Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 18. Februar 1998 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat dem Beklagten dessen außergerichtliche Kosten für das Beschwerdeverfahren zu erstatten. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde ist nicht begründet. Der als Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) geltend gemachte Verfahrensmangel liegt nicht vor.
Der Kläger rügt, das Berufungsgericht habe zu Unrecht über einen Bescheid des Beklagten vom 20. Oktober 1994 entschieden, mit dem Honorarkürzungen bei Beratungen, Sonderleistungen sowie allgemeinen und speziellen Laboruntersuchungen im Quartal 4/93 aufrechterhalten worden sind. Da sich das Sozialgericht (SG) im Urteil vom 31. Januar 1996 nur mit Honorarkürzungen aus dem Quartal 3/93 befaßt habe, hätte das Landessozialgericht (LSG) über Honorarkürzungen im Quartal 4/93 im Berufungsrechtszug nicht befinden dürfen. Diese Auffassung trifft nicht zu.
Die verfahrensmäßige Situation im Berufungsverfahren war dadurch gekennzeichnet, daß das SG im Tatbestand seines Urteils eine Klageerhebung gegen den Bescheid des Beklagten vom 20. Oktober 1994 betreffend das Quartal 4/93 ausdrücklich erwähnt, alle bei ihm anhängigen Klagen des Klägers gegen Entscheidungen des Beklagten bis einschließlich des Quartals 1/95 miteinander verbunden und darüber einheitlich entschieden hatte. Da das sozialgerichtliche Urteil nicht erkennen ließ, welche konkreten Klageanträge gestellt worden waren, die Abrechnungswerte des Klägers im Quartal 4/93 im Unterschied zu denjenigen in allen anderen streitbefangenen Quartalen allerdings nicht explizit aufgeführt hatte, im Tenor jedoch „die Klagen” insgesamt abgewiesen worden waren, bestanden aus der Sicht der Beteiligten wie des Berufungsgerichts erhebliche Zweifel, was genau Streitgegenstand der im Berufungsrechtszug wieder getrennten Verfahren war.
In dieser Situation hatte der Kläger mit seiner Berufung auch die Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 20. Oktober 1994 beantragt und sich in seiner Berufungsbegründung ausdrücklich mehrfach auch auf das 4. Quartal 1993 bezogen (Bl 97, 102 und 104 der LSG-Akten). Auf seine ausdrückliche Anfrage vom 30. April 1997 (Bl 105 der Akten), ob nach Auffassung des Berufungsgerichts über das 4. Quartal 1993 bereits ein der Durchführung des Berufungsverfahrens zugängliches sozialgerichtliches Urteil vorliege, hat der Berichterstatter des LSG ihm unter genauer Schilderung der verworrenen Verfahrensabläufe mitgeteilt, daß laut dem Tatbestand des angefochtenen Urteils das SG über das Quartal 4/93 nicht ausdrücklich entschieden habe, daß es aber eine Klageerhebung auch für dieses Quartal erwähnt und die Klageschrift versehentlich an einen anderen Verfahrensbeteiligten versandt und nicht – wie es geboten gewesen wäre – mit einem eigenständigen Aktenzeichen versehen habe. Das Schreiben endet mit dem Hinweis, der Senat werde zu entscheiden haben, „wie die vorerwähnten Fehler des Sozialgerichts rechtlich einzuordnen” seien; die Berufung im Verfahren L 12 KA 68/96 betreffe jedenfalls die Quartale 3 und 4/1993 (Bl 107/108 der LSG-Akten).
Wenn das Berufungsgericht in dieser Situation nach Offenlegung aller maßgeblichen Umstände und angemessener Gewährung rechtlichen Gehörs zu der Rechtsauffassung gelangt ist, das SG habe „konkludent” mit der Abweisung der verbundenen Klagen auch über Honorarkürzungen im Quartal 4/93 entschieden, ist das nicht zu beanstanden. Dasselbe gilt für die Entscheidung des LSG, trotz der gravierenden Fehler im sozialgerichtlichen Verfahren ≪fehlerhafte Behandlung des Klageantrags, Entscheidung über eine dem Gericht zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gar nicht vorliegende Klageschrift, fehlende Darstellungen der Abrechnungswerte des Klägers im Quartal 4/93 im Tatbestand des SG-Urteils≫ von der in seinem Ermessen stehenden Möglichkeit der Zurückverweisung an das SG gemäß § 159 Abs 1 SGG keinen Gebrauch zu machen, sondern in der Sache selbst abschließend zu entscheiden.
Das berufungsgerichtliche Ermessen, ob der Rechtsstreit zurückverwiesen oder vom LSG selbst entschieden werden soll, ist auch bei Verfahrensfehlern des SG von erheblichem Gewicht nicht eingeschränkt, wie der Senat für den Sachverhalt der verspäteten Absetzung und Zustellung des sozialgerichtlichen Urteils entschieden hat (BSG SozR 3-1300 § 16 Nr 1 S 2 f). In dem Fall, daß Zweifel bestehen, ob das SG über einen Klageanspruch tatsächlich entschieden hat, ist keine andere Beurteilung angezeigt. Prozeßökonomischen Erwägungen, die bei der Ausübung des Ermessens im Rahmen des § 159 Abs 1 SGG zu beachten sind (vgl BSG aaO), sowie dem Interesse der Beteiligten an einer zeitnahen und endgültigen Erledigung des Rechtsstreits darf auch in dieser Konstellation vom LSG zulässigerweise der Vorrang vor dem mit der berufungsgerichtlichen Sachentscheidung verbundenen Verlust einer Instanz gegeben werden. Das ist insbesondere dann nicht ermessensfehlerhaft, wenn der Berufungsführer dem LSG nicht ausdrücklich zu erkennen gibt, daß er primär an einer – gegebenenfalls erneuten – Entscheidung durch das SG interessiert ist. Solange der Berufungsführer sich nicht in dieser Weise äußert, darf das Berufungsgericht annehmen, eine Sachentscheidung liege auch in dessen Interesse. Hier hat der Kläger erstmals im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde den mit der Entscheidung des LSG zwangsläufig verbundenen Verlust der ersten Instanz für das Quartal 4/93 gerügt. Im Berufungsverfahren hatte er weder ausdrücklich noch konkludent durch eine interessengerechte Antragstellung – etwa die Kombination eines auf Zurückverweisung an das SG gerichteten Hauptantrages mit einem auf sachliche Entscheidung des LSG gerichteten Hilfsantrag – diesbezügliche Bedenken geltend gemacht.
Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen