Verfahrensgang
Tenor
Der Antrag der Klägerin, ihr für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 17. Januar 2020 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im oben bezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Die Klägerin begehrt in der Hauptsache die Gewährung einer Beschädigtengrundrente bereits für die Zeit ab 1.1.1996 nach einem höheren Grad der Schädigungsfolgen (GdS) als 50 nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) iVm dem Bundesversorgungsgesetz. Diesen Anspruch hat das LSG verneint. Die Klägerin habe weder im erst- noch im zweitinstanzlichen Verfahren ihren Mitwirkungspflichten bzw -obliegenheiten entsprochen, sondern notwendige Ermittlungen vereitelt. Angesichts fehlender Mitwirkung der Klägerin bei der Sachaufklärung sei eine Begutachtung nach Aktenlage erfolgt. Eine Erkrankung, die aus den angeschuldigten Handlungen resultieren könnte, sei nach den Ausführungen der Sachverständigen B-M in ihrem nach Aktenlage erstatteten Gutachten vom 10.10.2019 nicht festzustellen. Da jedoch ohne weitere Ermittlungen weder eine Erkrankung noch eine Tat iS des § 1 OEG feststellbar sei, sei schon die vom Beklagten erfolgte Bewilligung von Leistungen nach einem GdS von 50 ab März 2010 (Antragstellung) unberechtigt gewesen. Deshalb wäre erst recht die mit einer Feststellung eines höheren GdS verbundene Gewährung noch höherer Leistungen oder ein früherer Leistungsbeginn ohne exakte Feststellungen rechtswidrig (Urteil vom 17.1.2020).
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem ihr am 13.5.2020 zugestellten Urteil hat die Klägerin mit von ihr persönlich unterzeichnetem Schreiben vom 15.6.2020 - beim BSG eingegangen per Telefax am selben Tag - (sinngemäß) Beschwerde eingelegt und Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) gestellt. Auf den weiteren Inhalt des vorgenannten Schreibens der Klägerin wird Bezug genommen.
II
1. Der Antrag der Klägerin auf PKH ist abzulehnen.
Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin aufgrund ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse überhaupt die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von PKH erfüllt. Denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Das gegen die angefochtene Berufungsentscheidung allein in Betracht kommende zulässige Rechtsmittel ist die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (§ 160a SGG). Die Revision darf gemäß § 160 Abs 2 SGG nur zugelassen werden, wenn einer der dort abschließend genannten Revisionszulassungsgründe vorliegt. Das ist hier unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin und des weiteren Akteninhalts nicht erkennbar.
Grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) hätte die Rechtssache nur dann, wenn sie eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage mit Breitenwirkung aufwürfe. Eine solche ist jedoch nicht ersichtlich. Rechtsfragen, die allgemeine, über den Einzelfall der Klägerin hinausgehende Bedeutung besitzen, von der angestrebten Entscheidung der Rechtssache im Revisionsverfahren somit erwartet werden kann, dass sie in einer bisher nicht geschehenen, jedoch das Interesse der Allgemeinheit berührenden Weise die Rechtseinheit herstellen, wahren oder sichern oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird, sind nicht ersichtlich.
Des Weiteren ist nicht erkennbar, dass der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) vorliegt. Denn die angefochtene Entscheidung des LSG ist nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung abgewichen.
Es lässt sich auch kein Verfahrensfehler feststellen, der gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Zulassung der Revision führen könnte. Ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) liegt nicht vor. Insbesondere war das LSG berechtigt, die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 17.1.2020 aus dem Sitzungssaal entfernen zu lassen (§ 61 Abs 1 SGG iVm § 177 GVG), nachdem die Klägerin der Anordnung des Vorsitzenden, weitere Beleidigungen und Zwischenrufe zu unterlassen (§ 61 Abs 1 SGG iVm § 176 Abs 1 GVG) keine Folge geleistet hat. Dies ergibt sich aus dem in der mündlichen Verhandlung ergangenen Senatsbeschluss, der ebenso in der Sitzungsniederschrift protokolliert ist wie die Anordnung des Vorsitzenden und die von der Klägerin dagegen begangenen Verstöße (§ 61 Abs 1 SGG iVm § 182 GVG). Auch die vom LSG durchgeführte Begutachtung der Klägerin nach Aktenlage ist nicht zu beanstanden. Das Gericht erforscht den Sachverhalt zwar von Amts wegen (§ 103 Satz 1 Halbsatz 1 SGG). Die Beteiligten sind aber im Rahmen ihrer Mitwirkungslast (§ 103 Satz 1 Halbsatz 2 SGG) gehalten, sich im gerichtlichen Verfahren (zB) ärztlich untersuchen und begutachten zu lassen, soweit ihnen dies zumutbar ist. Nur bei triftigen Gründen kann diese Obliegenheit ausnahmsweise entfallen (vgl B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 103 RdNr 14a mwN). Solche Gründe sind vorliegend aber weder ersichtlich noch von der Klägerin vorgetragen. Schließlich hat das LSG die Klägerin auch darauf hingewiesen, dass bei unterlassener Mitwirkung an der Sachaufklärung sich daraus ergebende Beweisnachteile zu ihren Lasten gehen und inhaltlich gegen sie entschieden werden könne (vgl zu dieser Hinweispflicht der Tatsacheninstanzen: BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 5/09 R - juris RdNr 16 mwN). Soweit die Klägerin eine unzutreffende Rechtsanwendung des LSG in ihrem Einzelfall rügen wollte, kann sie auch insoweit keine Revisionszulassung erreichen (vgl stRspr, zB Senatsbeschluss vom 27.12.2018 - B 9 SB 3/18 BH - juris RdNr 18).
Aufgrund der Ablehnung des PKH-Antrags entfällt zugleich die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
2. Die durch die Klägerin persönlich eingelegte Beschwerde entspricht mangels Vertretung durch einen beim BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 Satz 1 SGG) nicht der gesetzlichen Form und ist deshalb unzulässig.
Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14113902 |