Verfahrensgang
SG Stuttgart (Entscheidung vom 30.06.2017; Aktenzeichen S 27 SB 3020/16) |
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 08.10.2018; Aktenzeichen L 8 SB 2846/17) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 8. Oktober 2018 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin M, M, zu gewähren, wird abgelehnt.
Gründe
I
Mit Urteil vom 8.10.2018 hat das LSG wie vor ihm das SG und der Beklagte einen Anspruch des Klägers auf Neufeststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) als 40 verneint. Die beim Kläger vorliegenden Funktionsbehinderungen rechtfertigten in ihrer Gesamtschau und unter Berücksichtigung ihrer Auswirkung auf die Teilhabefähigkeit keinen höheren GdB.
Der Kläger hat durch seine Prozessbevollmächtigte einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde gestellt. Das Urteil leide an einem Begründungsmangel, zudem habe das LSG seine Aufklärungspflicht verletzt.
II
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH und Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten ist abzulehnen. Nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 114 Abs 1 S 1, 121 Abs 1 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn - ua - die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt es.
Die Sache bietet keine Hinweise für eine über den Einzelfall des Klägers hinausgehende, grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Der Sachverhalt wirft keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass das LSG entscheidungstragend von der Rechtsprechung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abgewichen sein könnte (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 2 SGG).
Schließlich fehlt ein ausreichender Anhalt dafür, dass der Kläger einen die Revisionszulassung rechtfertigenden Verfahrensfehler des LSG bezeichnen könnte (Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 S 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Entsprechende Verfahrensmängel lassen sich weder dem PKH-Antrag des Klägers noch den Verfahrensakten entnehmen.
Soweit der Kläger meint, das Urteil sei entgegen § 136 Abs 1 Nr 6 SGG nicht mit Gründen versehen, ist dafür nichts ersichtlich. Einem Urteil fehlen nicht schon dann ausreichende Entscheidungsgründe, wenn das Gericht sich unter Beschränkung auf den Gegenstand der Entscheidung kurz fasst und nicht jeden Gesichtspunkt, der erwähnt werden könnte, behandelt, es sei denn, es können ihm hinreichende Gründe objektiv nicht entnommen werden (BSG Beschluss vom 8.12.2016 - B 2 U 123/16 B - SozR 4-1920 § 52 Nr 17 RdNr 6; BSG Beschluss vom 14.2.2006 - B 9a SB 22/05 B - Juris RdNr 12). Insbesondere widersprüchlichen oder unerheblichen Vortrag der Beteiligten braucht das Gericht nicht stets eigens abzuhandeln.
Insoweit erschließt sich trotz des Vortrags seiner Prozessbevollmächtigten nicht, welches entscheidungserhebliche Vorbringen des Klägers das LSG in den Urteilsgründen entgegen § 136 Abs 1 Nr 6 SGG übergangen haben sollte. Das LSG hatte über den Anspruch des Klägers auf einen höheren GdB als 40 zu entscheiden. Soweit der Kläger dem LSG vorwirft, es habe sich nicht zu seinen in der mündlichen Verhandlung geäußerten anderslautenden Begehren geäußert, erschließt sich nicht, um welche im Rahmen des Streitgegenstands erheblichen Ansprüche es sich gehandelt haben könnte. Die vom Protokoll wiedergegebenen Aussagen des Klägers erscheinen insoweit in sich widersprüchlich. Sie lassen keinen sinnvollen Zusammenhang zum Verfahren um einen höheren GdB erkennen.
In diesem Zusammenhang liegt es auch fern, dass das LSG durch den von ihm zugrunde gelegten Antrag des Klägers gegen § 123 SGG verstoßen haben könnte. Nach dieser Vorschrift entscheidet das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein (vgl Senatsurteil vom 14.6.2018 - B 9 SB 2/16 R - SozR 4-1500 § 92 Nr 4 RdNr 11 f, 17 mwN). Das LSG hat als Berufungsantrag des Klägers angenommen, den Beklagten unter Aufhebung seiner Bescheide und des entgegenstehenden SG-Urteils zur Feststellung eines höheren GdB zu verpflichten. Eine solche zulässige kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs 1 S 1 SGG(vgl Senatsurteil vom 17.4.2013 - B 9 SB 3/12 R - Juris RdNr 24 mwN) entsprach dem Begehren des Klägers, wie er es in seiner zur Niederschrift der Geschäftsstelle erhobenen Klage zum SG ausdrücklich benannt hatte. Seine im Protokoll der mündlichen Berufungsverhandlung enthaltene Aussage, "er wolle etwas anderes", stand ersichtlich nicht im Einklang mit dem zuvor während des gesamten Verfahrens geltend gemachten Anspruch auf einen höheren GdB. Zudem hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung gleichzeitig angegeben, er "wolle den Antrag, den er gestellt habe". In seinem wohlverstandenen Interesse durfte das LSG diese Unklarheit zugunsten eines zulässigen Klageantrags auflösen.
Ebenso wenig ersichtlich ist die behauptete mangelnde Sachaufklärung durch das LSG (§ 103 SGG). Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann ein Verfahrensmangel auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Soll demnach ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht gerügt werden (§ 103 SGG), so muss dafür ein für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbarer, bis zuletzt aufrechterhaltener Beweisantrag bezeichnet werden, dem das LSG nicht gefolgt ist. Da § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG einen Beweisantrag ohne jede Einschränkung voraussetzt, muss auch ein unvertretener Beteiligter zumindest sinngemäß einen hinreichend konkreten Beweisantrag stellen. Dafür muss er dem Berufungsgericht auch noch am Ende des Verfahrens jedenfalls laienhaft aufzeigen, welche konkreten Punkte er weiter für aufklärungsbedürftig hält und auf welche Beweismittel zurückgegriffen werden soll, um den Sachverhalt weiter aufzuklären (vgl BSG Beschluss vom 22.7.2010 - B 13 R 585/09 B - Juris RdNr 11 mwN).
Für einen solchen zumindest sinngemäß gestellten, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung aufrechterhaltenen Beweisantrag ist nichts ersichtlich. Der Kläger kritisiert mit seinem PKH-Antrag lediglich pauschal die Ermittlungen des LSG als unzureichend, ohne einen Beweisantrag zu bezeichnen.
Fundstellen
Dokument-Index HI13287154 |