Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. März 1997 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat der Beigeladenen deren außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Rechtsstreit betrifft die Gewährung von sog Geschiedenen-Witwenrente.
Die Klägerin ist die frühere Ehefrau des am 13. Dezember 1977 verstorbenen Versicherten, deren im Jahre 1957 geschlossene Ehe durch Scheidungsurteil vom 21. Mai 1973 aus dem Alleinverschulden des Versicherten geschieden wurde. Im Jahre 1974 schlossen die geschiedenen Eheleute eine Unterhaltsvereinbarung, wonach der Versicherte an die Klägerin ein Viertel und an die beiden aus der Ehe hervorgegangenen – 1964 bzw 1966 geborenen – Söhne je ein Achtel seines Nettoverdienstes in Höhe von 2.312,15 DM zu zahlen hatte. Der Versicherte war bis zum 30. September 1975 in einem Stahlwerk beschäftigt und bezog ab Oktober 1975 bis zum 25. Juni 1977 Arbeitslosengeld (Alg) bzw Arbeitslosenhilfe (Alhi), anschließend bis zum 23. November 1977 Krankengeld (Krg). Im Oktober 1975 hatte der Versicherte die Beigeladene geheiratet, mit der er eine 1974 geborene Tochter hat. Ab September 1976 nahm die Klägerin eine Beschäftigung in ihrem erlernten Beruf als Metallografin auf, nachdem zuvor ihre Söhne in ein Internat aufgenommen worden waren. Die Beklagte gewährt der Beigeladenen Witwenrente und gewährte den drei Kindern Waisenrente. Den im Jahre 1978 gestellten Antrag der Klägerin auf Geschiedenen-Witwenrente hatte die Beklagte mangels Unterhaltsanspruchs der Klägerin gegen den Versicherten abgelehnt. Die Klage wurde vom Landessozialgericht (LSG) für das Saarland mit Urteil vom 22. April 1986 abgewiesen, die Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundessozialgericht (BSG) blieb erfolglos.
Mit Vollendung des 60. Lebensjahres stellte die Klägerin im Februar 1992 einen neuen Antrag auf Geschiedenen-Witwenrente. Auch damit blieb sie erfolglos (Bescheid der Beklagten vom 14. September 1992; Widerspruchsbescheid vom 8. Dezember 1992; Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ Düsseldorf vom 21. März 1995; Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 13. März 1997). Das LSG hat den Anspruch auf Hinterbliebenenrente nach § 243 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) mit der Begründung verneint, der Versicherte sei der Klägerin im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor seinem Tode nicht zu einem Unterhalt in Höhe von mindestens 25 % des Sozialhilfesatzes verpflichtet gewesen. Den Unterhaltsvergleich hätte er wegen wesentlicher Änderung iS von § 323 Zivilprozeßordnung (ZPO) ändern können, nachdem die Klägerin ab September 1976 eine ihren Unterhaltsbedarf befriedigende Erwerbstätigkeit aufgenommen habe. Zwar sei ihr die Aufnahme dieser Erwerbstätigkeit unterhaltsrechtlich nicht zumutbar gewesen. Daraus könne aber nicht der Schluß gezogen werden, daß die Erträgnisse aus einer tatsächlich verrichteten Erwerbstätigkeit grundsätzlich unberücksichtigt bleiben müßten. Unter Berücksichtigung der maßgeblichen Umstände sei sie vielmehr billigerweise auf die erzielten Einkünfte zu verweisen. Zu keinem für die Klägerin günstigeren Ergebnis käme man bei der Annahme, daß der Versicherte seine Erwerbsobliegenheit schuldhaft verletzt habe und sich nicht darauf berufen könne, lediglich in Höhe der Alhi leistungsfähig zu sein. Auch unter Berücksichtigung eines fiktiven Erwerbseinkommens ergebe sich kein Anspruch der Klägerin auf den Mindestunterhalt.
