Leitsatz (amtlich)
Nach der Regelung des AFG § 104 Abs 1 S 3 dienen Zeiten einer Beschäftigung, die vor dem Tag liegen, an dem der Anspruch auf Alg oder Alhi nach AFG § 119 Abs 3 erloschen ist, jedenfalls dann nicht zur Erfüllung der Anwartschaft auf Alg, wenn sie weniger als 26 Wochen betragen.
Normenkette
AFG § 104 Abs 1 S 3 Fassung: 1975-12-18, § 119 Abs 3 Fassung: 1969-06-25
Verfahrensgang
LSG Bremen (Entscheidung vom 14.09.1978; Aktenzeichen L 5 Ar 10/78) |
LSG Bremen (Entscheidung vom 14.09.1978; Aktenzeichen L 5 Ar 11/78) |
SG Bremen (Entscheidung vom 14.11.1977; Aktenzeichen SAR 9/77) |
SG Bremen (Entscheidung vom 14.11.1977; Aktenzeichen SAR 150/77) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren vor dem Bundessozialgericht das Armenrecht zu bewilligen, wird abgelehnt.
Gründe
Der Kläger bezog von der Beklagten seit 9. Mai 1974 Arbeitslosengeld (Alg) und seit 6. Juni 1975 Arbeitslosenhilfe (Alhi). Im Februar 1975 wurde zum Nachteil des Klägers der Eintritt einer Sperrzeit nach § 119 Abs 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) bindend festgestellt. Mit Wirkung ab 25. September 1975 stellte die Beklagte erneut den Eintritt einer Sperrzeit und damit das Erlöschen seines Anspruchs auf Alhi nach § 119 Abs 3 AFG fest; gleichzeitig hob sie die frühere Alhi-Bewilligung gemäß § 151 AFG auf. Der Kläger erhob hiergegen Klage. Er hatte bis zum 25. September 1975 durch Zwischenbeschäftigungen während seines Alg- und Alhi-Bezuges insgesamt 25 Wochen und 3 Tage beitragspflichtige Beschäftigungen ausgeübt.
Am 12. Januar 1977 meldete der Kläger sich erneut arbeitslos und beantragte Alg. Er konnte für die Zeit nach dem 25. September 1975 beitragspflichtige Beschäftigungszeiten von insgesamt 24 Wochen und 1 Tag belegen. Die Beklagte lehnte den Leistungsantrag ab, weil der Kläger die Anwartschaftszeit nach § 104 AFG nicht erfüllte. Auch hiergegen erhob der Kläger Klage. Das Sozialgericht (SG) hat beide Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und die Beklagte verurteilt, dem Kläger vom 12. Januar bis 24. April 1977 Alg zu gewähren. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das SG sah es trotz des entgegenstehenden Wortlauts des § 104 Abs 1 Satz 3 AFG als rechtens an, auch die vom Kläger während des Alg- und Alhi-Bezuges vor Eintritt der zweiten Sperrzeit (am 25. September 1975), deren Rechtmäßigkeit es im übrigen bestätigte, zurückgelegten Beschäftigungszeiten in die Anwartschaftsberechnung für den Alg-Antrag vom 12. Januar 1977 einzubeziehen. Gegen das Urteil des SG hat nur die Beklagte Berufung eingelegt. Daraufhin hat das Landessozialgericht (LSG) die zusprechende Entscheidung des SG aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen. Es hat die Revision nicht zugelassen. Das LSG war der Meinung, daß der Wortlaut des § 104 Abs 1 Satz 3 AFG die Einbeziehung der vor dem 25. September 1975 liegenden beitragspflichtigen Beschäftigungen des Klägers in die Anwartschaftsberechnung verbiete.
Mit einem am 6. November 1978 eingegangenen Schreiben wendet sich der Kläger gegen das Urteil des LSG und beantragt das Armenrecht sowie die Beiordnung eines Rechtsanwalts.
