Verfahrensgang

SG Chemnitz (Entscheidung vom 05.12.2018; Aktenzeichen S 32 SB 109/18)

Sächsisches LSG (Urteil vom 26.09.2023; Aktenzeichen L 8 SB 3/19)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 26. September 2023 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwältin K aus L beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im vorbezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I

Der Kläger begehrt in der Hauptsache die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von mindestens 40 und die Zuerkennung des Merkzeichens G. Diesen Anspruch hat das LSG unter Zuerkennung eines vom Beklagten anerkannten GdB von 30 aufgrund einer während des Berufungsverfahrens eingetretenen Verschlechterung der gesundheitlichen Verhältnisse verneint (Urteil vom 26.9.2023).

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt und für die Durchführung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten beantragt. Er macht als Zulassungsgrund das Vorliegen eines Verfahrensmangels geltend.

II

1. Der Antrag des Klägers auf PKH ist abzulehnen.

Gemäß § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Das ist hier nicht der Fall. Aus diesem Grund kommt die Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten nicht in Betracht (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).

2. Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Seine Begründung genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht in der hierfür erforderlichen Weise bezeichnet worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).

a) Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, es liege ein Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG), so müssen vom Beschwerdeführer bei der Bezeichnung dieses Mangels zunächst substantiiert die ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen dargetan werden (stRspr; zB BSG Beschluss vom 16.1.2023 - B 9 V 14/22 B - juris RdNr 7 mwN).

Schon daran fehlt es hier. Der Kläger versäumt es, den vom LSG festgestellten Sachverhalt und den gesamten Verfahrensgang in einem geordneten und strukturierten Zusammenhang hinreichend verständlich darzustellen. Es ist nicht Aufgabe des BSG, sich im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens die maßgeblichen Tatsachen für den vom Beschwerdeführer gerügten Verfahrensmangel aus dem angegriffenen Urteil oder den Gerichtsakten selbst herauszusuchen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 28.9.2021 - B 9 SB 12/21 B - juris RdNr 5 mwN).

b) Unabhängig davon hat der Kläger auch den behaupteten Verfahrensmangel nicht hinreichend bezeichnet.

Der Kläger rügt einen Verstoß des LSG gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG), weil es keine Sachverständigengutachten aus den Fachgebieten der Urologie und der Neurologie eingeholt habe. Es sei bereits mit der Berufung vom 4.1.2018 beantragt worden, den medizinischen Sachverhalt insbesondere in diesen Fachgebieten weiter aufzuklären. Mit Schriftsatz vom 20.8.2021 und in der mündlichen Verhandlung am 26.9.2023 seien die Beweisanträge aufrechterhalten worden.

Dieses Vorbringen des Klägers erfüllt jedoch nicht die Darlegungsanforderungen einer Sachaufklärungsrüge (s hierzu allgemein BSG Beschluss vom 21.12.2017 - B 9 SB 70/17 B - juris RdNr 3). Ein - wie hier - in der Berufungsinstanz rechtsanwaltlich vertretener Beteiligter kann nur dann mit der Rüge des Übergehens eines Beweisantrags gehört werden, wenn er diesen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem LSG durch entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten hat oder das Gericht den Beweisantrag in seiner Entscheidung wiedergibt (stRspr, zB BSG Beschluss vom 16.1.2023 - B 9 V 14/22 B - juris RdNr 17 mwN). Dies legt der Kläger aber nicht dar. Für die Benennung eines prozessordnungsgemäßen Beweisantrags iS des § 160 Abs 2 Nr 3, § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 403 ZPO(vgl hierzu BSG Beschluss vom 31.3.2022 - B 9 SB 76/21 B - juris RdNr 6 mwN) reicht es nicht aus, wenn er lediglich pauschal die aus seiner Sicht nicht hinreichenden Ermittlungen auf neurologischem und urologischem Fachgebiet rügt. Ebenso wenig genügt allein seine Behauptung, dass Beweisanträge in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG aufrechterhalten worden seien. Der Kläger trägt nicht vor, diese auch zu Protokoll gegeben zu haben.

Das LSG ist als letztinstanzliche Tatsacheninstanz überdies nur dann einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt, wenn es sich hätte gedrängt fühlen müssen, den beantragten Beweis zu erheben (stRspr; zB BSG Beschluss vom 6.4.2017 - B 9 V 89/16 B - juris RdNr 8 mwN). Insoweit hätte es des klägerseitigen Vortrags bedurft, weshalb nach den dem LSG vorliegenden Beweismitteln Fragen zum tatsächlichen und medizinischen Sachverhalt aus der rechtlichen Sicht des LSG erkennbar offengeblieben sind und damit zu einer weiteren Sachverhaltsaufklärung zwingende Veranlassung bestanden haben soll (vgl BSG Beschluss vom 18.2.2021 - B 9 SB 31/20 B - juris RdNr 7 mwN). Die bloße Darlegung, weshalb aus Sicht des Klägers weitere Ermittlungen insbesondere auf den Fachgebieten der Urologie und der Neurologie erforderlich gewesen wären, entspricht diesem Erfordernis nicht. Soweit der Kläger im Übrigen in seiner Beschwerdeschrift das Urteil des LSG im Einzelnen kritisiert und insbesondere mit der Aus- und Bewertung der vorliegenden medizinischen Befunde nicht einverstanden ist, wendet er sich im Kern gegen dessen Beweiswürdigung (vgl § 128 Abs 1 Satz 1 SGG). Mit diesem Vortrag kann er aber nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG von vornherein keine Revisionszulassung erreichen. Dies gilt auch, soweit der Kläger eine unzureichende Rechtsanwendung des Berufungsgerichts in seinem Einzelfall rügen wollte (vgl stRspr; zB BSG Beschluss vom 1.7.2020 - B 9 SB 5/20 B - juris RdNr 10; BSG Beschluss vom 24.8.2017 - B 9 SB 24/17 B - juris RdNr 16).

3. Schließlich war der Senat nicht verpflichtet, die Prozessbevollmächtigte des Klägers entsprechend ihrer Bitte in der Beschwerdebegründung um einen rechtlichen Hinweis, "sollten weitere Ausführungen oder Stellungnahmen erforderlich sein", vorab auf die Unzulänglichkeit des Beschwerdevortrags aufmerksam zu machen (vgl stRspr; zB BSG Beschluss vom 6.4.2020 - B 9 V 1/20 B - juris RdNr 9 mwN).

4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).

5. Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Kaltenstein

Röhl

Othmer

 

Fundstellen

Dokument-Index HI16233882

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