Verfahrensgang
SG Augsburg (Entscheidung vom 15.10.2019; Aktenzeichen S 14 VS 3/17) |
Bayerisches LSG (Urteil vom 11.01.2022; Aktenzeichen L 15 VS 10/19) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 11. Januar 2022 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
In dem der Beschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten - soweit dies der Beschwerdebegründung zu entnehmen ist - über die Höhe des Grades der Schädigungsfolgen (GdS) wegen der Folgen einer Lungentuberkulose. Das LSG hat mit Urteil vom 11.1.2022 einen Anspruch des Klägers auf Feststellung eines GdS von 50 verneint.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt und mit einer Verletzung des Amtsermittlungsprinzips (§ 103 SGG) sowie der richterlichen Hinweispflicht begründet.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung genügt nicht der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Form. Der Kläger hat den von ihm allein geltend gemachten Zulassungsgrund einer Verletzung des Amtsermittlungsprinzips durch das LSG nicht in der danach vorgeschriebenen Weise bezeichnet.
Die Geltendmachung eines Verfahrensmangels wegen Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsprinzip) kann gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG nur darauf gestützt werden, dass das LSG einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Zudem kann ein - wie hier - in der Berufungsinstanz rechtsanwaltlich vertretener Beteiligter nur dann mit der Rüge des Übergehens eines Beweisantrags gehört werden, wenn er diesen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten hat oder das Gericht den Beweisantrag in seiner Entscheidung wiedergibt (stRspr; zB BSG Beschluss vom 25.9.2017 - B 9 SB 51/17 B - juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11). Wird ein Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entschieden, tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt der Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs 2 SGG(stRspr; zB BSG Beschluss vom 20.2.2018 - B 10 LW 3/17 B - juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 1.9.1999 - B 9 V 42/99 B - SozR 3-1500 § 124 Nr 3 - juris RdNr 5) .
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung des Klägers schon deshalb nicht, weil er nicht dartut, dass das LSG die vermeintlichen Beweisanträge aus den Schriftsätzen vom 9.4.2020 und 28.10.2020 im Urteil erwähnt hätte, und gleichzeitig ausdrücklich einräumt, diese Beweisanträge in der Verhandlung am 6.12.2021 nicht gestellt zu haben. Die Behauptung eines sich "aus dem Gesamtzusammenhang" ergebenden Aufrechterhaltens von Beweisanträgen trotz Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung genügt gerade nicht den nach der vorstehend zitierten Rechtsprechung geltenden Erfordernissen. Im Übrigen gilt, dass die Einschränkungen des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG für die Geltendmachung eines Verfahrensmangels wegen Verletzung des § 103 SGG auch nicht durch die Berufung auf die vermeintliche Verletzung anderer prozessualer Normen umgangen werden können (vgl BSG Beschluss vom 6.4.2017 - B 9 V 89/16 B - juris RdNr 12; BSG Beschluss vom 18.5.2016 - B 5 RS 10/16 B - juris RdNr 8 mwN). Unbeachtlich ist die Rüge einer Verletzung der richterlichen Hinweispflicht aber auch deshalb, weil der Kläger sie erstmalig mit Schriftsatz vom 4.7.2022 und somit nach Ablauf der Frist zur Beschwerdebegründung am 29.4.2022 erhoben hat.
Darüber hinaus werden die gerügten Verfahrensmängel schon deshalb nicht hinreichend bezeichnet, weil es an einer nachvollziehbaren Darstellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts fehlt. Zwar hat der Kläger Angaben zum Inhalt während des Verfahrens eingeholter Gutachten gemacht und dargestellt, weshalb sich seiner Meinung nach die Notwendigkeit einer weiteren umfassenderen Begutachtung ergibt. Demgegenüber ist aber schon der Streitgegenstand nur aus dem Gesamtzusammenhang der Beschwerdebegründung und nur ungenau bestimmbar. Zudem fehlt es an einer zumindest knappen Darstellung der geltend gemachten Ansprüche sowie des Gangs des Verwaltungs- und Gerichtsverfahrens. Ausführungen hierzu sind jedoch für die Zulässigkeit der Beschwerde unerlässlich, denn ein Verfahrensmangel wird nur dann im Sinne des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG hinreichend bezeichnet, wenn der Beschwerdeführer diesen hinsichtlich aller ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen darlegt, sodass das Beschwerdegericht allein anhand dieser Begründung darüber befinden kann, ob die angegriffene Entscheidung des LSG möglicherweise auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruht (vgl stRspr; zB BSG Beschluss vom 7.5.2020 - B 9 SB 8/20 B - juris RdNr 5 mwN). Demgegenüber ist es nicht Aufgabe des Senats, sich den maßgeblichen Sachverhalt aus den Akten oder der angegriffenen Entscheidung des LSG herauszusuchen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 28.9.2021 - B 9 SB 12/21 B - juris RdNr 5 mwN).
Dass der Kläger die Entscheidung des LSG inhaltlich für unrichtig hält, kann als solches nicht zur Zulassung der Revision führen (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 28.10.2020 - B 10 EG 1/20 BH - juris RdNr 11; BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Kaltenstein Othmer Ch. Mecke
Fundstellen
Dokument-Index HI15365103 |