Verfahrensgang
SG Berlin (Entscheidung vom 24.01.2020; Aktenzeichen S 166 KR 480/19) |
LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 05.08.2022; Aktenzeichen L 28 KR 133/20) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 5. August 2022 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit wendet sich der als Selbstständiger freiwillig krankenversicherte Kläger gegen die Bemessung seiner Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und sozialen Pflegeversicherung unter Berücksichtigung von Mieteinnahmen.
Die beklagte Krankenkasse wies - auch im Namen der Pflegekasse - Widersprüche des Klägers gegen Beitragsfestsetzungsbescheide durch Widerspruchsbescheid vom 11.2.2019 zurück. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 24.1.2020). Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Die bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigende gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit umfasse sämtliche Einkünfte im Sinne des Einkommensteuerrechts (Beschluss vom 5.8.2022).
Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des LSG.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung ist gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG in entsprechender Anwendung von § 169 Satz 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. In der Begründung des Rechtsmittels ist entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht hinreichend dargelegt.
Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (stRspr; vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17; BSG Beschluss vom 28.1.2019 - B 12 KR 94/18 B - juris RdNr 6 mwN).
Der Kläger formuliert folgende Fragen:
"a) Ergibt sich aus der Regelung in § 240 Abs. 1 S. 2 SGB V, dass bei der Berechnung der monatlichen Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung von freiwillig gesetzlich Kranken- und Pflegeversicherten auch deren Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen sind
b) Sofern die erste Frage bejaht wird: Stellt die sich aus § 240 Abs. 1 S. 2 SGB V ergebende Regelung, dass bei freiwillig gesetzlich Kranken- und Pflegeversicherten auch deren Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigen sind, eine ungleiche Behandlung von freiwillig versicherten Selbstständigen gegenüber pflichtversicherten Beschäftigten in der Kranken- und Pflegeversicherung im Sinne des Art. 3 GG unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dar?"
Die Rechtsfragen seien klärungsbedürftig. Sie seien weder vom BSG noch von den Tatsachengerichten der Sozialgerichtsbarkeit entschieden. Der Begriff "gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit" in § 240 Abs 1 Satz 2 SGB V sei so unbestimmt, dass er regelmäßig der Klärung in der Rechtsprechung bedürfe. Im Hinblick auf die Frage, ob hierunter auch Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung fielen, liege noch keine höchstrichterliche Klärung vor.
1. Es kann offenbleiben, ob die Beschwerdebegründung die Darlegungsvoraussetzungen für eine Grundsatzrüge (vgl hierzu exemplarisch BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN) schon deshalb nicht erfüllt, weil darin keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG) mit höherrangigem Recht (BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - juris RdNr 11 mwN) formuliert wird. Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - juris RdNr 11 mwN).
2. Jedenfalls legt der Kläger die Klärungsbedürftigkeit der in den Raum gestellten Fragen nicht hinreichend dar. Die Beschwerdebegründung genügt den Anforderungen nicht, weil sie sich weder mit den Rechtsgrundlagen, ua den Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler, noch hinreichend mit der hierzu ergangenen umfangreichen Rechtsprechung des BSG befasst. Der Kläger benennt zwar einige Entscheidungen des BSG zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der GKV, hält diese aber nicht für einschlägig, weil seiner Meinung nach andere Aspekte im Vordergrund der jeweiligen Entscheidung gestanden hätten. So würden sich zB aus dem Urteil des BSG vom 30.10.2013 (B 12 KR 21/11 R - SozR 4-2500 § 240 Nr 19) keine Anhaltspunkte zur Beantwortung der vorliegenden Fragen ergeben, weil es darin um den Nachweis von Einnahmen gegangen sei und die Entscheidung auch die vom BVerfG in dessen Beschluss vom 15.3.2000 (1 BvL 16/96 ua - BVerfGE 102, 68 = SozR 3-2500 § 5 Nr 42) aufgestellten Grundsätze zur Gleichbehandlung von wirtschaftlich gleich leistungsfähigen Pflichtversicherten und freiwilligen Mitgliedern nicht berücksichtigen würde. Allein mit dem Hinweis darauf, dass vom BSG über die vorliegende Fallkonstellation noch nicht entschieden worden sei, ist nicht dargetan, weshalb sich aus früheren Entscheidungen keine ausreichenden Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage ergeben sollen.
Auch die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Frage ist nicht hinreichend dargetan. Wird mit der Beschwerde die Frage nach einem Grundrechtsverstoß gestellt, hat sie unter Einbeziehung der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung - insbesondere des BVerfG, aber auch des BSG - im Einzelnen aufzuzeigen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll. Dazu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe ihrer jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verfassungsverletzung dargelegt werden. Die Beschwerdebegründung darf sich im Fall einer verfassungsrechtlichen Frage nicht darauf beschränken, die Verfassungswidrigkeit zu behaupten und die als verletzt angesehenen Normen des Grundgesetzes zu benennen (vgl BSG Beschluss vom 30.4.2015 - B 10 EG 17/14 B - juris RdNr 5 mwN; BSG Beschluss vom 24.5.2017 - B 1 KR 79/16 B - juris RdNr 7 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Der Kläger befasst sich ua nicht mit der Rechtsprechung des BVerfG, wonach es nicht gleichheitsrechtlich geboten ist, das Beitragsrecht für Pflichtversicherte und freiwillig Versicherte einheitlich zu regeln (vgl - zu freiwillig versicherten Erwerbstätigen - ua BVerfG Beschluss vom 22.5.2001 - 1 BvL 4/96 - BVerfGE 103, 392 = SozR 3-2500 § 240 Nr 39 und - zu freiwillig versicherten Ruhestandsbeamten, die auch eine Rente beziehen - ua BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 13.12.2002 - 1 BvR 1660/96 - SozR 3-2500 § 248 Nr 6).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI15766796 |