Verfahrensgang
SG Hannover (Entscheidung vom 14.08.2018; Aktenzeichen S 80 AL 332/16) |
LSG Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 28.05.2019; Aktenzeichen L 11 AL 119/18) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 28. Mai 2019 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde ist nicht zulässig, weil die von der Beschwerdeführerin als Zulassungsgründe geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) und Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) nicht in der erforderlichen Weise dargelegt bzw bezeichnet worden sind (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG iVm § 169 SGG zu verwerfen.
Eine grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache lässt sich nur darlegen, indem die Beschwerdebegründung ausführt, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr; BVerwG NJW 1999, 304; vgl auch BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Der Beschwerdeführer hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und ggf des Schrifttums nicht ohne Weiteres zu beantworten ist und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im Allgemeininteresse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31).
Mit ihrem Vorbringen wird die Klägerin diesen Darlegungserfordernissen nicht gerecht. Unabhängig davon, dass es ihr letztlich um die Anwendung von § 145 SGB III geht, wirft die Beschwerdebegründung bezogen auf die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung bereits keine konkrete Rechtsfrage auf. Die Klägerin gibt lediglich an, die Beklagte und das LSG hätten bei der Beurteilung ihrer Leistungsfähigkeit auf die Entscheidung der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 17.3.2017 zum Vorliegen einer nur teilweisen Erwerbsminderung abgestellt. Damit sei keine ex-ante, sondern eine ex-post Beurteilung vorgenommen worden. Mit diesem Vorbringen ist auch eine Klärungsbedürftigkeit nicht ausreichend dargetan. Insofern verweist die Klägerin selbst auf die bisherige Rechtsprechung des BSG, nach der eine Minderung der Leistungsfähigkeit von mehr als sechs Monaten iS des § 145 Abs 1 Satz 1 SGB III vorliegt, wenn die Leistungsminderung bei prognostischer Beurteilung voraussichtlich einen Zeitraum von sechs Monaten überschreitet. Bereits entschieden sei, dass die Arbeitsverwaltung zur Feststellung der Arbeitsfähigkeit (§ 138 Abs 5 Nr 1 SGB III) auch in Nahtlosigkeitsfällen zunächst das tatsächliche Leistungsvermögen eigenständig zu ermitteln habe (Hinweis auf BSG vom 10.5.2007 - B 7a AL 30/06 R - SozR 4-4300 § 125 Nr 2 RdNr 15). Warum dennoch ein weiterer Klärungsbedarf bestehen soll, hat die Klägerin nicht dargelegt (vgl auch BSG vom 21.12.2011 - B 11 AL 77/11 B - juris RdNr 8 zur "Untermauerung" einer prognostischen Leistungsbeurteilung durch eine retrospektive Betrachtung).
Soweit die Klägerin in ihrem weiteren Beschwerdevortrag eine Abweichung des angefochtenen Urteils des LSG von der bezeichneten Entscheidung des BSG und dem gleichfalls zitierten Beschluss des BSG vom 23.8.2010 (B 11 AL 2/10 BH) rügt, ist auch eine Divergenz nicht ausreichend bezeichnet. Eine Abweichung (Divergenz) iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ist nur dann hinreichend dargelegt, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht. Eine Abweichung liegt nicht schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG, der GmSOGB oder das BVerfG aufgestellt haben, weil die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall nicht die Zulassung einer Revision wegen Abweichung rechtfertigt. Erforderlich ist vielmehr, dass das LSG diesen Kriterien widersprochen und über den Einzelfall hinausgehende andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die - behauptete - Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die fehlende Übereinstimmung im Grundsätzlichen kann die Zulassung wegen Abweichung begründen (stRspr; vgl etwa BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34; Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl 2017, § 160 RdNr 119).
Diesen Anforderungen wird der Beschwerdevortrag nicht gerecht. Die Klägerin führt lediglich aus, dass sich das LSG auf Seite 8 der angefochtenen Entscheidung in seiner Einschätzung zu ihrem Leistungsvermögen auf die Feststellung der Deutschen Rentenversicherung im Bescheid vom 17.3.2017 gestützt habe und damit keine prognostische Betrachtung vorgenommen habe. Damit ist nicht ausreichend dargetan, dass das LSG über den Einzelfall hinausgehende, von der bisherigen Rechtsprechung des BSG abweichende Grundsätze hat aufstellen wollen, zumal das Berufungsgericht auch den Entlassungsbericht zur medizinischen Rehabilitation vom 19.2.2016 und den Beratungsvermerk des ärztlichen Dienstes der Beklagten vom 28.7.2016 in seine Gesamtwürdigung einbezogen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13535276 |