Die Beschwerdeführerin (Klägerin) beruft sich auf eine Abweichung des LSG vom Urteil des BSG vom 25. November 1970 – 12 RJ 524/68 – (FamRZ 1971, 90), das durch das Urteil des Senats vom 30. September 1996 – 8 RKn 17/95 – bestätigt worden sei. Danach bleibe die geschiedene Ehefrau unterhaltsbedürftig, wenn der frühere Ehegatte sie billigerweise nicht auf die Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit verweisen dürfe, deren Ausübung ihr nicht zuzumuten sei. Hilfsweise – für den Fall, daß eine Abweichung verneint würde – macht die Beschwerdeführerin eine grundsätzliche Bedeutung folgender Rechtsfrage geltend:
„Ist einer grundsätzlich unterhaltsberechtigten alleinerziehenden Mutter von schulpflichtigen Kindern unter 18Jahren die Übernahme einer Erwerbstätigkeit (ganz- oder auch nur halbtags) mit der Maßgabe zumutbar, daß der auf Unterhalt in Anspruch genommene frühere Ehemann sie billigerweise auf erwirkt(e) Einkünfte verweisen könnte und der weiteren Maßgabe, daß der auf Gewährung von Geschiedenenwitwenrente in Anspruch genommene Versicherungsträger eine solche alleinerziehende Mutter auf die durch ihre Erwerbstätigkeit erzielten Einkünfte verweisen könnte?”
Letztlich rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung des § 103 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Ohne die Erhebung des angebotenen Beweises hätte das Gericht nicht annehmen dürfen, daß sich der Versicherte auf Leistungsfähigkeit lediglich in Höhe der Alhi habe berufen können.
Entscheidungsgründe
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist unbegründet.
Die als Zulassungsgrund geltend gemachte Abweichung von der Rechtsprechung des BSG liegt nicht vor. Wie die Beschwerdeführerin zutreffend darlegt, gilt nach ständiger Rechtsprechung des BSG zum Unterhaltsanspruch nach § 58 Ehegesetz (EheG) allgemein, daß die geschiedene Frau trotz Einkünften aus eigener Erwerbstätigkeit unterhaltsbedürftig ist, wenn der auf Unterhalt in Anspruch genommene frühere Ehemann sie billigerweise auf diese Einkünfte nicht verweisen könnte (BSG vom 22. März 1968, SozR Nr 42 zu § 1265 Reichsversicherungsordnung ≪RVO≫; 25. September 1969, SozR Nr 52 zu § 1265 RVO; 25. November 1970 aaO; Senatsurteil vom 30. September 1996 aaO mwN). Daß das LSG hiervon abgewichen sei, wird von der Beschwerde auch nicht geltend gemacht.
Ihr ist indessen nicht darin zu folgen, daß das BSG entschieden habe, eine solche Verweisung auf Einkünfte scheide schon deswegen aus, weil der früheren Ehefrau eine Berufstätigkeit bei zwei zu betreuenden Söhnen von 11 und 13 Lebensjahren nicht zuzumuten sei. Einen solchen Rechtssatz hat das BSG – auch in den Urteilen vom 25. November 1970 und 30. September 1996 aaO – nicht aufgestellt. Ob eine geschiedene Frau trotz eigenen Erwerbseinkommens im Verhältnis zum Versicherten unterhaltsbedürftig ist, weil der Versicherte sie billigerweise nicht auf die betreffenden Erträgnisse verweisen darf, ist dieser Rechtsprechung zufolge nach den gesamten Umständen des jeweiligen Falles zu beurteilen; dabei hat das BSG dem Gedanken der Billigkeit als Voraussetzung der Zumutbarkeit besonders dann Rechnung getragen, wenn die geschiedene Frau aus Not wegen ausgebliebener Unterhaltsleistungen des Versicherten gearbeitet hat (so auch im Fall des Urteils vom 25. November 1970 aaO). Kommt es aber auf alle Umstände des einzelnen Falles an, so schließt dies aus, die Unbilligkeit der Einkommensanrechnung allein daraus abzuleiten, daß die geschiedene Frau berechtigt wäre, sich allein der Sorge und Erziehung ihrer Kinder zu widmen, ohne dabei noch einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Das LSG hat vorliegend festgestellt, daß der Klägerin, „solange sie ihre zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten 11 bzw 13 Jahre alten Söhne zu betreuen hatte, die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit unterhaltsrechtlich nicht zumutbar” gewesen sei (S 10 der Urteilsgründe des LSG). Aus dieser grundsätzlich fehlenden Erwerbsobliegenheit kann nun nach der Rechtsprechung des BSG aber nicht der Schluß auf eine Unbilligkeit der Einkommensanrechnung im konkreten Einzelfall ohne weitere Prüfung gezogen werden. Wenn nämlich – wie im Falle der Klägerin – die minderjährigen Kinder anderweit untergebracht sind, ist die Verweisung auf das erzielte Arbeitseinkommen nicht unbillig (BSG vom 25. September 1969 aaO S Aa 67 unter Hinweis auf BSG vom 31. Mai 1967, BSGE 26, 293 ≪298≫). Soweit der erkennende Senat aaO (5 10 der Entscheidungsgründe) ausgeführt hat: „Jedenfalls im Zeitpunkt der Scheidung waren auf der Grundlage des vom LSG festgestellten Sachverhalts die eigenen Erwerbseinkünfte der Klägerin nicht voll auf ihren Unterhaltsanspruch anzurechnen, weil ihr die tatsächlich ausgeübte Vollzeiterwerbstätigkeit wegen der Betreuung ihres 13-jährigen Sohnes nicht in diesem Umfang unterhaltsrechtlich zumutbar war”, handelt es sich um Ausführungen zu einem – anders als hier liegenden – Einzelfall.
Insoweit wirft die Beschwerde auch keine ungeklärte Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf. Vielmehr ist durch die vorgenannte Rechtsprechung geklärt, daß der auf Unterhalt in Anspruch genommene frühere Ehemann die Frau billigerweise auf die Erwerbseinkünfte verweisen kann, wenn ihr dies im Hinblick auf die gesamten Umstände des Falles zuzumuten ist. Danach können die Versicherungsträger und die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit im allgemeinen davon ausgehen, daß eine Erwerbstätigkeit, der die geschiedene Frau zur Zeit des Todes des Mannes nachgegangen ist, von ihr auch „zumutbar” verrichtet worden ist (vgl Urteile vom 22. März 1968 und 25. September 1969 aaO). Dieser Rechtsprechung liegt die Annahme zugrunde, daß jegliche Erwerbsobliegenheit der sorgeberechtigten unterhaltsbedürftigen Frau entfällt, soweit sie sich selbst der Sorge und Erziehung ihrer Kinder widmet. Wird jedoch in Fällen wie hier eine – überobligatorische – Erwerbstätigkeit tatsächlich wahrgenommen, so stellt sich nach dieser Rechtsprechung des BSG nur noch die Frage, ob und inwieweit eine Verweisung auf das Erwerbseinkommen der Billigkeit entspricht. Auf die aufgrund eigenen Willensentschlusses erlangten Einkünfte hätte der Versicherte die Beschwerdeführerin – entgegen ihrer Beschwerde – durchaus verweisen können, wovon auch das LSG ausgegangen ist. Damit fehlt es an einer Rechtfertigung für eine Hinterbliebenenrente. Daß eine solche Tätigkeit wegen der Notlage aufgrund ausbleibender Unterhaltszahlungen erzwungen und deshalb die Einkommensanrechnung unbillig war, ist eine Frage der Rechtsanwendung im Einzelfall; dieses wird mit der Beschwerde aber auch nicht zur Prüfung gestellt.
Letztlich fehlt es an dem Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann die Nichtzulassungsbeschwerde auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungspflicht) nur gestützt werden, wenn der Verfahrensmangel sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Mit der bloßen Behauptung, eine von ihr beantragte Beweiserhebung sei unterblieben, genügt die Rüge jedoch nicht den gestellten Anforderungen. Es fehlt die Darlegung, warum das LSG nicht mit hinreichenden Gründen dem Antrag nicht gefolgt ist. Das LSG hat ausdrücklich dargelegt, es habe auf eine Beweiserhebung zur Verletzung der Erwerbsobliegenheiten des Versicherten verzichten können. Nach seiner Rechtsauffassung kam es hierauf nämlich nicht an, weil sich ein Unterhaltsanspruch der Beschwerdeführerin auch bei Annahme eines fiktiven Erwerbseinkommens des Versicherten nicht errechnete.
Die Kostenentscheidung beruht – auch hinsichtlich der Beigeladenen (s zum Ermessen des Gerichts bei der Kostenentscheidung nach § 193 SGG: BSG vom 24. Mai 1991, SozR 3-1500 § 193 Nr 2 S 3; vgl § 162 Abs 3 Verwaltungsgerichtsordnung) – auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen