Verfahrensgang
Sächsisches LSG (Urteil vom 17.11.2017; Aktenzeichen L 9 SB 167/16) |
SG Chemnitz (Entscheidung vom 01.11.2016; Aktenzeichen S 34 SB 415/15) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 17. November 2017 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger begehrt die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB).
Das LSG hat wie vor ihm der Beklagte und das SG einen Anspruch des Klägers auf einen höheren GdB als 40 verneint, weil die bei ihm vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen zutreffend bewertet seien (Urteil vom 17.11.2017).
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde zum BSG eingelegt. Er macht Verfahrensmängel geltend und beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil weder die behaupteten Verfahrensmängel (1.) noch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (2.) ordnungsgemäß dargetan worden sind (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).
1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden.
a) Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel dabei auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Will die Beschwerde demnach - wie hier - einen Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht rügen (§ 103 SGG), muss sie einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen, dem das LSG nicht gefolgt ist. Dafür muss nicht nur die Stellung des Antrags, sondern auch aufgezeigt werden, über welche im Einzelnen bezeichneten Punkte Beweis erhoben werden sollte. Denn Merkmal eines Beweisantrags ist eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des Beweismittels für diese Tatsache (Senatsbeschluss vom 25.9.2017 - B 9 V 30/17 B - Juris RdNr 6 mwN). Dafür ist die behauptete Tatsache möglichst präzise und bestimmt zu behaupten und zumindest hypothetisch zu umreißen, was die Beweisaufnahme ergeben hätte. Nur dies versetzt die Vorinstanz in die Lage, die Entscheidungserheblichkeit des Antrags zu prüfen und gegebenenfalls seine Ablehnung iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ausreichend zu begründen (Senatsbeschluss vom 9.7.2015 - B 9 SB 19/15 B - Juris RdNr 12).
Diese Darlegungen enthält die Beschwerde nicht. Sie erwähnt lediglich allgemein Beweisangebote bzw Beweisanträge des Klägers vor dem SG und dem LSG, zeigt aber nicht substantiiert auf, welchen konkreten Beweisantrag der Kläger wann gestellt und bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem LSG aufrechterhalten hat.
b) Auch eine Verletzung rechtlichen Gehörs durch eine unterbliebene Anhörung der vom SG beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. S. und Prof. Dr. M. hat der Kläger nicht hinreichend dargelegt. Unabhängig von der nach § 411 Abs 3 ZPO im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts stehenden Möglichkeit, das Erscheinen des Sachverständigen zum Termin von Amts wegen anzuordnen, steht den Beteiligten gemäß § 116 S 2 SGG, § 118 Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 397, 402, 411 Abs 4 ZPO grundsätzlich das Recht zu, dem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die sie zur Aufklärung der Sache für dienlich erachten (stRspr; zB Senatsbeschluss vom 29.1.2018 - B 9 V 39/17 B - Juris RdNr 16 mwN). Dabei reicht es aus, die erläuterungsbedürftigen Punkte hinreichend konkret zu bezeichnen (stRspr; zB Senatsbeschluss vom 29.1.2018-aaO; Senatsbeschluss vom 12.10.2017 - B 9 V 32/17 B - Juris RdNr 17), zB auf Lücken oder Widersprüche hinzuweisen. Einwendungen in diesem Sinne sind dem Gericht rechtzeitig mitzuteilen (vgl § 411 Abs 4 ZPO). Eine Form für die Befragung ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, sodass sie sowohl mündlich als auch schriftlich erfolgen kann. Da die Rüge der Verletzung des Rechts auf Befragung eines Sachverständigen letztlich eine Gehörsrüge darstellt, müssen zudem deren Voraussetzungen erfüllt sein. Insbesondere muss der Beschwerdeführer alles getan haben, um eine Anhörung des Sachverständigen zu erreichen (vgl Senatsbeschluss vom 15.5.2017 - B 9 SB 85/16 B - Juris RdNr 7). Dieser Obliegenheit ist ein Beteiligter jedenfalls dann nachgekommen, wenn er rechtzeitig den Antrag gestellt hat, einen Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens anzuhören und er schriftlich Fragen im oben dargelegten Sinne angekündigt hat, die objektiv sachdienlich sind; liegen diese Voraussetzungen vor, muss das Gericht dem Antrag folgen, soweit er aufrechterhalten bleibt (vgl Senatsbeschluss vom 15.5.2017-aaO).
Die Beschwerde thematisiert schon nicht, ob das Fragerecht gegenüber den erstinstanzlichen Sachverständigen vor dem LSG überhaupt noch fortbestanden hat (vgl Senatsbeschluss vom 3.3.1999 - B 9 VJ 1/98 B - Juris RdNr 6). In jedem Fall legt der Kläger nicht dar, ob und wann er beim LSG einen schriftlichen Antrag auf Anhörung der Sachverständigen gestellt und welche objektiv sachdienlichen Fragen er schriftlich angekündigt hätte.
Soweit der Kläger im Übrigen zu begründen versucht, warum ihm ein höherer GdB zustehe, kann dies seiner Nichtzulassungsbeschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung des Berufungsgerichts im Einzelfall ist nicht Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde.
2. Ebenso wenig dargelegt ist eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen Senatsbeschluss vom 30.8.2017 - B 9 SB 28/17 B - Juris RdNr 7 mwN).
Diese Anforderungen verfehlt die Beschwerdebegründung. Sie macht geltend, die Rechtsprechung zum Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten sei für die Opfer von Schädigungen durch in der DDR stationierte sowjetische Truppen von großer Bedeutung. Eine konkrete Rechtsfrage iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG zum Begehren des Klägers auf einen höheren GdB formuliert der Kläger damit nicht.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
3. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11956908 |