Verfahrensgang
SG Potsdam (Entscheidung vom 03.07.2019; Aktenzeichen S 39 R 351/15) |
LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 23.09.2021; Aktenzeichen L 17 R 595/19) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 23. September 2021 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligen haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Beklagte lehnte den im Januar 2015 gestellten Rentenantrag des 1963 geborenen Klägers mit Bescheid vom 11.5.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.7.2015 ab, nachdem sie ein Gutachten der Fachärztin für Psychotherapie/Verhaltenstherapie und Sozialmedizin S eingeholt hatte. Das SG hat Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte sowie ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie L vom 28.7.2017 eingeholt. Im Einklang mit dem Gutachten der Beklagten könne der Kläger danach leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie W ein weiteres Gutachten erstellt und ein Leistungsvermögen im Umfang von drei bis unter sechs Stunden täglich festgestellt. Das SG hat der Klage unter Verweis auf das Gutachten des W und der Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarkts stattgegeben (Urteil vom 3.7.2019). Das LSG hat eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen L vom 18.1.2021 eingeholt, in der dieser bei seiner Einschätzung eines vollschichtigen Leistungsvermögens verbleibt. Ferner hat das LSG einen aktuellen Befundbericht der Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie G vom 17.4.2021 eingeholt. Hiernach befand sich der Kläger zuletzt vor sechs Jahren bei ihr in Behandlung. Das LSG hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SGs aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 23.9.2021). Das Gericht folge den überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen L. Der Sachverständige habe die Widersprüche zu den vom Sachverständigen W beschriebenen Diagnosen schlüssig und nachvollziehbar dargelegt. Das Gutachten des Sachverständigen W vermöge den Senat nicht zu überzeugen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt und macht als Zulassungsgrund einen Verfahrensmangel geltend (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).
II
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist. Der geltend gemachte Grund für die Zulassung einer Revision wurde nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde damit begründet, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), müssen zur Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) zunächst die den Verfahrensfehler (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist es erforderlich darzulegen, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Den sich daraus ergebenden Anforderungen wird die Beschwerdebegründung vom 6.12.2021 nicht gerecht.
a) Soweit der Kläger beanstandet, das LSG habe sich mit den Ausführungen des nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens des Sachverständigen W nicht hinreichend auseinandergesetzt und es im Ergebnis nicht ausreichend gewürdigt, greift er im Kern die Beweiswürdigung durch das Berufungsgericht an. Auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) kann im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nach der ausdrücklichen Anordnung in § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG ein Verfahrensmangel jedoch von vornherein nicht gestützt werden. Die Würdigung unterschiedlicher Gutachtenergebnisse gehört zur Beweiswürdigung. Hält das Gericht eines oder einige von mehreren Gutachten für überzeugend, darf es sich diesen grundsätzlich anschließen, ohne ein weiteres Gutachten einholen zu müssen (stRspr; vgl BSG Beschluss vom 19.11.2007 - B 5a/5 R 382/06 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 8; BSG Beschluss vom 7.9.2021 - B 5 R 174/21 B - juris RdNr 10).
b) Der Kläger hat auch den behaupteten Verstoß gegen § 136 Abs 1 Nr 6 SGG und damit eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht hinreichend substantiiert dargetan.
Nach der von der Beschwerde zitierten Rechtsprechung des BSG zu § 136 Abs 1 Nr 6 SGG müssen die Entscheidungsgründe im Regelfall zu allen entscheidungserheblichen Streitpunkten die Erwägungen, die zum Urteilsausspruch des Gerichts geführt haben, enthalten. Zum Mindestinhalt eines Urteils, der durch eine Bezugnahme auf vorinstanzliche Entscheidungen, Akten ua Unterlagen nicht ersetzt werden kann, gehört danach die Angabe der angewandten Rechtsnormen und der für erfüllt bzw nicht gegeben erachteten Tatbestandsmerkmale sowie der dafür ausschlaggebend gewesenen tatsächlichen und rechtlichen Gründe (vgl BSG Beschluss vom 21.8.2017 - B 10 EG 1/17 B - juris RdNr 10 unter Hinweis auf BSG Beschluss vom 3.5.1984 - 11 BA 188/83 - SozR 1500 § 136 Nr 8; BSG Urteil vom 15.11.1988 - 4/11a RA 20/87 - SozR 1500 § 136 Nr 10; BSG Urteil vom 17.11.1987 - 5b RJ 10/87 - SozR 2200 § 1246 Nr 152 sowie BSG Urteil vom 19.6.1997 - 13 RJ 1/97 - SGb 1998, 13). Warum das Urteil des LSG diesen Grundsätzen nicht gerecht werde, hat der Kläger nicht ausgeführt. Der pauschale Hinweis "dies lässt die Entscheidung des LSG vermissen" erfüllt die Darlegungsanforderungen nicht ansatzweise.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Düring Gasser Hahn
Fundstellen
Dokument-Index HI15092176 |