Der Antrag auf Bewilligung des Armenrechts ist abzulehnen. Gemäß § 167 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) iVm § 114 Abs 1 der Zivilprozeßordnung (ZPO) kann das Armenrecht nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Die vom Kläger beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde ( § 160 a SGG ) könnte nur dann Aussicht auf Erfolg haben, wenn Gründe ersichtlich wären, aus denen die Revision zuzulassen wäre ( § 160 Abs 2 SGG ). Sie wäre nach diesen zwingenden gesetzlichen Vorschriften nur zuzulassen, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hätte oder |
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das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abwiche und auf dieser Abweichung beruhte oder |
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3. |
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ein Verfahrensmangel geltend gemacht würde, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könnte. |
Es ist jedoch weder aus dem angefochtenen Urteil, dem Akteninhalt noch aus dem Vorbringen des Klägers ersichtlich, daß der Kläger einen dieser Zulassungsgründe darlegen könnte. Insbesondere ist nichts ersichtlich dafür, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG hat. Soweit es die Rechtmäßigkeit des Eintritts einer (zweiten) Sperrzeit am 25. September 1975 anbelangt, ist die in diesem Punkt klageabweisende Entscheidung des SG rechtskräftig geworden und deshalb nicht mehr überprüfbar; denn der Kläger hat hiergegen keine Berufung eingelegt. Streitgegenstand eines Revisionsverfahrens könnte deshalb nur noch die Alg-Ablehnung auf die Antragstellung vom 12. Januar 1977 wegen fehlender Anwartschaft sein. Die damit im Zusammenhang stehenden Rechtsfragen erscheinen nicht klärungsbedürftig iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG , weil deren Beantwortung so gut wie unbestritten ist (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17). Der Wortlaut des § 104 Abs 1 Satz 3 AFG ist eindeutig. Danach dienen Zeiten einer Beschäftigung, die vor dem Tage liegen, an dem der Anspruch auf Alg oder Alhi nach § 119 Abs 3 AFG erloschen ist, nicht zur Erfüllung der Anwartschaftszeit. Das gilt jedenfalls - wie hier - für Zeiten von weniger als 26 Wochen. Ob für Beschäftigungszeiten von 26 Wochen und mehr etwas anderes gilt, ist im vorliegenden Rechtsstreit nicht zu entscheiden (vgl dazu BSG vom 10. Oktober 1978 - 7 RAr 55/77 -). Die oa Rechtsfolge wird - soweit ersichtlich - von der Lehrmeinung einheitlich geteilt (vgl Hennig-Kühl-Heuer, Kommentar zum AFG, Anm 7 zu § 104; Schönefelder-Kranz-Wanka, Kommentar zum AFG, Anm 6 zu § 104; Krebs, Kommentar zum AFG, Anm 15 zu § 104). Sie entspricht der Regelung in § 85 Abs 1 Satz 2 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) , für die sie ebenfalls allgemein anerkannt war (vgl Draeger-Buchwitz-Schönefelder, Kommentar zum AVAVG, RdNr 3 zu § 85; Brockhun-Strippel-Hennig, Kommentar zum AVAVG, Anm 4 zu § 85) und auf die die Bestimmung des § 104 Abs 1 Satz 3 AFG auch nach dem Willen des Gesetzgebers zurückgeht (vgl BT-Drucksache V/2291, Begründung zu § 95 des Entwurfs eines AFG, S. 80). Die dazu abweichende Auffassung des SG kann demgegenüber nicht als eine so wesentliche Stimme anerkannt werden, daß sich daraus die Klärungsbedürftigkeit iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ergäbe, zumal da ihr das LSG nicht gefolgt ist (vgl dazu auch BSGE 43, 255, 268 = SozR 4100 § 80 Nr 1).
Da somit auch ein zugelassener Prozeßbevollmächtigter nicht in der Lage wäre, eine sachlich begründete Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen, bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Armenrechtsantrag ist demgemäß abzulehnen.
Fundstellen