Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestellung eines besonderen Vertreters. Prozessunfähigkeit. Offensichtliche Haltlosigkeit. Fehlende Statthaftigkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Antrag auf Bestellung eines besonderen Vertreters kann keinen Erfolg haben, wenn der Kläger prozessfähig ist.
2. Unabhängig von der Frage der Prozessfähigkeit des Klägers dürfte ihm kein besonderer Vertreter bestellt werden, wenn auch bei Anlegung eines strengen Maßstabs das Verfahren „offensichtlich haltlos” ist und deshalb die Genehmigung durch einen besonderen Vertreter von vornherein ausgeschlossen erscheint.
3. Eine offensichtliche Haltlosigkeit liegt auch vor, wenn ein Rechtsmittel unter keinem denkbaren Gesichtspunkt Erfolg haben kann, weil es bereits an sich nicht statthaft ist.
Normenkette
SGG § 72 Abs. 1, § 160a Abs. 4 S. 1, § 169 Sätze 2-3; JBeitrG § 8 Abs. 1; GKG § 66 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
Thüringer LSG (Beschluss vom 20.07.2022; Aktenzeichen L 1 SF 492/22 E) |
Tenor
Das Begehren des Erinnerungsführers, ihm für ein beabsichtigtes Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Thüringer Landessozialgerichts vom 20. Juli 2022 - L 1 SF 492/22 E - eine besondere Vertreterin zu bestellen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Erinnerungsführers gegen den Beschluss des Thüringer Landessozialgerichts vom 20. Juli 2022 wird als unzulässig verworfen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Urkundsbeamtin des Thüringer LSG hat vom Erinnerungsführer in mehreren Verfahren Gerichtsgebühren angefordert. Nachdem seine Erinnerungen jeweils durch Beschlüsse des LSG zurückgewiesen wurden, forderte die Justizzahlstelle vom Erinnerungsführer die noch offenen Beträge an. Dagegen hat sich der Erinnerungsführer erneut mit seinen Erinnerungen gewandt. Das LSG hat seine Erinnerungen mit Beschluss vom 20.7.2022 zurückgewiesen und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Beschwerde zum BSG nicht stattfindet.
Der Erinnerungsführer hat dagegen mit einem am 22.8.2022 eingegangenen Schreiben vom 6.8.2022 "Nichtzulassungsbeschwerde" eingelegt und sinngemäß die Beiordnung einer besonderen Vertreterin beantragt. Er beruft sich auf seine Prozessunfähigkeit.
II
1. Das Begehren des Erinnerungsführers ist zunächst als Antrag auf Bestellung einer besonderen Vertreterin (§ 72 Abs 1 SGG) für ein von ihm beabsichtigtes Verfahren vor dem BSG gegen eine Entscheidung des Thüringer LSG im Verfahren über die Beitreibung von Gerichtskosten auszulegen.
Dieser Antrag kann keinen Erfolg haben. Der Senat geht davon aus, dass der Kläger prozessfähig ist und dass deshalb die Voraussetzungen für die Bestellung eines besonderen Vertreters nach § 72 Abs 1 SGG nicht vorliegen (vgl zuletzt BSG Beschluss vom 21.4.2020 - B 6 KA 5/20 B - juris RdNr 3 mwN; vgl auch den den Erinnerungsführer des vorliegenden Verfahrens betreffenden, die Bestellung eines Prozesspflegers ablehnenden Beschluss des BVerfG vom 8.4.2016 - 1 BvR 661/16, 1 BvR 662/16 und 1 BvR 663/16). Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sich daran etwas geändert haben könnte, liegen dem Senat nicht vor.
Unabhängig davon dürfte ihm für das hier von ihm erstrebte Verfahren kein besonderer Vertreter bestellt werden, weil auch bei Anlegung eines strengen Maßstabs das Verfahren "offensichtlich haltlos" ist (vgl BSG Beschluss vom 3.7.2003 - B 7 AL 216/02 B - BSGE 91, 146 = SozR 4-1500 § 72 Nr 1 = juris RdNr 10 ff) und deshalb die Genehmigung durch einen besonderen Vertreter von vornherein ausgeschlossen erscheint. Eine offensichtliche Haltlosigkeit liegt auch vor, wenn ein Rechtsmittel unter keinem denkbaren Gesichtspunkt Erfolg haben kann, weil es bereits an sich nicht statthaft ist (BSG Beschluss vom 18.1.2017 - B 1 KR 1/17 S - juris RdNr 4).
So verhält es sich hier: Für Verfahren nach § 8 Abs 1 Justizbeitreibungsgesetz gelten die Vorschriften über Erinnerungen gegen den Kostenansatz entsprechend. Gegen einen Beschluss des LSG in einem solchen Verfahren ist daher, worauf das LSG zutreffend hingewiesen hat, kein Rechtsmittel zum BSG statthaft (vgl § 66 Abs 3 Satz 3 GKG: "Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt."). Diese Vorschrift gilt auch für den Erinnerungsführer. Würde eine solche Beschwerde dennoch für ihn eingelegt, müsste sie vom BSG ohne inhaltliche Prüfung als unzulässig verworfen werden.
2. Soweit der Erinnerungsführer Beschwerde gegen den Beschluss des LSG eingelegt hat, ist diese aus den zu 1. genannten Gründen als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfung des Rechtsmittels des Erinnerungsführers erfolgt entsprechend § 169 Satz 2 und 3 SGG ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 66 Abs 8 GKG.
4. Die Entscheidung ist nicht weiter anfechtbar.
Oppermann |
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Just |
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Rademacker |
Fundstellen
Dokument-Index HI15403640 |