Verfahrensgang
SG Konstanz (Entscheidung vom 30.07.2020; Aktenzeichen S 6 U 1151/20) |
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 16.09.2021; Aktenzeichen L 6 U 207/21) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16. September 2021 wird als unzulässig verworfen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auf 5000 Euro festgesetzt.
Gründe
I
Die Beklagte veranlagte das Unternehmen der Klägerin ab dem 1.1.2019 zu der Gefahrklasse 3,07 der Tarifstelle 05 (Unternehmenszweig: "Verarbeitung von leichten Blechen bis 5 mm Stärke [stanzen, schneiden, umformen]") ihres Gefahrtarifs 2019 (Bescheid vom 29.10.2018 und Widerspruchsbescheid vom 27.5.2020). Mit der Klage hat die Klägerin begehrt, ihr Unternehmen zur Gefahrklasse 0,88 der Tarifstelle 04 (Unternehmenszweig: "Herstellung von vollständigen technischen Systemen aus mehreren Bauelementen unterschiedlicher Bereiche wie Mechanik, Elektrik, Elektronik und Fluidtechnik in Serie für Produkte" der Tarifstelle 04) zu veranlagen, hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, es unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu veranlagen. Unter Klageabweisung im Übrigen hat das SG die Bescheide aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die Gefahrklasse gesondert gemäß Teil II Nr 2 des Gefahrtarifs 2019 für das klägerische Unternehmen festzusetzen, weil sein Unternehmenszweig in Teil III des Gefahrtarifs nicht aufgeführt sei (Urteil vom 16.12.2020). In Ausführung dieses Urteils hat die Beklagte das Unternehmen der Klägerin daraufhin nach der Tarifstelle 01 "Sonstige Betriebe" weiterhin zur Gefahrklasse 3,07 veranlagt und ergänzend ausgeführt, dass diese Entscheidung automatisch gegenstandslos werde und keiner eigenständigen Aufhebung bedürfe, sollte das erstinstanzliche Urteil keinen Bestand haben (Bescheid vom 12.3.2021). Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das erstinstanzliche Urteil aufgehoben (Urteil vom 16.9.2021).
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde zum BSG eingelegt. In der Beschwerdebegründung macht sie die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht formgerecht begründet ist (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG). Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) ist entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG nicht hinreichend dargelegt.
Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (BSG Beschlüsse vom 23.3.2022 - B 2 U 197/21 B, vom 30.7.2019 - B 2 U 239/18 B - juris RdNr 2; vom 7.3.2017 - B 2 U 140/16 B - SozR 4-1920 § 52 Nr 18 RdNr 5 und vom 30.8.2016 - B 2 U 40/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 12 RdNr 5; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Anforderungen vgl zB BVerfG vom 14.4.2010 - 1 BvR 2856/07 - SozR 4-1500 § 160a Nr 24).
Die Klägerin hält folgende Fragen für grundsätzlich bedeutsam:
1. "Kann die Veranlagung eines Unternehmens gemäß § 159 Abs. 1 SGB VII nach dem Gefahrtarif zu einer Gefahrengemeinschaft und damit einer Gefahrklasse erfolgen, wenn sich das Unternehmen nach dem Wortlaut der Gewerbezweigbezeichnungen dieser Gefahrgemeinschaft und damit dieser Gefahrklasse nicht zuordnen lässt (Zuordnung trotz Überschreitung der Wortlautgrenze)?" (Bl 6/7 der Beschwerdebegründung)
2. "Sind die tatbestandlichen Grenzen der Bildung von Gefahrengemeinschaften nach Gefährdungsrisiken (§ 157 Abs. 2 S. 1 SGB VII - Gebot zur Schaffung enger Gefahrengemeinschaften) überschritten, wenn innerhalb einer geschaffenen Gefahrengemeinschaft das Gefährdungsrisiko des am geringsten gefährdeten Gewerbezweigs um mehr als 12 Prozent und das Gefährdungsrisiko der am stärksten gefährdeten Gewerbezweige und mehr als 22 Prozent von dem durchschnittlichen Gefährdungsrisiko der Gefahrengemeinschaft abweicht?" (Bl 9 der Beschwerdebegründung)
3. "a) Ist bei der Beurteilung der Frage, ob bei der mit der Bildung eines Gefahrtarifs zugunsten einer Massenverwaltung einhergehenden Typisierung auftretenden Härte für ein Mitgliedsunternehmen das Maß des Zumutbaren überschritten ist, das Verhältnis der Beitragslast zu der von dem betroffenen Unternehmen bezahlten Bruttolohnsumme maßgeblich? Falls diese bejaht wird:
b) Spricht die auf Grund von erwarteten niedrigeren Bruttolohnsummen vorgenommene Anpassung der Vorauszahlung in diesem Fall gegen die Annahme einer Überschreitung des Maß des Zumutbaren einer auftretenden Härte für ein Unternehmen?" (Bl 12 der Beschwerdebegründung)
4. "Besteht auf Grund der gesetzlich beschränkten Geltungsdauer eines Gefahrtarifs (§ 157 Abs. 5 SGB VII) keinerlei Vertrauensschutz für künftige Regelungen?" (Bl 15 der Beschwerdebegründung)
Damit ist die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dargetan. Dass und inwiefern die erste Frage zur Überschreitung der Wortlautgrenze im Rahmen der Auslegung klärungsbedürftig sein könnte, zeigt die Beschwerdebegründung nicht schlüssig auf. Die Klägerin lässt insofern unbeachtet, dass eine Rechtsfrage auch dann höchstrichterlich geklärt ist, wenn das Revisionsgericht sie zwar in der konkreten Fallgestaltung noch nicht ausdrücklich entschieden hat, aber bereits eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG Beschluss vom 7.3.2017 - B 2 U 140/16 B - SozR 4-1920 § 52 Nr 18 RdNr 8; BSG Beschlüsse vom 6.5.2021 - B 3 KR 69/20 B - juris RdNr 8; vom 8.2.2017 - B 13 R 294/16 B - NZS 2017, 789 RdNr 4 und grundlegend vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17). Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG bzw des BVerfG sowie ggf der einschlägigen Rechtsprechung aller obersten Bundesgerichte zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass zu dem angesprochenen Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet ist (BSG Beschlüsse vom 8.4.2020 - B 13 R 25/19 B - juris RdNr 10; vom 13.12.2019 - B 5 R 26/19 B - juris RdNr 9 und vom 25.10.2016 - B 9 V 43/16 B - juris RdNr 6). Daran fehlt es. Die Beschwerdebegründung geht beispielsweise nicht auf das Senatsurteil vom 8.5.2007 (B 2 U 10/06 R - BSGE 98, 219 = SozR 4-2700 § 129 Nr 2, RdNr 30) ein, wonach der "mögliche Wortsinn des Gesetzes … die äußerste Grenze zulässiger richterlicher Interpretation" markiere, sodass "sich in der Regel eine Auslegung" verbiete, "die unter Berufung auf die Rechtsentwicklung und die Vorstellungen des historischen Gesetzgebers den durch den Gesetzestext gezogenen Rahmen sprengt". Auch setzt sich der Kläger nicht mit dem Senatsurteil vom 30.1.2020 (B 2 U 19/18 R - BSGE 130, 25 = SozR 4-1300 § 105 Nr 8, RdNr 25 f) auseinander, wonach die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zu einer den "Wortlaut überschreitenden Auslegung" grundsätzlich "nicht befugt" seien, wenn nicht ausnahmsweise ein "anderer Wille des Gesetzgebers" klar erkennbar sei, sodass vorrangig der Wortlaut und nachrangig der Wille des Gesetzgebers (abgestufte) Grenzen der Auslegung bilden (dazu jüngst Krückel, Rechtstheorie 51 ≪2020≫, S 301, 315; grundlegend Looschelders/Roth, Juristische Methodik im Prozess der Rechtsanwendung, 1996, S 68 f). Erst recht erörtert die Beschwerdebegründung nicht die in beiden Senatsentscheidungen zitierte Rechtsprechung des BVerfG (Beschlüsse vom 14.6.2007 - 2 BvR 1447/05, 2 BvR 136/05 - BVerfGE 118, 212, juris RdNr 91; vom 15.10.1996 - 1 BvL 44/92, 1 BvL 48/92 - BVerfGE 95, 64, 93; vom 26.4.1994 - 1 BvR 1299/89, 1 BvL 6/90 - BVerfGE 90, 263, 275 und vom 22.10.1985 - 1 BvL 44/83 - BVerfGE 71, 81, 105). Existieren somit bereits höchstrichterliche Rechtsgrundsätze zur Wortlautgrenze, hätte die Beschwerdebegründung im Einzelnen darlegen müssen, dass sich die aufgeworfene Frage damit nicht beantworten lässt und inwiefern die bereits bestehenden Rechtsgrundsätze für die Entscheidung des Rechtsstreits erweitert, geändert oder ausgestaltet werden müssen (BSG Beschlüsse vom 28.2.2017 - B 5 RS 45/16 B - juris RdNr 8 und - B 5 RS 42/16 B - juris RdNr 8).
Im Rahmen der zweiten Frage zeigt der Beschwerdeführer schon nicht auf, dass das LSG die im Fragetext genannten Tatsachen (angebliche Abweichung vom durchschnittlichen Gefährdungsrisiko des am geringsten gefährdeten Gewerbezweigs um mehr als 12 % und der am stärksten gefährdeten Gewerbezweige um mehr als 22 %) für das BSG bindend (vgl § 163 SGG) festgestellt hat. Dasselbe gilt für die Angabe der Belastungsziffern von 2,6768 und 3,9833 in der Beschwerdebegründung (Seite 9). Schon deshalb kann der Senat nicht prüfen, ob die Frage im beabsichtigten Revisionsverfahren überhaupt entscheidungserheblich (klärungsfähig) wäre.
Die dritte Frage und ihre Folgefrage lassen völlig offen, welche reversible Vorschrift des Bundesrechts (§ 162 SGG) an welcher höherrangigen Norm gemessen werden soll und inwiefern eine Belastung mit Unfallversicherungsbeiträgen iHv 1,6 % der Bruttolohnsumme (Seite 5 der Beschwerdebegründung) als "unzumutbarer Härtefall" gegen das Übermaßverbot verstoßen könnte. Soweit die Beschwerdebegründung (Seiten 11, 13/4), mehrfach behauptet, die Veranlagung führe "zu einer finanziellen, existenzbedrohenden Mehrbelastung der Klägerin von mehr als einer halben Million Euro jährlich", legt sie nicht dar, dass das LSG entsprechende Bilanzkennzahlen oder sonstige Tatsachen bindend festgestellt hat, aus denen auf eine Existenzbedrohung bzw Insolvenzgefährdung der Klägerin oder auf eine erdrosselnde bzw konfiskatorische Wirkung des Beitrags geschlossen werden könnte. Folglich ist die Klärungsfähigkeit der dritten Frage ebenfalls nicht hinreichend dargelegt.
Im Rahmen der vierten Frage räumt die Klägerin selbst ein, dass sie nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats "in der Regel nicht erwarten" könne, "dass sich für zukünftige Veranlagungszeiträume keine Veränderungen ergeben werden" (BSG Urteile vom 11.4.2013 - B 2 U 8/12 R - BSGE 113, 192 = SozR 4-2700 § 157 Nr 5, RdNr 49 und - B 2 U 4/12 R - juris RdNr 49 sowie vom 5.7.2005 - B 2 U 32/03 R - BSGE 95, 47 = SozR 4-2700 § 157 Nr 2, RdNr 42 zum Recht der RVO), weil sich aus der Formulierung "für die Tarifzeit" in § 159 Abs 1 Satz 1 SGB VII "eindeutig" ergebe, "dass alle Veranlagungs-, Herauf- oder Herabsetzungsentscheidungen aufgrund eines bestimmten Gefahrtarifs nur für die Geltungsdauer dieses Gefahrtarifs erfolgen" (BSG Urteil vom 6.5.2003 - B 2 U 7/02 R - SozR 4-2700 § 162 Nr 1 RdNr 20). Inwiefern diese höchstrichterlichen Rechtsgrundsätze zum fehlenden Vertrauensschutz bei der Gefahrtarifumstellung für die Entscheidung des Rechtsstreits erweitert, geändert oder ausgestaltet werden müssen und die vierte Frage deshalb noch klärungsbedürftig sein könnte, erläutert die Beschwerdebegründung nicht. Soweit sie vorträgt (Seiten 16/7 der Beschwerdebegründung), vorliegend bestehe "indes die Besonderheit, dass die angegriffene Veranlagung zu erheblichen, existenzbedrohenden finanziellen Mehrbelastungen" führe, die "nicht absehbar" gewesen seien, legt sie ebenfalls nicht schlüssig dar, dass die Vorinstanz das Vorliegen einer "existenzbedrohenden finanziellen Mehrbelastung" festgestellt hat und die Frage deshalb im angestrebten Revisionsverfahren insoweit klärungsfähig sein könnte.
Die Kostentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.
Der Streitwert für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ist - nach Anhörung der Beteiligten - gemäß § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG iVm § 52 Abs 2, § 47 Abs 1 Satz 1 GKG auf 5000 Euro festzusetzen. Gehört in einem sozialgerichtlichen Verfahren - wie hier - weder die Klägerin noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen, werden gemäß § 197a SGG Kosten nach den Vorschriften des GKG erhoben. Nach § 52 Abs 1 GKG bestimmt sich der Streitwert nach der sich aus dem Antrag der Klägerin ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen. Ein Streitwert von 5000 Euro ist nach § 52 Abs 2 GKG anzunehmen, wenn der Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bietet. Betrifft der Antrag der Klägerin eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs 3 Satz 1 GKG; vgl BSG Beschlüsse vom 5.3.2020 - B 2 U 116/19 B - juris RdNr 4 und grundlegend vom 23.7.2015 - B 2 U 78/15 B - SozR 4-1920 § 52 Nr 16).
Die Klägerin erstrebt mit der Beschwerde die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils und die Veranlagung ihres Unternehmens für die Gefahrtarifperiode ab dem 1.1.2019 nach einer günstigeren Gefahrklasse. In derartigen Fällen bestimmt sich das wirtschaftliche Interesse und damit der Streitwert unter Berücksichtigung der Geltungsdauer des streitigen Gefahrtarifs grundsätzlich nach der Differenz zwischen den mit der festgestellten Veranlagung verbundenen und den aufgrund der erstrebten Veranlagung zu zahlenden Beiträge (grundlegend BSG Urteil vom 11.4.2013 - B 2 U 8/12 R - BSGE 113, 192 = SozR 4-2700 § 157 Nr 5, RdNr 60 und Beschlüsse vom 5.3.2020 - B 2 U 116/19 B - juris RdNr 4 und vom 6.12.2017 - B 2 U 121/17 B - juris RdNr 4). Für die Ermittlung dieser Differenz bietet der Streitstand hier aber ausnahmsweise keine genügenden Anhaltspunkte, weil die Beklagte im ersten Rechtszug verpflichtet worden ist, das Unternehmen der Klägerin gemäß Teil II Nr 2 des Gefahrtarifs 2019 gesondert zu veranlagen. Zwar hat die Beklagte das Unternehmen der Klägerin daraufhin mit (auflösend bedingtem) Ausführungsbescheid vom 12.3.2021 nach der Tarifstelle 01 "Sonstige Betriebe" weiterhin zur Gefahrklasse 3,07 veranlagt, sodass die Beitragsentlastung 0 Euro betragen würde. Dabei handelt es sich aber ersichtlich nicht um die erstrebte günstigere Veranlagung. Sie lässt sich auch nicht (mehr) quantifizieren, nachdem die Klägerin ihren ursprünglichen Hauptantrag, ihr Unternehmen zur Gefahrklasse 0,88 der Tarifstelle 04 zu veranlagen, im Berufungsverfahren nicht mehr weiterverfolgt hat. Für die gesonderte Veranlagung gemäß Teil II Nr 2 des Gefahrtarifs 2019 und den daraus sich ergebenden Beitrag fehlen hinreichende Anhaltspunkte. Folglich ist gemäß § 52 Abs 2 GKG auf den Regelstreitwert iHv 5000 Euro zurückzugreifen.
Soweit das LSG den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 1 660 573,08 Euro und damit - entsprechend dem Senatsbeschluss vom 3.5.2006 (B 2 U 415/05 B - SozR 4-1920 § 52 Nr 4 RdNr 3 f) - auf das Doppelte der vermeintlichen Beitragsdifferenz (iHv angeblich 803 286,54 Euro) festgesetzt hat, übersieht es, dass der Senat diese Rechtsprechung zwischenzeitlich aufgegeben hat (BSG Urteil vom 18.1.2011 - B 2 U 16/10 R - SozR 4-2700 § 123 Nr 2 RdNr 31 und Beschlüsse vom 10.9.2020 - B 2 U 93/20 B - juris RdNr 5; vom 7.11.2017 - B 2 U 125/17 B - juris RdNr 5, vom 7.3.2017 - B 2 U 140/16 B - SozR 4-1920 § 52 Nr 18 RdNr 13; vgl auch Spellbrink/Karmanski, SGb 2021, 543, 550). Denn die Vorschriften des GKG, insbesondere des § 52 GKG, sehen eine solche Berechnung nicht vor.
Roos Hüttmann-Stoll Karmanski
Fundstellen
Dokument-Index HI15274580 |