu mit Schriftsatz vom 27.8.2021 weitere Unterlagen vorgelegt.
II
1. Nach Schließung des 13. Senats zum 1.7.2021 durch Erlass des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 24.6.2021 (vgl § 202 Satz 1 SGG iVm § 130 Abs 1 Satz 2 GVG) ist nach dem Geschäftsverteilungsplan des BSG nunmehr der 5. Senat zuständig.
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG zu verwerfen. Der Kläger bezeichnet den geltend gemachten Verfahrensmangel nicht anforderungsgerecht (§ 160 Abs 2 Satz 3 SGG).
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde damit begründet, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), müssen zur Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) zunächst die den Verfahrensfehler (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist es erforderlich darzulegen, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Den sich daraus ergebenden Anforderungen wird die Beschwerdebegründung vom 19.4.2021 nicht gerecht.
Der Kläger rügt, das LSG sei der tatrichterlichen Pflicht zur Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen (§ 103 Satz 1 Halbsatz 1 SGG) nicht ausreichend nachgekommen, indem es von der Einholung eines Sachverständigengutachtens auf dem Gebiet der Neurologie/Psychiatrie abgesehen habe. Wird eine solche Sachaufklärungsrüge erhoben, muss die Beschwerdebegründung hierzu jeweils folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3) Darlegung der von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (5) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 14.4.2020 - B 5 RS 13/19 B - juris RdNr 11). Diesen Anforderungen entspricht die Beschwerdebegründung schon deswegen nicht, weil darin kein ordnungsgemäßer Beweisantrag bezeichnet wird.
Zur Darlegung eines prozessordnungsgemäßen Beweisantrags muss aufgezeigt werden, über welche im Einzelnen bezeichneten Punkte (vgl § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 403 bzw § 373 ZPO) und mit welchem Ziel Beweis erhoben werden sollte und dass es sich damit seinem Inhalt nach nicht nur um eine Beweisanregung gehandelt habe (vgl zB BSG Beschluss vom 26.11.2019 - B 13 R 159/18 B - juris RdNr 8 mwN). Der Beweisantrag im Rentenverfahren muss sich möglichst präzise mit dem Einfluss dauerhafter Gesundheitsbeeinträchtigungen auf das verbliebene Leistungsvermögen befassen. Im Rahmen eines Rentenverfahrens darf es dabei nicht nur auf eine Diagnosestellung ankommen, es muss vielmehr der negative Einfluss von weiteren, dauerhaften Gesundheitsbeeinträchtigungen auf das verbliebene Leistungsvermögen behauptet und möglichst genau dargetan werden (vgl zB BSG Beschluss vom 5.11.2019 - B 13 R 40/18 B - juris RdNr 7 mwN; BSG Beschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 6). Ein zur Zulassung der Revision führender Beweisantrag kann bei einem anwaltlich vertretenen Kläger nur ein solcher sein, der das Beweisthema konkret angibt und insoweit wenigstens umreißt, was die Beweisaufnahme ergeben soll (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 160 RdNr 18a mwN). Dazu gehört die Bestimmung, zu welchen konkreten Tatsachen eine (ggf erneute) Aufklärung durch einen Arzt welcher Fachrichtung eingeholt werden sollte (BSG Beschluss vom 5.11.2019 - B 13 R 40/18 B - juris RdNr 8). Der Kläger zeigt nicht auf, einen solchen Beweisantrag gestellt zu haben.
Er trägt vor, mit der Berufungsbegründung die Einholung eines Sachverständigengutachtens von Amts wegen auf dem Fachgebiet der Neurologie/Psychiatrie "zur Feststellung des Umfangs (seiner) Erwerbsfähigkeit" beantragt zu haben. Diesen Antrag habe er mit Schriftsatz vom 2.10.2020 und zuletzt mit Schriftsatz vom 17.11.2020 wiederholt, nachdem er die Anhörungsmitteilung zu der vom LSG beabsichtigten Entscheidung im Beschlusswege erhalten habe. Dabei habe er ua ausgeführt, seine Leistungsfähigkeit sei "(a)ufgrund der psychischen Erkrankung" aufgehoben und ein Sachverständigengutachten von Amts wegen sei für die "Sachaufklärung dringend erforderlich". Zudem habe er dem LSG bereits mit Schriftsatz vom 30.10.2019 einen Arztbrief seiner Hausärztin übersandt, aus dem sich die andauernde psychiatrische Behandlung ergebe. Damit bezieht der Kläger sich auf keinen Beweisantrag, der die zu ermittelnden Tatsachen hinreichend präzise benennen würde. Zwar sind an die Präzisierung des Beweisantrags hier möglicherweise geringere Anforderungen zu stellen, weil das Leistungsvermögen des Klägers im gerichtlichen Verfahren noch unter keinem Aspekt begutachtet worden war und der Kläger im Berufungsverfahren mitgeteilt hatte, aktuell wegen einer schweren Depression behandelt zu werden (vgl dazu, dass das Beweisthema in Abgrenzung zu den bereits vorliegenden Aussagen von Sachverständigen oder sachverständigen Zeugen zu benennen ist, Fichte, SGb 2000, 653, 656). Der vom Kläger in Bezug genommene Beweisantrag lässt es jedoch selbst bei Anlegung eines großzügigen Maßstabs im Ungefähren, zu welcher konkreten Tatsache eine weitere Aufklärung durch eine Begutachtung erfolgen sollte. Es wird nicht hinreichend deutlich, inwiefern sich die vom Kläger angegebene affektive Störung oder eine andere psychische Erkrankung konkret auf sein Leistungsvermögen auswirke. Auch mit seinem laut Beschwerdebegründung ergänzenden Vorbringen in den Schriftsätzen vom 30.10.2019, 27.10.2020 und 17.11.2020 hat der Kläger nicht zumindest umrissen, unter welchem Aspekt eine Begutachtung auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet voraussichtlich rentenrechtlich relevante Einschränkungen seines Leistungsvermögens ergebe, die über die bereits vom SG angenommenen qualitativen Leistungseinschränkungen hinausgehen würden.
Ungeachtet dessen wird in der Beschwerdebegründung nicht hinreichend aufgezeigt, dass für das LSG zwingend Veranlassung zu einer weiteren Sachaufklärung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens bestanden hätte. Ausgehend von der Beschwerdebegründung hat das LSG von einer weiteren Sachaufklärung über die Entgegennahme des "Befundscheins" von H2 hinaus mit der Begründung abgesehen, dass die dort zuletzt diagnostizierten Erkrankungen (leichte depressive Episode und nicht näher bezeichnete Arthrose der Hand) keine weiteren Ermittlungen von Amts wegen begründen würden. Nach den dortigen Angaben sei der Kläger nicht länger bei einem Facharzt für Psychiatrie bzw einem Nervenarzt in Behandlung und es gebe keine Anhaltspunkte für eine erhebliche Verschlechterung seiner Erkrankung auf diesem Fachgebiet seit der einmaligen Vorstellung bei Herrn J im Februar 2017. Die Angaben von Frau H2 zum behandelnden Psychologen würden nicht mit denjenigen des Klägers übereinstimmen. Der Senat lässt dahinstehen, ob nicht angesichts der Angaben des Klägers im Berufungsverfahren zu den (weiterhin) behandelnden Ärzten und Therapeuten sowie eingedenk des streitbefangenen Zeitraums von mehr als sieben Jahren weitere Sachverhaltsermittlungen angezeigt gewesen wären. Ebenfalls dahinstehen kann die Richtigkeit der Ausführungen des SG, auf die das LSG sich vollumfänglich bezogen hat, wonach der Einschätzung eines nicht-ärztlichen Psychotherapeuten "die objektive Komponente" fehle, für deren Beurteilung allein ein Facharzt zuständig sei. Der Kläger versäumt es jedenfalls, anforderungsgerecht aufzuzeigen, inwiefern auch mit dem "Befundschein" von Frau H2 Fragen zum sozialmedizinischen Sachverhalt erkennbar offengeblieben sind. Er setzt sich nicht ausreichend mit der Argumentation des LSG auseinander, indem er diesem pauschal vorwirft, "in das Blaue hinein" eine Verschlimmerung seines Gesundheitszustands verneint zu haben.
Die unterbliebene Einholung von aktuellen Befundberichten bei Herrn F und Herrn J wird vom Kläger nicht ausdrücklich als Verfahrensmangel gerügt. Eine solche Rüge könnte sinngemäß seinem Beschwerdevorbringen zu entnehmen sein, die von den beiden im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Befundberichte, auf die das LSG seine Entscheidung gestützt habe, seien im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung bereits dreieinhalb Jahre alt gewesen. Das LSG sei irrig von einer lediglich einmaligen Vorstellung bei Herrn J im Februar 2017 ausgegangen, während er dort tatsächlich weitere Termine wahrgenommen habe; zudem unterziehe er sich seit November 2016 einer 14-täglichen Psychotherapie. Der Kläger zeigt aber auch insoweit nicht auf, welche begehrten Funktionseinschränkungen sich aus aktuellen Befundberichten ergeben hätten auch im Vergleich zu den im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Befundberichten.
Soweit der Kläger zudem vorbringt, Herr F habe bereits im erstinstanzlichen Verfahren mit Schreiben vom 22.1.2018 ein Rezidiv bescheinigt und Frau H2 sei in ihrem "Befundschein" auch unter Berücksichtigung der psychischen Erkrankung von einer vollen Erwerbsminderung ausgegangen, wendet er sich gegen die Beweiswürdigung durch das LSG. Auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG kann eine Nichtzulassungsbeschwerde jedoch von vornherein nicht gestützt werden (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
3. Der PKH-Antrag des Klägers ist abzulehnen. Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm §§ 114, 121 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten PKH für ein Verfahren vor dem BSG nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt es hier. Die vom Kläger durch seine beim BSG zugelassenen Bevollmächtigten bereits eingelegte und begründete Nichtzulassungsbeschwerde bietet keine hinreichende Erfolgsaussichten, wie sich aus den Ausführungen unter 2. ergibt. Mit der Ablehnung des Antrags entfällt zugleich die Möglichkeit einer Beiordnung im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14902346 |