Verfahrensgang
SG Speyer (Entscheidung vom 30.12.2015; Aktenzeichen S 3 AS 1363/17) |
LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 27.11.2018; Aktenzeichen L 3 AS 106/17) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 27. November 2018 - L 3 AS 106/17 - wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 SGG).
Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das LSG in der Sache richtig entschieden hat, ist nicht zulässig. Keinen der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe hat die Klägerin in der Begründung der Beschwerde schlüssig dargelegt oder bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) erfordert die Formulierung einer bestimmten abstrakten Rechtsfrage, der in dem Rechtsstreit eine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beigemessen wird (vgl BSG vom 22.8.1975 - 11 BA 8/75 - BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11). Die abstrakte Rechtsfrage ist klar zu formulieren, um an ihr die weiteren Voraussetzungen für die Revisionszulassung prüfen zu können (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX. Kap, RdNr 181). Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn zu erwarten ist, dass die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestand erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird. Daher ist aufzuzeigen, ob und inwieweit zu der aufgeworfenen Frage bereits Rechtsgrundsätze herausgearbeitet sind und in welchem Rahmen noch eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung derselben durch das Revisionsgericht zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erforderlich erscheint (vgl Krasney/Udsching, aaO, IX. Kap, RdNr 65 f). Es ist aufzuzeigen, dass die Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und die Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (vgl BSG vom 16.12.1993 - 7 BAr 126/93 - SozR 3-1500 § 160a Nr 16 S 27). Hierfür ist eine Auseinandersetzung mit den einschlägigen oberstgerichtlichen Entscheidungen ebenso erforderlich wie die Darlegung, dass sich aus diesen keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage ergeben (vgl BSG vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8).
Die Klägerin formuliert in ihrer Beschwerdebegründung bereits keine abstrakt-generelle Rechtsfrage - zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl § 162 SGG) mit höherrangigem Recht (vgl BSG vom 5.11.2008 - B 6 KA 24/07 B - RdNr 7; BSG vom 6.4.2010 - B 5 R 8/10 B - RdNr 10; BSG vom 21.7.2010 - B 5 R 154/10 B - RdNr 10). Auch darüber hinaus ist eine grundsätzliche Bedeutung nicht hinreichend dargelegt: Wer sich - wie die Klägerin - auf die Verfassungswidrigkeit gesetzlicher Regelungen beruft, darf sich nicht auf die Benennung des angeblich verletzten Rechts - hier das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG) - beschränken, sondern muss unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG darlegen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll. Hierzu muss er den Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufzeigen, die Sachgründe ihrer jeweiligen Ausgestaltung erörtern und die Verletzung der konkreten Regelung des GG darlegen (vgl nur BSG vom 24.5.2017 - B 1 KR 79/16 B - RdNr 7 mwN). Hieran fehlt es.
Auch ein Verfahrensmangel ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen, auf dem iS des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann. Soweit die Klägerin rügt, das Urteil sei ausweislich der beglaubigten Abschrift des Protokolls/des Urteils nicht von den drei Berufsrichtern unterschrieben, verkennt sie, dass das Protokoll von dem Vorsitzenden und von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben ist (§ 122 SGG iVm § 163 Abs 1 Satz 1 ZPO) und setzt sie sich nicht mit der Möglichkeit auseinander, im Verhinderungsfall beim Urteil Unterschriften zu ersetzen (§ 153 Abs 3 Satz 2 SGG).
Soweit die Klägerin zudem als verfahrensfehlerhaft rügt, das SG habe - von ihr erfolglos angefochten - die Verbindung mehrerer gleichgelagerter Verfahren angeordnet und das LSG habe die Verbindung ermessensfehlerhaft wieder aufgehoben (§ 113 SGG), hat sie eine Verfahrensrüge schon deshalb nicht zulässig erhoben, weil Beschlüsse des SG über Verbindung und Trennung von Verfahren nicht mit der Beschwerde angefochten werden können (§ 172 Abs 2 SGG) und die Entscheidung des LSG, die Verfahren (wieder) zu trennen, ebenfalls unanfechtbar war (§ 177 SGG). Ein - mit der Nichtzulassungsbeschwerde rügbarer - Verfahrensmangel kann in einer Verbindung oder Trennung nur dann liegen, wenn sie willkürlich erfolgte und weitere Voraussetzungen erfüllt sind (hierzu BSG vom 25.2.2010 - B 11 AL 114/09 B - RdNr 4 mwN). Hierfür ist auf der Grundlage der Beschwerdebegründung nichts ersichtlich.
Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang eine Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG iVm § 62 SGG) mit der Begründung rügt, das LSG habe ihren Vortrag nicht berücksichtigt, ist ein Verfahrensmangel ebenfalls nicht hinreichend aufgezeigt. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das entscheidende Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, vermittelt aber keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lassen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Die Gerichte brauchen nicht jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden, weshalb sich eine Gehörsverletzung insoweit nur aus den besonderen Umständen des Falls ergeben kann (stRspr; vgl zu allem nur BVerfG vom 8.7.1997 - 1 BvR 1621/94 - BVerfGE 96, 205, 216 f mwN).
Vor diesem Hintergrund hat die Klägerin eine Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht hinreichend dargelegt. Soweit sie rügt, das LSG habe auf ihren Vortrag nur pauschal Bezug genommen, ohne auf einzelne Argumente einzugehen, ergibt sich hieraus gerade nicht, dass das LSG ihren Vortrag nicht zur Kenntnis genommen und nicht in Erwägung gezogen hat. Soweit sie als Beispiel für übergangenen Vortrag ihre Ausführungen nennt, weshalb im Rahmen des § 22 SGB II die Tabellenwerte des § 8 WoGG zuzüglich eines Zuschlags nicht herangezogen werden dürften, wendet sie sich nur gegen den Inhalt der angegriffenen Entscheidung und gegen die sie tragenden rechtlichen Erwägungen, zeigt aber keine Gehörsverletzung auf.
Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13729582 |