Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 8. September 2016 wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 191 974 Euro festgesetzt.
Gründe
I
Der Kläger ist Träger eines zugelassenen vollstationären Pflegeheims, dessen Ausbau 1998 nach Landesrecht gefördert wurde. Er begehrt die Zustimmung des Beklagten zur gesonderten Berechnung betriebsnotwendiger Investitionsaufwendungen für die Zeit vom 1.1.2009 bis 31.12.2010. Der Beklagte erteilte auf der Grundlage einer landesrechtlichen Höchstbetragsbegrenzung eine Zustimmung lediglich in beschränkter Höhe (Bescheid vom 4.11.2010, Widerspruchsbescheid vom 28.3.2011).
Der Kläger macht geltend, die von der öffentlichen Förderung nicht gedeckten Investitionskosten in Höhe von 662 682 Euro (teilweise wird auch von 662 681 Euro ausgegangen) seien auf die Pflegeheimbewohner in voller Höhe umlegbar, da es sich insgesamt um betriebsnotwendige Aufwendungen handele. Der Landesgesetzgeber dürfe die Umlage betriebsnotwendiger Investitionsaufwendungen nicht auf einen bestimmten Höchstbetrag begrenzen. Dies sei mit Bundesrecht nicht vereinbar.
Klage und Berufung des Klägers sind erfolglos geblieben (Urteil des SG vom 23.5.2014; Urteil des LSG vom 8.9.2016). Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Betriebsnotwendigkeit der noch nicht abgedeckten Investitionskosten sowie die Berechnungsgrundlagen seien unstreitig. Der Beklagte habe die Zustimmung nach den landesrechtlichen Vorschriften auf die vorgegebenen Höchstbeträge beschränken müssen und diese landesrechtlichen Vorgaben verstießen weder gegen einfach gesetzliches Bundesrecht noch gegen Verfassungsrecht.
Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie auf eine Divergenz zur Rechtsprechung des BSG (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Kläger die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und der Divergenz nicht formgerecht aufgezeigt hat (§ 160a Abs 2 S 3 SGG). Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).
Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
Der Kläger hält folgende Frage für grundsätzlich bedeutsam:
"Darf die nach § 82 Abs. 3 S. 3 Halbs. 1 SGB XI zuständige Landesbehörde die Zustimmung zu der gesonderten Berechnung der betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen nach landesrechtlichen Vorgaben gem. § 82 Abs. 3 S. 3 Halbs. 2 SGB XI beschränken, wenn nach Landesrecht eine Deckelung oder Kappung der betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen vorgesehen ist, auch wenn die betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen nach § 82 Abs. 2 Nr. 1 SGB XI oder Aufwendungen für Miete, Pacht, Erbbauzins, Nutzung oder Mitbenutzung von Gebäuden oder sonstige abschreibungsfähige Anlagegüter nach § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XI durch öffentliche Förderung gemäß § 9 SGB XI nicht vollständig gedeckt sind und die Berechnungsgrundlagen als solche unstreitig sind.
oder verkürzt:
Dürfen landesrechtliche Bestimmungen nach § 82 Abs. 3 S. 3 Halbs. 2 SGB XI die tatsächlichen betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen auf einen Höchstbetrag begrenzen."
Der Kläger hat weder die abstrakte Klärungsbedürftigkeit, noch die Entscheidungserheblichkeit dieser Frage(n) und auch nicht die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung ihrer Klärung hinreichend dargelegt.
Zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage muss die Beschwerdebegründung substantiierte Ausführungen dazu enthalten, dass die aufgeworfene Rechtsfrage nicht geklärt ist. Dazu genügt es nicht darzulegen, dass über die Frage höchstrichterlich noch nicht entschieden wurde; vielmehr sind Darlegungen dazu erforderlich, ob die Beantwortung der Rechtsfrage nicht bereits unabhängig davon außer Zweifel steht (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160a RdNr 14c; § 160 RdNr 8a mwN).
