Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätzliche Bedeutung. Rente wegen Erwerbsminderung. Divergenz. Verfahrensmangel. Beweisantrag
Leitsatz (redaktionell)
1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache jedenfalls dann nicht, wenn die Antwort auf die für klärungsbedürftig erachtet Frage von vornherein praktisch außer Zweifel steht oder die Frage bereits höchstrichterlich entschieden ist
2. Zu den Leistungsvoraussetzungen der Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI besteht bereits eine umfangreiche Rechtsprechung des BSG.
3. Eine Divergenz kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat.
4. Der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 S. 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Normenkette
SGG § 73a Abs. 1 S. 1, §§ 103, 109, 128 Abs. 1 S. 1, § 160 Abs. 2 Nrn. 1-3; ZPO § 114 Abs. 1 S. 1, § 121 Abs. 1; SGB VI §§ 43-44, 240
Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 20.09.2016; Aktenzeichen L 9 R 1153/16) |
SG Karlsruhe (Aktenzeichen S 14 R 2977/15) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20. September 2016 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Gründe
Mit Urteil vom 20.9.2016 hat das LSG Baden-Württemberg einen Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung verneint.
Um das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil durchzuführen, hat der Kläger eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozess- und Verfahrenskostenhilfe nebst entsprechenden Belegen eingereicht und damit konkludent beantragt, ihm Prozesskostenhilfe (PKH) zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen.
Der Antrag auf PKH und Beiordnung eines Rechtsanwalts ist abzulehnen, weil die Nichtzulassungsbeschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 Abs 1 S 1, § 121 Abs 1 ZPO). Es ist nicht zu erkennen, dass ein nach § 73 Abs 4 SGG zugelassener Prozessbevollmächtigter in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers erfolgreich zu begründen.
Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),
- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder
- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).
Solche Zulassungsgründe sind nach Prüfung des Streitstoffs nicht ersichtlich.
I. Es ist nicht erkennbar, dass eine Zulassung der Revision gegen das angegriffene Urteil auf § 160 Abs 2 Nr 1 SGG gestützt werden könnte. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat. Die Frage muss außerdem klärungsbedürftig sein. Das ist grundsätzlich nicht der Fall, wenn die Antwort darauf von vornherein praktisch außer Zweifel steht oder die Frage bereits höchstrichterlich entschieden ist (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70). Rechtsfragen, die in diesem Sinne grundsätzliche Bedeutung haben könnten, sind nicht ersichtlich. Zu den Leistungsvoraussetzungen der hier streitigen Rente wegen Erwerbsminderung nach dem § 43 SGB VI besteht bereits eine umfangreiche Rechtsprechung des BSG (vgl dazu nur Gürtner in Kasseler Komm, Stand: April 2010, laufende Kommentierung zu §§ 43, 240 SGB VI und die Nachweise im Ablegeordner zu §§ 43, 44 SGB VI aF). Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI scheidet von vornherein aus, weil der Kläger nicht vor dem 2.1.1961 geboren worden ist (vgl dazu § 240 Abs 1 Nr 1 SGB VI).
II. Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) könnte ebenfalls nicht mit Erfolg geltend gemacht werden. Divergenz (Abweichung) bedeutet Widerspruch im Rechtssatz oder - anders ausgedrückt - das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die den miteinander zu vergleichenden Entscheidungen zu Grunde gelegt worden sind. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat (BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 mwN). Davon kann vorliegend nicht ausgegangen werden.
III. Schließlich lässt sich auch kein Verfahrensmangel feststellen, der gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Zulassung der Revision führen könnte. Nach Halbs 2 dieser Bestimmung kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Ein derartiger Beweisantrag, den das Berufungsgericht unter Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) übergangen haben könnte, ist hier nicht ersichtlich. Auch im Übrigen sind keine Verfahrensmängel zu erkennen.
Da dem Kläger PKH nicht zu bewilligen war, hat er nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO auch keinen Anspruch auf Beiordnung eines Rechtsanwalts.
Fundstellen
Dokument-Index HI10333593 |