Leitsatz (amtlich)
Prozeßkostenhilfe für ein durch einen Prozeßbevollmächtigten einzulegendes Rechtsmittel (hier: Nichtzulassungsbeschwerde) kann einem Antragsteller, der laufende Leistungen der Sozialhilfe bezieht, nicht bewilligt werden, wenn bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist die in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gestellte Frage nach dem Bestand einer Rechtsschutzversicherung nicht beantwortet ist (Anschluß an BSG 30.4.1982 7 BH 10/82 = SozR 1750 § 117 Nr 3).
Normenkette
SGG § 73a Fassung: 1980-06-13; ZPO § 114 Fassung: 1980-06-13, § 117 Abs 2 Fassung: 1980-06-17
Verfahrensgang
LSG Berlin (Entscheidung vom 15.06.1984; Aktenzeichen L 4 Ar 14/84) |
SG Berlin (Entscheidung vom 10.11.1983; Aktenzeichen S 66 Ar 1313/80) |
Gründe
Prozeßkostenhilfe ist nur zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Sozialgerichtsgesetz -SGG-, § 114 Zivilprozeßordnung - ZPO-). Hieran fehlt es. Der Kläger muß sich vor dem Bundessozialgericht (BSG) durch einen Prozeßbevollmächtigten vertreten lassen (§ 166 SGG). Die von ihm selbst eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist daher unzulässig. Selbst wenn dem Kläger ein vor dem BSG vertretungsberechtigter Prozeßbevollmächtigter beigeordnet würde und dieser die Nichtzulassungsbeschwerde einlegen würde, müßte die Beschwerde wegen Versäumung der einmonatigen Beschwerdefrist (§ 160a Abs 1 Satz 2 SGG) als unzulässig verworfen werden. Die Frist ist nach der am 11. Juli 1984 erfolgten Zustellung des Urteils des Landessozialgerichts gemäß § 64 Abs 3 SGG am 13. August 1984 abgelaufen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könnte dem Kläger nicht gewährt werden.
Einem Beschwerdeführer kann zwar grundsätzlich Wiedereinsetzung gewährt werden, wenn er ohne sein Verschulden infolge von Armut an der Einhaltung der Beschwerdefrist gehindert war. Das gilt jedoch nur, wenn der Beschwerdeführer alles in seinen Kräften Stehende getan hat, um das der rechtzeitigen Einlegung der Beschwerde entgegenstehende Hindernis zu beheben. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die infolge wirtschaftlicher Bedrängnis eingetretene Versäumung der Beschwerdefrist ist nach ständiger Rechtsprechung daher nur zu gewähren, wenn der Beschwerdeführer das Gesuch um Prozeßkostenhilfe und die Erklärung über seine persönlichen und über seine wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) nach § 117 Abs 2 ZPO innerhalb der Beschwerdefrist eingereicht hat, sofern er nicht ohne sein Verschulden auch hieran gehindert war (BGH VersR 1981, 884; BSG SozR 1750 § 117 Nr 1 und 3; vgl BVerfG SozR 1750 § 117 Nr 2). Zwar hat der Kläger rechtzeitig Prozeßkostenhilfe beantragt; innerhalb der Beschwerdefrist hat er jedoch eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in dem Umfange abgegeben, in dem das Gesetz es von ihm erfordert.
Zur Abgabe der Erklärung nach § 117 Abs 2 ZPO muß sich der Beteiligte nach § 117 Abs 4 ZPO des durch die Verordnung vom 24. November 1980 (BGBl I 2163) eingeführten Vordrucks bedienen. Der Kläger hat zwar den Vordruck vorgelegt, er hat dort jedoch lediglich Namen, Anschrift, Beruf und Geburtsjahr eingetragen und das Formular unterschrieben. Damit ist dem Erklärungserfordernis jedoch nicht genügt; denn die im Vordruck gestellten Fragen über die wirtschaftlichen und weiteren persönlichen Verhältnisse hat der Kläger nicht beantwortet.
Es widerspricht dem Anliegen des Gesetzes, wenn ein Antragsteller den Vordruck nur - wie geschehen - ausfüllt. Der Vordruck soll, wie aus § 117 Abs 3 ZPO folgt, das Verfahren vereinfachen und vereinheitlichen. Er soll es zum einen den Antragstellern erleichtern, ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse darzulegen, soweit dies für die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe erforderlich ist (Schuster, Prozeßkostenhilfe, 1980, § 117 ZPO Anm 7). Der Zwang, sich des Vordrucks bedienen zu müssen, dient aber zum anderen auch dazu, die Berechnung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse durch die Gerichte zu erleichtern; denn es war das erklärte Ziel des Gesetzgebers, mit Hilfe des Vordrucks die Mehrbelastung der Gerichte in engen Grenzen zu halten, die nach dem Wegfall der Vorprüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse durch die das Armutszeugnis ausstellenden Behörde bei dem von der Prozeßkostenhilfe abgelösten Armenrecht zu erwarten war (vgl den Bericht der Abgeordneten Dr Langner und Dr Schöfberger, BT Drucks 8/3694, S 17 und 19 f). Die Verwendung des Vordruckes soll im Regelfalle also dazu führen, daß sich das Gericht aufgrund der gemachten Angaben und vorgelegten Belege eine ausreichende Gewißheit über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse verschaffen kann. Dem gesetzgeberischen Anliegen ist daher grundsätzlich nur Genüge getan, wenn alle Erklärungen, welche von dem Antragsteller in dem Vordruck gefordert werden, einschließlich der Versicherung über die Vollständigkeit und Richtigkeit der gemachten Angaben, abgegeben werden. Deshalb tut der Beschwerdeführer nicht alles in seinen Kräften Stehende zur Erlangung der Prozeßkostenhilfe, wenn er nicht einmal die im Vordruck gestellten Fragen beantwortet oder ihre Beantwortung versucht, wie das hier der Fall ist.
Der Kläger war nicht deshalb von der Ausfüllung des Vordrucks befreit, weil er, wie sich aus der von ihm mit dem Antrag auf Prozeßkostenhilfe vorgelegten Fotokopie einer Bescheinigung des Bezirksamtes Steglitz von Berlin entnommen werden kann, laufend Sozialhilfe erhält. Wenn ein Antragsteller vom Sozialamt laufende Leistungen zum Lebensunterhalt bezieht, verzichtet der Vordruck zwar auf Angaben über Angehörige, Einkünfte, Vermögen und Verbindlichkeiten. In einem solchen Falle ist aber der Sozialhilfebezug anzugeben und der letzte Bewilligungsbescheid beizufügen; außerdem sind Angaben darüber zu machen, ob eine Rechtsschutzversicherung besteht bzw daß eine bestehende Rechtsschutzversicherung nicht eintritt. Angaben hierüber lassen sich dem Prozeßkostenhilfeantrag des Klägers nicht entnehmen. Es kann daher offenbleiben, ob die Vorlage der Fotokopie der Bescheinigung des Bezirksamtes das Ankreuzen der entsprechenden Frage im Vordruck erübrigt hat, denn jedenfalls dann, wenn die formlosen, außerhalb des Vordrucks gemachten Angaben nicht den Erklärungen entsprechen, die der Vordruck fordert, können solche Angaben die Ausfüllung des Vordrucks nicht ersetzen (vgl BSG SozR 1750 § 117 Nr 3).
Dem Kläger muß daher schon wegen der mangelhaften Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe versagt werden, ohne daß es einer Prüfung bedarf, ob die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen für die Prozeßkostenhilfe gegeben sind.
Die von dem Kläger selbst eingelegte Beschwerde entspricht, wie ausgeführt, nicht den Vorschriften des § 166 SGG. Der Kläger kann eine Prozeßhandlung vor dem Bundessozialgericht rechtswirksam nicht selbst vornehmen, folglich auch nicht selbst Beschwerde einlegen. Schon die Beschwerdeschrift muß von einem nach § 166 Abs 2 SGG zugelassenen Prozeßbevollmächtigten unterzeichnet sein.
Die Beschwerde muß deshalb in entsprechender Anwendung des § 169 SGG als unzulässig verworfen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen