Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinsetzung bei Prozeßkostenhilfe für fristgebundenes Rechtsmittel
Leitsatz (amtlich)
Prozeßkostenhilfe für ein durch einen Prozeßbevollmächtigten einzulegendes fristgebundenes Rechtsmittel (hier: für eine Nichtzulassungsbeschwerde) kann nicht bewilligt werden, wenn die auf dem vorgeschriebenen Vordruck abzugebende Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ohne Entschuldigungsgründe nicht bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist vorgelegt wird.
Orientierungssatz
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung einer Rechtsmittelfrist kann dem Rechtsmittelführer nur gewährt werden, wenn er das Gesuch um Prozeßkostenhilfe und die an die Stelle des Armutszeugnisses getretene Erklärung iS des § 117 Abs 2 ZPO über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem gemäß § 117 Abs 4 ZPO vorgeschriebenen Vordruck innerhalb der Rechtsmittelfrist eingereicht hat, oder wenn er ohne sein Verschulden hieran gehindert war.
Normenkette
ZPO § 114 Fassung: 1980-06-13, § 117 Abs 2 Fassung: 1980-06-13; SGG § 164 Abs 1 S 1; ZPO § 117 Abs 4 Fassung: 1980-06-13; SGG § 67 Abs 1 Fassung: 1953-09-03
Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 27.01.1981; Aktenzeichen L 6 An 1379/80) |
SG Mannheim (Entscheidung vom 28.04.1980; Aktenzeichen S 6 An 1027/77) |
Gründe
Der Kläger hat mit Schreiben vom 8. März 1981 beantragt, ihm für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem gem § 4 des Verwaltungszustellungsgesetzes am 19. Februar 1981 zugestellten Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. Januar 1981 Prozeßkostenhilfe zu bewilligen. Gemäß § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 114 Abs 1 der Zivilprozeßordnung (ZPO) kann Prozeßkostenhilfe nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und ein Kläger die Kosten des Rechtsstreits nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann. An der geforderten hinreichenden Erfolgsaussicht fehlt es schon deswegen, weil die vom Kläger selbst eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde im Hinblick auf § 166 SGG verworfen werden muß und nicht mehr von einem vor dem Bundessozialgericht (BSG) vertretungsberechtigten Prozeßbevollmächtigten wiederholt werden kann. Denn die Beschwerdefrist ist am 19. März 1981 abgelaufen, da das Berufungsurteil dem Kläger am 19. Februar 1981 zugestellt worden ist, ohne daß dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden könnte.
Einem Beschwerdeführer ist zwar Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er ohne sein Verschulden infolge von Armut an der Einhaltung der Beschwerdefrist gehindert war. Ohne sein Verschulden ist ein Rechtsmittelkläger im Falle der Armut aber nur dann an der Einhaltung der Rechtsmittelfrist gehindert, wenn er innerhalb der Rechtsmittelfrist den Antrag auf Bewilligung der Prozeßkostenhilfe stellt und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem vorgeschriebenen Vordruck einreicht.
Zu dem von der Prozeßkostenhilfe mit Wirkung vom 1. Januar 1981 abgelösten Armenrecht hatte die Rechtsprechung zunächst entschieden, daß gegen die Versäumung der Rechtsmittelfrist Wiedereinsetzung nur zu gewähren sei, wenn das Armenrechtsgesuch noch so rechtzeitig vor Ablauf der Rechtsmittelfrist eingereicht wurde, daß noch innerhalb dieser Frist über das Gesuch hätte entschieden werden können (vgl die Nachweise in BGHZ 16, 1, 2 F und in BSG SozR SGG § 167 Bl Da 1 Nr 1). Später hat die Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes gefordert, daß zumindest das Armenrechtsgesuch und das Armutszeugnis innerhalb der Rechtsmittelfrist beim Rechtsmittelgericht eingegangen sein müßten (BSGE 1, 287 und BSG SozR Nr 34 zu § 67 SGG; BAG NJW 1967, 222; BVerwG DVBl 1961, 294; BFHE 118, 300).
Diese Rechtsprechung ist zur Prozeßkostenhilfe fortzusetzen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Rechtsmittelfrist kann dem Rechtsmittelführer nur gewährt werden, wenn er das Gesuch um Prozeßkostenhilfe und die an die Stelle des Armutszeugnisses getretene Erklärung im Sinne des § 117 Abs 2 ZPO über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem gemäß § 117 Abs 4 ZPO vorgeschriebenen Vordruck innerhalb der Rechtsmittelfrist eingereicht hat, oder wenn er ohne sein Verschulden hieran gehindert war. Ob darüber hinaus zu fordern ist, daß der Rechtsmittelkläger allein aufgrund der bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist vorgelegten Unterlagen mit der Gewährung der Prozeßkostenhilfe rechnen durfte (vgl zum Armenrecht BSG SozR 1500 § 67 Nr 14), braucht hier nicht entschieden zu werden. Denn im vorliegenden Fall fehlt es schon an der vorgeschriebenen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, ohne daß ein Entschuldigungsgrund ersichtlich wäre. Der Kläger ist ausreichend darauf hingewiesen worden, daß der Antrag auf Bewilligung der Prozeßkostenhilfe und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse innerhalb der Beschwerdefrist bei dem BSG eingehen müssen. Das ergibt schon der letzte Absatz der Rechtsmittelbelehrung des Berufungsurteils, wo allerdings anstatt von der Nichtzulassungsbeschwerde von der Revision die Rede ist. Dem Kläger ist jedoch vom BSG auf seinen Prozeßkostenhilfeantrag, eingegangen am 10. März 1981, unter dem 12. März 1981 der Vordruck für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse übersandt worden mit dem Hinweis, die genannte Erklärung müsse innerhalb der Beschwerdefrist, dh innerhalb eines Monats nach Zustellung des angefochtenen Urteils, beim BSG eingegangen sein. Da die notwendige Erklärung vom Kläger nicht eingereicht worden ist, war sein Antrag auf Prozeßkostenhilfe abzulehnen.
Fundstellen