Orientierungssatz
1. Die Beitragspflicht im Bereich der Arbeitslosenversicherung kann nicht mit der Behauptung angegriffen werden, mit dem AFG würden teilweise verfassungswidrige Ziele (versicherungsfremde Leistungen) verfolgt (vgl BSG vom 9.10.1984 - 12 RK 18/83 = BSGE 57, 184 = SozR 2200 § 385 Nr 10).
2. Die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschuß wurde nicht zur Entscheidung angenommen (vgl BVerfG 1. Senat 2. Kammer vom 27.9.1995 - 1 BvR 1680/95).
Normenkette
AFG § 174
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches LSG (Entscheidung vom 31.05.1994; Aktenzeichen L 1 Kr 1/94) |
SG Lübeck (Entscheidung vom 10.09.1993; Aktenzeichen S 7 Kr 185/92) |
Gründe
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Prozeßkostenhilfe. Dieser setzt nach § 73a Abs 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) iVm § 114 Satz 1 der Zivilprozeßordnung voraus, daß die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, denn auch wenn der Senat dem Kläger einen Rechtsanwalt beiordnen und dieser für den Kläger eine zulässige Beschwerde einlegen würde, könnte weder die Beschwerde noch das damit erstrebte Revisionsverfahren in der Sache Erfolg haben (zur Ablehnung von Prozeßkostenhilfe in derartigen Fällen vgl BSG vom 2. Februar 1993 - 11 BAr 109/92; 5. Mai 1986 - 4a BJ 33/86; BSG SozR 1750 § 114 Nr 1).
Der Kläger wendet sich gegen seine Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit (BA) nach § 168 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG), weil er das AFG in seiner Gesamtheit für verfassungswidrig hält. Insbesondere seien darin der BA Aufgaben übertragen worden, deren Kosten die Allgemeinheit und nicht nur der beitragspflichtige Personenkreis tragen müsse. Beispielsweise komme die Förderung der beruflichen Bildung oder die Berufsberatung nicht nur den beitragspflichtigen Arbeitnehmern, sondern auch Gewerbetreibenden und Freiberuflern zugute. Ein wesentlicher Teil der Mittel werde zur globalen Steuerung des Arbeitsmarkts und damit zur Beschneidung der Freiheitsrechte des Bürgers eingesetzt. Die Förderung sogenannter "Beschäftigungsgesellschaften" und gemeinnütziger Bildungseinrichtungen nütze vor allem den Interessen Dritter und nicht den Interessen der Arbeitslosen und der Arbeitnehmer. Die zu Beginn des Jahres 1994 eingeführten Leistungskürzungen beruhten nicht auf einem Mißverhältnis zwischen Beitragsaufkommen und Versicherungsleistungen, sondern auf den versicherungsfremden Lasten, die auf die BA übertragen worden seien. Die Arbeitslosenhilfe werde entgegen der ständig verbreiteten Behauptung aus den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung und nicht aus dem Steueraufkommen des Bundes finanziert.
Mit diesen Erwägungen kann die vom Kläger angestrebte Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Prüfung der Verfassungswidrigkeit der Beitragspflicht nach dem AFG nicht erreicht werden. An der Verfassungsmäßigkeit des AFG insgesamt hat das BVerfG anläßlich der Überprüfung von Einzelvorschriften bisher nicht gezweifelt (BVerfGE 53, 313 = SozR 4100 § 168 Nr 12; BVerfG SozR 4100 § 168 Nr 21). Das Bundessozialgericht (BSG) hat bereits entschieden, daß die behauptete verfassungswidrige Verwendung von Versicherungsbeiträgen die Verfassungswidrigkeit der Beitragspflicht zur Krankenversicherung nicht zu begründen vermag (BSGE 57, 184 = SozR 2200 § 385 Nr 10). Im Einklang damit ist in der Krankenversicherung die Klage auf Unterlassung bestimmter Ausgaben zugunsten anderer Versicherter als unzulässig behandelt worden, ohne daß dieses gegen die Verfassung verstößt (BSGE 60, 248 = SozR 1500 § 54 Nr 67; BVerfGE 78, 320 = SozR 1500 § 54 Nr 86). Dieselben Grundsätze müssen im Bereich der Arbeitslosenversicherung gelten, so daß auch hier die Beitragspflicht nicht mit der Behauptung angegriffen werden kann, mit dem AFG würden teilweise verfassungswidrige Ziele verfolgt. Die vom Kläger im Zusammenhang mit der Beitragspflicht angesprochenen Leistungskürzungen sind nicht Gegenstand des Rechtsstreits, da die beklagte Einzugsstelle hierüber nicht entschieden hat und nicht zu entscheiden hatte.
Der vom Kläger selbst eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde mangelt es an der gesetzlichen Form. Vor dem BSG müssen sich die Beteiligten nach § 166 Abs 1 SGG von einem der in § 166 Abs 2 SGG genannten Prozeßbevollmächtigten vertreten lassen; nur für Behörden sowie Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts gilt der Vertretungszwang nicht. Die Beschwerde des Klägers ist daher entsprechend § 169 SGG als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen