Leitsatz (amtlich)

Auch bei sachlich-rechtlichen Revisionsangriffen ist es geboten, daß die Revision sorgfältig und nach Umfang und Zweck zweifelsfrei begründet wird. Die Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm und der Zusatz, es werde die Verletzung materiellen Rechts gerügt, genügt diesem Erfordernis nicht (Anschluß an BGH 1959-04-22 IV ZR 42/59 = LM Nr 22 zu § 554 ZPO und BGH 1974-07-11 IX ZR 24/73 = MDR 1974, 1015).

 

Normenkette

SGG § 164 Abs. 2 S. 3 Fassung: 1974-07-30; ZPO § 554 Abs. 3 Nr. 3 Fassung: 1975-07-08

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. Februar 1976 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Revision des Klägers ist als unzulässig zu verwerfen (§ 169 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -). Der Kläger hat nämlich seine Revision nicht innerhalb der gesetzlichen Frist ordnungsgemäß begründet.

Nach § 164 Abs. 2 Satz 1 SGG ist die Revision innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Nach Satz 3 derselben Vorschrift muß die Begründung einen bestimmten Antrag enthalten und die verletzte Rechtsnorm bezeichnen. Mit der am 10. Mai 1976 beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangenen Revisionsschrift vom 6. Mai 1976 hat der Kläger fristgerecht gegen das ihm am 28. April 1976 zugestellte Berufungsurteil vom 18. Februar 1976 Revision eingelegt. Die Revisionsschrift enthält einen bestimmten Antrag und danach lediglich noch folgenden Satz:

"Es wird die Verletzung materiellen Rechts, nämlich des § 2 I Nr. 6 AVG, gerügt".

Mit diesem Satz ist zwar die verletzte Rechtsnorm ausreichend bezeichnet, jedoch reicht er für eine ordnungsmäßige Begründung nicht aus. Bei sachlich-rechtlichen Revisionsangriffen ist es vielmehr geboten, daß die Revision sorgfältig und nach Umfang und Zweck zweifelsfrei begründet wird (vgl. RGZ 117, 168, 170 mit Nachweisen; BGHLM Nr. 22 zu § 554 ZPO; BGH MDR 1974, 1015). Die Darlegungspflicht für die Rüge von Verfahrensmängeln in § 164 Abs. 2 Satz 3 SGG (damit inhaltlich übereinstimmend: § 554 Abs. 3 Nr. 2 b der Zivilprozeßordnung für den Zivilprozeß und § 139 Abs. 2 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung für den Verwaltungsprozeß) ist ausdrücklich dahin umschrieben worden, daß die Tatsachen zu bezeichnen sind, die den Mangel ergeben. Für die sachlich-rechtliche Revisionsrüge hat das entsprechend zu gelten. Das Revisionsgericht muß nämlich an Hand der Revisionsbegründung erkennen können, daß der die Revisionsbegründung einreichende Prozeßbevollmächtigte das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel der Revision überprüft hat, um so dem gesetzgeberischen Zweck des § 164 Abs. 2 Satz 3 SGG zu genügen, aussichtslose Revisionen nach Möglichkeit von vornherein zu verhindern (vgl. RGZ 123, 38). Als Ergebnis der eigenen Nachprüfung hat der Prozeßbevollmächtigte des Revisionsklägers dem Revisionsgericht die Gründe darzulegen, die das Urteil nach der Meinung des Revisionsklägers unrichtig erscheinen lassen (vgl. BGH LM Nr. 22 zu § 554 ZPO MDR 1959, 647, BGH MDR 1974, 1015).

Es kann offen bleiben, ob der Inhalt des am 7. Juli 1976 beim BSG eingegangenen Schriftsatzes des Prozeßbevollmächtigten des Klägers vom 5. Juli 1976 dem Darlegungserfordernis bei sachlich-rechtlichen Rügen entspricht. Dieser Schriftsatz ist nämlich unberücksichtigt zu lassen. Er ist nicht innerhalb der am 28. Juni 1976 abgelaufenen Revisionsbegründungsfrist beim Revisionsgericht eingegangen.

Die Kostenentscheidung folgt aus entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1657305

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