Verfahrensgang
SG Berlin (Entscheidung vom 29.08.2016; Aktenzeichen S 132 SB 1836/13) |
LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 13.05.2019; Aktenzeichen L 13 SB 233/16) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 13. Mai 2019 (richtig: 13. Juni 2019) wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger begehrt in der Hauptsache im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens für den Zeitraum vom 28.1.2011 bis 13.9.2012 die Feststellung eines Grades der Behinderung von 100 und des Vorliegens der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen G. Den geltend gemachten Anspruch hat das LSG verneint. Weiterer Ermittlungsbedarf ergebe sich insbesondere nicht aus den vom Kläger vorgelegten Unterlagen. Sie reichten über die mit dem Sachverständigengutachten vermittelten Erkenntnisse für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht hinaus und belegten sogar eine Verbesserung der vom Kläger geltend gemachten Beinschmerzen (Urteil vom 13.5.2019, richtig: 13.6.2019).
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung am 13.6.2019 ergangenen Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er macht den Verfahrensmangel der mangelnden Sachaufklärung geltend.
II
Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Seine Begründung vom 2.9.2019 genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht in der hierfür erforderlichen Weise bezeichnet worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
Der Kläger hat als zwingende Grundvoraussetzung für die ordnungsgemäße Darlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde bereits den Sachverhalt, der dem angefochtenen Urteil des LSG zugrunde liegt, nicht hinreichend mitgeteilt. Seinen Schilderungen können allenfalls Fragmente der entscheidungserheblichen Tatsachen entnommen werden. Eine verständliche Schilderung des Sachverhalts auf der Grundlage der Feststellungen des LSG gehört jedoch zu den Mindestanforderungen an die Darlegung bzw Bezeichnung eines Revisionszulassungsgrundes; denn es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, sich im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens die maßgeblichen Tatsachen aus der angegriffenen LSG-Entscheidung selbst herauszusuchen (stRspr, zB Senatsbeschluss vom 8.11.2018 - B 9 V 29/18 B - juris RdNr 5 mwN).
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde - wie vorliegend - darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen deshalb zur Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Die Geltendmachung eines Verfahrensmangels wegen Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsprinzip) kann gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 letzter Teilsatz SGG nur darauf gestützt werden, dass das LSG einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Wird - wie vorliegend - ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) gerügt, muss die Beschwerdebegründung hierzu folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren und bis zuletzt aufrechterhaltenen Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zur weiteren Sachaufklärung drängen müssen, (3) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf einer angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme von seinem Standpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (zum Ganzen s Senatsbeschluss vom 20.2.2019 - B 9 SB 67/18 B - juris RdNr 6 mwN). Auch diese besonderen Darlegungsanforderungen an eine Sachaufklärungsrüge erfüllt der Beschwerdevortrag des Klägers nicht.
Ein - wie hier - in der Berufungsinstanz rechtsanwaltlich vertretener Beteiligter kann nur dann mit der Rüge des Übergehens eines Beweisantrags gehört werden, wenn er diesen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten hat oder das Gericht den Beweisantrag in seinem Urteil wiedergibt (stRspr, zB BSG Beschluss vom 5.2.2015 - B 13 R 372/14 B - juris RdNr 10). Denn nur dann hätte nach Sinn und Zweck des § 160 Abs 2 Nr 3 letzter Teilsatz SGG ein Beweisantrag die Warnfunktion dahingehend erfüllt, dass ein Beteiligter die Sachaufklärungspflicht des Gerichts (§ 103 SGG) noch nicht als erfüllt ansieht (BSG Beschluss vom 5.2.2015 aaO). Wird ein Rechtsstreit - wie vorliegend - ohne mündliche Verhandlung entschieden, tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt der Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs 2 SGG(stRspr, zB BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11; BSG Beschluss vom 7.2.2017 - B 13 R 379/16 B - juris RdNr 7; Senatsbeschluss vom 1.9.1999 - B 9 V 42/99 B - SozR 3-1500 § 124 Nr 3 S 4 f) .
In der Beschwerdebegründung wird vom Kläger jedoch schon nicht dargelegt, dass ein im Berufungsverfahren prozessordnungsgemäß gestellter Beweisantrag (zu den Anforderungen an die Bezeichnung eines prozessordnungsgemäßen Beweisantrags iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG iVm § 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 403 ZPO s Senatsbeschluss vom 26.3.2019 - B 9 V 51/18 B - juris RdNr 9 mwN) auch bei der Erklärung seines Einverständnisses mit einer Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil ohne mündliche Verhandlung noch weiter aufrechterhalten worden ist. Denn nur dann kann - wie ausgeführt - ein Beweisantrag seine Warnfunktion dahingehend erfüllen, dass dem LSG verdeutlicht wird, ein Beteiligter sehe die Sachaufklärungspflicht des Gerichts noch nicht als erfüllt an.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13500507 |