Obwohl § 82 Abs 3 S 3 SGB XI in der hier anwendbaren Fassung (durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG - vom 26.3.2007, BGBl I S 378) den Landesgesetzgeber ausdrücklich dazu ermächtigt, insbesondere auch zur Höhe der gesondert berechenbaren Aufwendungen das Nähere zu bestimmen, geht der Kläger in seiner Beschwerdebegründung nicht darauf ein, welcher Anwendungsbereich für diesen Wortlaut noch verbleiben könnte, wenn ausnahmslos alle nicht geförderten Investitionsaufwendungen nach § 82 Abs 2 Nr 1 und 3 SGB XI den Pflegebedürftigen gesondert in Rechnung gestellt werden dürften. Es fehlt insoweit jede Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des LSG, das zwischen der Betriebsnotwendigkeit einer Aufwendung dem Grunde nach und ihrer Angemessenheit der Höhe nach ausdrücklich differenziert (vgl S 14 der Entscheidungsgründe). Die vom Berufungsgericht getroffene Auslegung, nach der Aufwendungen für Maßnahmen, die grundsätzlich für den Betrieb einer Pflegeeinrichtung notwendig sind, in ihrer konkreten Ausgestaltung und Höhe aber dem Luxusbereich zuzurechnen und daher in dieser Höhe nicht zu den "notwendigen" Aufwendungen gehören, den Pflegeheimbewohnern nicht gesondert in Rechnung gestellt werden dürfen, entspricht sowohl dem Wortlaut des § 82 Abs 3 SGB XI als auch der hierzu bereits ergangenen Rechtsprechung (vgl BSG, Urteil vom 8.9.2011 - B 3 P 2/11 R - BSGE 109, 96 = SozR 4-3300 § 82 Nr 7, RdNr 42). Danach sind betriebsnotwendig iS von § 82 Abs 3 S 1 SGB XI nur solche Investitionen in die Pflegeinfrastruktur, die für die Aufrechterhaltung des Pflegebetriebs unter Berücksichtigung der Grundsätze wirtschaftlicher Betriebsführung als sachlich erforderlich und der Höhe nach als angemessen angesehen werden können. Es wäre daher Aufgabe der Beschwerdebegründung, substantiiert Zweifel an der Richtigkeit dieser Auslegung aufzuzeigen. Die Beschwerdebegründung enthält jedoch keine Ausführungen zur Frage der Notwendigkeit von Aufwendungen der Höhe nach. Im Hinblick auf die (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit der aufgezeigten Rechtsfrage(n) fehlt es mithin entweder an Darlegungen dazu, aus welchen rechtlichen Gründen der Landesgesetzgeber die Umlage von Investitionsaufwendungen nicht auf Aufwendungen begrenzen durfte, die der Höhe nach angemessen sind. Andernfalls hätte dargelegt werden müssen, dass mit Investitionsaufwendungen bis zum landesrechtlich festgesetzten Höchstbetrag keine angemessene Betriebsführung möglich sei. Es ist aber nicht ersichtlich, ob durch den einschlägigen landesrechtlichen Höchstbetrag auch solche Aufwendungen von der Umlage auf die Pflegeheimbewohner ausgeschlossen werden, die der Höhe nach für den Betrieb eines Pflegeheims jedenfalls angemessen und mithin auch insoweit "notwendig" sind.
Das Gleiche gilt im Hinblick auf die Entscheidungserheblichkeit, dh die (konkrete) Klärungsfähigkeit der Rechtsfrage(n). Denn es fehlen auch jegliche Darlegungen dazu, dass die tatsächlichen Investitionsaufwendungen des Klägers der Höhe nach angemessen und mithin betriebsnotwendig auch der Höhe nach waren.
Schließlich enthält die Beschwerdebegründung ebenfalls keine hinreichenden Darlegungen zur Bedeutung der angestrebten Entscheidung über den Einzelfall hinaus. Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage betrifft ausschließlich die Vereinbarkeit der landesrechtlichen Höchstbetragsbegrenzung in NRW mit bundesrechtlichen Vorgaben. Soweit diesbezüglich auf divergierende Entscheidungen anderer Landessozialgerichte Bezug genommen wird, wären Darlegungen dazu erforderlich, dass die diesen Entscheidungen zugrundeliegenden landesrechtlichen Vorschriften mit den hier zur Überprüfung stehenden landesrechtlichen Regelungen jedenfalls im Wesentlichen übereinstimmen. In den vom Kläger zitierten Entscheidungen des LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 6.11.2008 - L 27 P 5/08 - Juris) sowie des Thüringer LSG (Urteil vom 16.12.2014 - L 6 P 589/09 - Juris) werden nämlich die jeweils entscheidungsrelevanten landesrechtlichen Normen konkret auf ihre Vereinbarkeit mit Bundesrecht geprüft. Insoweit lässt sich diesen Entscheidungen nicht entnehmen, dass jegliche Deckelung der Umlage von Investitionskosten auf die Pflegebedürftigen nach Landesrecht mit Bundesrecht unvereinbar wäre. Vielmehr enthalten beide Entscheidungen ausführliche Begründungen zur Unangemessenheit der jeweiligen Deckelung und insbesondere insoweit fehlen jegliche Darlegungen zur Verallgemeinerungsfähigkeit. Vor dem Hintergrund der Ausführungen des Berufungsgerichts, dass es sich nach den Angaben der Beteiligten um ein singuläres Verfahren handele, und angesichts der zwischenzeitlich vorgenommenen Änderungen der landesrechtlichen Bestimmungen wären daher weitere Ausführungen zur grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache iS von § 160 Abs 2 Nr 1 iVm § 160a Abs 2 S 3 SGG erforderlich gewesen.
2. Der Kläger hat auch den Zulassungsgrund einer Divergenz des Berufungsurteils zur Rechtsprechung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) nicht hinreichend dargetan. Dazu hätte der Kläger vortragen müssen, dass das LSG einen tragenden Rechtssatz in Abweichung von einem anderen Rechtssatz aufgestellt hat, den eines der vorgenannten Gerichtes entwickelt oder angewandt hat, und dass die Entscheidung des LSG auf dieser Divergenz beruht. Hierzu ist es notwendig, den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweichenden Rechtssatz des LSG herauszuarbeiten und die Unvereinbarkeit mit einem Rechtssatz des BSG aufzuzeigen. Eine Abweichung liegt indes nicht schon dann vor, wenn das LSG einen Rechtssatz nicht beachtet oder unrichtig angewandt hat, sondern erst dann, wenn das LSG diesem Rechtssatz widersprochen, also einen anderen Rechtssatz aufgestellt oder angewandt hat. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Divergenz (stRspr vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 21, 29 und 67).
Der Kläger bezieht sich auf den Rechtssatz des BSG, dass in einem Zustimmungsverfahren nach § 83 Abs 3 S 3 SGB XI nur zu prüfen sei, ob die von dem Träger der Pflegeeinrichtung geltend gemachten Investitionsaufwendungen betriebsnotwendig iS der bundesrechtlichen Anforderungen sind, ob die nach Landesrecht festzulegenden näheren Anforderungen an die Umlage eingehalten und ob die umzulegenden Beträge nicht bereits durch öffentliche Fördergelder abgedeckt sind (BSG, Urteil vom 6.9.2007 - B 3 P 3/07 R - BSGE 99, 57 = SozR 4-3300 § 82 Nr 4, RdNr 18). Eine Abweichung des LSG von diesem Rechtssatz wird jedoch nicht dargelegt. Vielmehr wird genau dieser Rechtssatz in der Berufungsentscheidung selbst zitiert (vgl S 12 am Ende des ersten Absatzes). Damit macht das Berufungsgericht deutlich, dass es diesen Rechtssatz gerade beachten wollte. Eine ggf unrichtige Anwendung der Rechtssätze des BSG durch das Berufungsgericht reicht zur Darlegung einer Divergenz nicht.
Soweit der Kläger meint, es liege eine Abweichung bei den Ausführungen auf Seite 11, 2. Absatz der Entscheidungsgründe vor (das LSG habe insoweit folgenden Rechtssatz aufgestellt: "Der Wortlaut des § 83 Abs. 3 S. 3 SGB XI spricht nicht gegen eine landesrechtliche Deckelung der gesonderten Berechnung. Indem der Landesgesetzgeber ausdrücklich ermächtigt wird, u.a. 'die Höhe' der gesondert berechenbaren Aufwendungen zu regeln, wird ihm ein Spielraum zugebilligt, der z.B. sowohl eine unbeschränkte Berechenbarkeit als auch verschiedene Varianten an eingeschränkten Berechenbarkeiten umfasst."), ist sein Vortrag weder aus sich heraus nachvollziehbar noch enthält die Beschwerdebegründung insoweit weitere erläuternde Erklärungen. Gleiches gilt für das der Entscheidung des BSG vom 8.9.2011 (B 3 P 2/11 R - BSGE 109, 96 = SozR 4-3300 § 82 Nr 7, RdNr 26) entnommene Zitat, dass die bundesrechtlichen Grenzen maßgeblich auch für die landesrechtliche Zustimmung nach § 82 Abs 3 S 3 Halbs 2 SGB XI sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO, diejenige über den Streitwert auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11022606 |