Verfahrensgang

SG Hannover (Entscheidung vom 15.05.2017; Aktenzeichen S 29 KR 665/13)

LSG Niedersachsen-Bremen (Beschluss vom 06.09.2018; Aktenzeichen L 4 KR 300/17)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 6. September 2018 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt M R beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 6. September 2018 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Kläger ist mit seinem gegen die Beklagte gerichteten Begehren, die Kosten für orthomolekulare Vitalstoffmischungen und Myrrhinil sowie für bereits angefallene und zukünftige Kosten für den Besuch des Solebades zu übernehmen, sowie festzustellen, dass die Behandlung seiner Mitochondriopathien seit mindestens 2012 notwendig ist, in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben (SG-Urteil vom 15.5.2017; LSG-Beschluss vom 6.9.2018, zugestellt am 15.9.2018).

Der Kläger beantragt, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Beschluss Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwalt M.R. zu gewähren und wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Beschluss. Zudem beantragt er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand: Er sei aus gesundheitlichen Gründen nicht zur fristgerechten Antragstellung in der Lage gewesen, wie sich aus dem Attest seines Hausarztes H. vom 19.12.2018 und dem Krankenhausbericht vom 24.10.2018 ergebe.

II

Die Bewilligung von PKH unter Beiordnung von Rechtsanwalt M.R. ist abzulehnen (dazu 1.), die Beschwerde des Klägers ist zu verwerfen (dazu 2.).

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte PKH unter Beiordnung eines anwaltlichen Bevollmächtigten.

a) Nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 114, 121 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn - ua - die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt es.

Ein Rechtsmittelkläger ist nur dann an der Einhaltung der Rechtsmittelfrist wegen Bedürftigkeit ohne sein Verschulden gehindert, wenn er innerhalb der Rechtsmittelfrist einen Antrag auf Bewilligung von PKH stellt und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Erklärung) auf dem vorgeschriebenen Formular einreicht (vgl zB BSG Beschluss vom 15.8.2018 - B 1 KR 55/18 B - Juris RdNr 4 mwN; BSG SozR 1750 § 117 Nr 1 und 3; BVerfG SozR 1750 § 117 Nr 2).

Für die Bewilligung von PKH ist nach der Rspr des BSG und der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes grundsätzlich Voraussetzung, dass sowohl der Antrag auf PKH als auch die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der für diese gesetzlich vorgeschriebenen Form (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 117 Abs 2 und 4 ZPO) bis zum Ablauf der Beschwerdefrist beim BSG eingehen (BSG SozR 1750 § 117 Nr 1). Darauf hat das LSG den Kläger bereits in den Erläuterungen zur PKH, die dem angefochtenen LSG-Beschluss beigefügt waren, hingewiesen. Der Kläger hat innerhalb der Monatsfrist für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 160a Abs 1 S 2, § 64 Abs 3 SGG), die am 16.9.2018 (Tag nach der Zustellung des LSG-Beschlusses am 15.9.2018) begann und mit dem Ablauf des 15.10.2018 - einem Montag - endete, weder PKH beantragt noch die Erklärung beim BSG auf dem vorgeschriebenen Formular eingereicht, sondern erst am 16.10.2018 und 5.11.2018.

b) Dem Kläger ist keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 SGG zu gewähren. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung liegen nicht vor, denn der Kläger war nicht iS des § 67 Abs 1 SGG "ohne Verschulden" gehindert, innerhalb der Monatsfrist einen den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden PKH-Antrag zu stellen.

Insbesondere war der Kläger hieran nicht wegen Krankheit gehindert. Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn er krankheitsbedingt weder in der Lage gewesen wäre, selbst zu handeln noch einen Dritten hiermit zu beauftragen (BSG Beschluss vom 25.2.1992 - 9a BVg 10/91 - Juris unter Hinweis auf BVerwG Beschluss vom 19.7.1962 - VIII B 186.60 = MDR 1962, 931 und BFH Beschluss vom 28.3.1990 - V B 25/90 = BFH/NV 1991, 247; BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 17.7.2007 - 2 BvR 1164/07 - Juris RdNr 2). Hierfür ergeben sich jedoch keine Anhaltspunkte.

Aus dem Attest seines Hausarztes vom 19.12.2018 geht hervor, dass der Kläger "den ganzen Oktober" wegen einer schweren Herpesinfektion "schwer erkrankt" war. Den vorliegenden Unterlagen lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass diese Erkrankung so schwer war, dass sie jegliches eigenständiges Handeln des Klägers ausschloss. Dem steht bereits entgegen, dass der Kläger ungeachtet der bescheinigten Erkrankung im Laufe des Monats Oktober, nämlich am 16.10.2018, durchaus in der Lage war, Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen und PKH zu beantragen. Wieso er in den vorangegangenen 15 Tagen des Monats hierzu nicht in der Lage gewesen sein soll, ist nicht nachzuvollziehen. Dies gilt umso mehr, als es einen Tag nach Fertigung und Absendung des PKH-Antrags, nämlich am 17.10.2018, zur Krankenhauseinweisung kam: Dieser Umstand lässt den Schluss zu, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers im Laufe des Monats Oktober verschlechtert haben dürfte. Dies korrespondiert mit den ärztlichen Angaben, wonach der Kläger am 4.10.2018 eine schwere Herpesinfektion erlitten habe, welche bei erschwertem Verlauf zur Krankenhauseinweisung geführt habe.

2. Die von dem Kläger selbst eingelegte Beschwerde ist durch Beschluss als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG). Sie entspricht nicht den zwingenden gesetzlichen Vorschriften, weil sie zum einen nicht durch einen vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) eingelegt worden ist. Schon die Beschwerdeschrift muss von einem zugelassenen Prozessbevollmächtigten unterzeichnet sein. Hierauf hat das LSG den Kläger in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils ausdrücklich hingewiesen. Der Kläger hat jedoch durch ein von ihm selbst unterschriebenes Schreiben Beschwerde eingelegt. Er hat zum anderen die Beschwerde nicht fristgerecht eingelegt, sondern erst nach Fristablauf (vgl oben) am 16.10.2018.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI13104314

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