Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 23.09.1999) |
Tenor
Der Antrag der Klägerin, ihr zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 23. September 1999 Prozeßkostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem vorbezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Klägerin begehrt höhere Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab 1. Dezember 1993.
Die im Jahre 1943 geborene Klägerin arbeitete zuletzt bis Dezember 1987 als Chefsekretärin. Seit 1. März 1988 steht sie fortlaufend im Leistungsbezug bei der Beklagten. Hinsichtlich der Höhe der ab 1. Juli 1996 bewilligten Alhi führt die Klägerin einen Rechtsstreit, in dem das Bundessozialgericht (BSG) durch Urteil vom 25. Juni 1998 (B 7 AL 128/97 R) das zugrundeliegende Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen hat. Dieser Rechtsstreit ist derzeit beim LSG unter dem Aktenzeichen Az L 12 AL 164/98 anhängig.
In einem weiteren Rechtsstreit wandte sich die Klägerin gegen den Bescheid der Beklagten vom 22. Januar 1998 in der Gestalt der Widerspruchsbescheids vom 9. Februar 1998 und begehrte höhere Alhi ab 1. Januar 1998. Das Sozialgericht (SG) wies durch Gerichtsbescheid vom 22. Februar 1999 die Klage als unzulässig ab und führte zur Begründung aus, das BSG habe in seinem Urteil vom 25. Juni 1998 entschieden, daß sämtliche Bescheide für die Zeit ab 1. Dezember 1996 zum Gegenstand dieses – derzeit beim LSG Nordrhein-Westfalen anhängigen – Rechtsstreits geworden seien. Wegen dieser anderweitigen Rechtshängigkeit sei die vorliegende weitere Klage hinsichtlich des Zeitraums ab 1. Januar 1998 unzulässig.
Im Berufungsverfahren hat die Klägerin auch Überprüfung der Höhe der ihr ab 1. Dezember 1993 fortlaufend bewilligten Alhi begehrt. Das LSG hat durch Urteil vom 23. September 1999 die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ergänzend zum Gerichtsbescheid des SG ausgeführt, daß es – soweit die Klägerin über den Inhalt der angefochtenen Bescheide hinaus im Berufungsverfahren nunmehr eine höhere Alhi bereits ab 1. Dezember 1993 geltend mache – an dem erforderlichen Verwaltungs- und Vorverfahren fehle, weil es insoweit um die Aufhebung bestandskräftiger Verwaltungsakte gehe. Die Klage sei daher insoweit schon aus diesem Grunde als unzulässig abzuweisen. Im übrigen wäre eine Klageerweiterung gemäß § 99 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mangels Zustimmung der Beklagten unzulässig.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG hat die Klägerin Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe beantragt. Sie schildert ihren beruflichen Werdegang und macht geltend, daß die Alhi-Zahlbeträge fortlaufend abgesenkt worden seien. Die Höhe der jeweils bewilligten Alhi entspreche nicht ihren Qualifikationen.
Entscheidungsgründe
II
Der Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe ist nicht begründet. Prozeßkostenhilfe ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Zivilprozeßordnung). An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier. Es ist nicht zu erkennen, daß ein zugelassener Prozeßbevollmächtigter (§ 166 Abs 2 SGG) in der Lage wäre, die von der Klägerin angestrebte Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen.
Hinreichende Aussicht auf Erfolg böte die Rechtsverfolgung nur, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Ein solcher Zulassungsgrund ist nicht erkennbar.
Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Es ist – auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin – nicht erkennbar, daß die Rechtssache eine Rechtsfrage aufwirft, die – über den Einzelfall hinaus – aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nrn 7, 11, 13, 31, 39, 59 und 65; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 1990, RdNrn 106 ff; Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl 1998, § 160a RdNrn 14 ff).
Die Entscheidung des LSG weicht des weiteren nicht von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab, weshalb eine Divergenzrüge keine Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).
Schließlich ist nicht ersichtlich, daß die Klägerin einen Verfahrensmangel geltend machen könnte, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG). Soweit das LSG in der Urteilsformel der angefochtenen Entscheidung nur über die Berufung der Klägerin, nicht aber über ihre Klage entschieden hat, handelt es sich nicht um einen Verfahrensfehler, der zur Zulassung der Revision führen kann. Denn insoweit sind zur Erläuterung und Ergänzung der Urteilsformel die Gründe der Entscheidung heranzuziehen, sofern sie – wie im vorliegenden Fall – klar und eindeutig sind (BSGE 6, 97, 98). Denn dort heißt es hinsichtlich der erst im Berufungsverfahren begehrten höheren Alhi auch für die Zeit ab 1. Dezember 1993 unmißverständlich, daß die Klage insoweit schon wegen des fehlenden Verwaltungs- und Vorverfahrens „als unzulässig abzuweisen ist”. Im übrigen kann eine versehentliche Unvollständigkeit der Urteilsformel gemäß § 138 SGG berichtigt werden, wenn die Entscheidungsgründe klar ergeben, daß eine Entscheidung insoweit getroffen werden sollte (BGH NJW 1964, 1858). Solange ein entsprechender Berichtigungsantrag möglich ist, kann jedenfalls die Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf die Unvollständigkeit der Urteilsformel gestützt werden (vgl BSG 18. August 1999 – B 4 RA 25/99 B – zur Veröffentlichung vorgesehen).
Die zu fordernde hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung verlangt bei der Nichtzulassungsbeschwerde auch, daß die Sache für den Fall einer Zulassung der Revision materiell-rechtlich zum Erfolg führen kann (BSG SozR 1750 § 114 Nr 1). Das LSG ist hier zu Recht davon ausgegangen, daß die ab 1. Dezember 1993 ergangenen Bescheide der Beklagten nicht gemäß § 99 SGG im Wege der Klageänderung zum Gegenstand des Verfahrens gemacht werden konnten. Hinsichtlich der ursprünglich von der Klägerin angefochtenen Bescheide für den Zeitraum ab 1. Januar 1998 war die Klage hingegen wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig (§ 202 SGG iVm § 17 Abs 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz; vgl hierzu Meyer-Ladewig, SGG, § 94 RdNr 7).
Die von der Klägerin selbst eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Berufungsurteil ist unzulässig. Sie entspricht nicht den gesetzlichen Vorschriften. Die Klägerin muß sich vor dem BSG gemäß § 166 SGG durch einen zugelassenen Prozeßbevollmächtigten vertreten lassen und kann daher eine Prozeßhandlung selbst nicht rechtswirksam vornehmen, also auch nicht selbst Beschwerde einlegen. Schon die Beschwerdeschrift muß von einem nach § 166 Abs 2 SGG zugelassenen Prozeßbevollmächtigten unterzeichnet werden. Hierauf ist die Klägerin in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils hingewiesen worden. Die Beschwerde muß deshalb in entsprechender Anwendung des § 169 SGG als unzulässig verworfen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1175830 |
SozSi 2001, 327 |