Verfahrensgang
SG Karlsruhe (Entscheidung vom 14.06.2021; Aktenzeichen S 5 AL 280/21) |
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 23.09.2022; Aktenzeichen L 8 AL 2306/21) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. September 2022 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der allein als Zulassungsgrund geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht in der erforderlichen Weise bezeichnet worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 SGG).
Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 (Anhörung eines bestimmten Arztes) und 128 Abs 1 Satz 1 SGG (freie richterliche Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Wer eine Nichtzulassungsbeschwerde auf diesen Zulassungsgrund stützt, muss zu seiner Bezeichnung (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) die diesen Verfahrensmangel des LSG (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dartun, also die Umstände schlüssig darlegen, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (stRspr; siehe bereits BSG vom 29.9.1975 - 8 BU 64/75 - SozR 1500 § 160a Nr 14; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 160a RdNr 16 mwN). Darüber hinaus ist aufzuzeigen, dass und warum die Entscheidung - ausgehend von der Rechtsansicht des LSG - auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit der Beeinflussung des Urteils besteht (stRspr; vgl bereits BSG vom 18.2.1980 - 10 BV 109/79 - SozR 1500 § 160a Nr 36).
Diese Voraussetzungen sind hier - unter Berücksichtigung der (ersten) Beschwerdebegründung vom 12.1.2023 - nicht erfüllt. Der Kläger macht als Verfahrensmangel zum einen geltend, dass er selbst an der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung gehindert gewesen sei und das LSG die mündliche Verhandlung nicht verlegt habe. Damit ist ein Verfahrensmangel - einschlägig ist der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) - nicht hinreichend bezeichnet, denn der Beschwerdebegründung lässt sich nicht entnehmen, weswegen die bereits im Berufungsverfahren mandatierte Rechtsanwältin des Klägers nicht an dem Termin hätte teilnehmen können oder weswegen er einen Anspruch auf persönliche Anwesenheit gehabt hätte. Zwar verwirklicht sich der Anspruch auf rechtliches Gehör insbesondere durch das Recht auf Teilnahme an der mündlichen Verhandlung. Diesem Anspruch ist aber grundsätzlich auch dann Genüge getan, wenn der Beteiligte durch seinen Bevollmächtigten vertreten wird (BSG vom 23.4.2009 - B 13 R 15/09 B - juris RdNr 11 mwN). Es bedarf besonderer Darlegungen, weshalb zusätzlich die persönliche Anwesenheit eines Beteiligten zur Wahrung rechtlichen Gehörs unerlässlich gewesen sei (vgl BSG vom 5.3.2004 - B 9 SB 40/03 B - juris RdNr 6; B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 110 RdNr 5 mwN; vgl auch BFH vom 20.3.1997 - XI B 182/95 - juris RdNr 8). Daran fehlt es hier. Da sich die Beschwerdebegründung nicht dazu verhält, weshalb die anwaltliche Bevollmächtigte nicht an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, ist auch nicht dargelegt, dass seitens des Klägers alles Zumutbare unternommen worden ist, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (vgl zur dieser Obliegenheit BSG vom 29.11.2022 - B 11 AL 21/22 B - juris RdNr 9 mwN auch aus der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung).
Aus diesem Grund ist auch die zum anderen behauptete Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes, die ohnehin nur in den oben beschriebenen Grenzen rügbar ist, nicht hinreichend bezeichnet. Da nicht dargelegt wurde, weshalb die anwaltliche Bevollmächtigte nicht an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, ist auch aus dem Vorbringen nicht ersichtlich, dass der Kläger alles ihm Zumutbare unternommen hat, den Beweisantrag auf Vernehmung seiner Ehefrau als Zeugin aufrechtzuerhalten. Letzteres ist aber notwendig, um sich insofern auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht berufen zu können (stRspr; zuletzt etwa BSG vom 16.2.2023 - B 4 AS 138/22 B - juris RdNr 3).
Die ergänzende Beschwerdebegründung des Klägers vom 12.1.2023 war nicht zu berücksichtigen, weil dieser Schriftsatz erst am 13.1.2023 und damit am Tag nach Ablauf der verlängerten Beschwerdebegründungsfrist eingegangen ist (vgl BSG vom 26.6.2006 - B 1 KR 19/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 10 RdNr 4; BSG vom 23.4.2009 - B 13 R 15/09 B - juris RdNr 12; Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl 2022, § 160a RdNr 67). Im Übrigen beseitigt aber auch dieser Schriftsatz nicht die dargelegten Begründungsmängel.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG.
Söhngen |
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B. Schmidt |
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Burkiczak |
Fundstellen
Dokument-Index HI15757887 |