Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache
Orientierungssatz
Die Klärungsbedürftigkeit einer bestimmten Rechtsfrage ist nicht schon dann gegeben, wenn ein einzelner anderer Meinung als die höchstrichterliche Rechtsprechung ist, sondern erst, wenn dieser Rechtsprechung in nicht geringfügigem Umfange widersprochen worden ist.
Normenkette
SGG § 160 Abs 2 Nr 1, § 160a Abs 2 S 3
Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 14.11.1990; Aktenzeichen L 2 U 524/90) |
Gründe
Die Beklagte ist durch das Sozialgericht (SG) Freiburg verurteilt worden, an die Klägerin 63.228,73 DM nebst Säumniszuschlägen von 0,6 vH je angefangenen Monat ab 1. September 1985 zu zahlen, weil sie aufgrund des § 729 Abs 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) für die Beitragsschulden des Unternehmers R I einzustehen habe (Urteil vom 8. November 1989 - S 1 U 1426/87 -). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 14. November 1990 - L 2 U 524/90 -).
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision ist unzulässig. Die dazu gegebene Begründung entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) festgelegten gesetzlichen Form. Die Beschwerde war deshalb entsprechend § 169 SGG und mit der Kostenfolge entsprechend § 193 Abs 1 und Abs 4 SGG zu verwerfen.
Nach der ständigen Rechtsprechung erfordert § 160a Abs 2 Satz 3 SGG, daß die Zulassungsgründe schlüssig dargetan werden (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 34, 47, 54, 58). Daran fehlt es der Beschwerde.
Die Beschwerdebegründung hat keinen der in § 160 Abs 2 SGG genannten Zulassungsgründe formgerecht bezeichnet oder dargelegt. Das gilt auch für den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), den die Beschwerdebegründung, die keine einzige Vorschrift des SGG über das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde erwähnt, wenigsten sinngemäß gemeint haben kann.
Zur Begründung der Grundsätzlichkeit einer Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG muß erläutert werden, daß und warum in dem angestrebten Revisionsverfahren eine Rechtsfrage erheblich sein würde, die über den Einzelfall hinaus allgemeine Bedeutung hat (BSG SozR 1500 § 160a Nr 39). Eine vom Revisionsgericht bereits geklärte Rechtsfrage ist im Regelfall nicht mehr klärungsbedürftig. Macht der Beschwerdeführer gleichwohl eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend, so hat er zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der Rechtssache vorzutragen, ob und von welcher Seite der Rechtsprechung in nicht geringfügigem Umfange widersprochen worden ist und welche Einwendungen gegen sie vorgebracht worden sind (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 13). Der Beschwerdebegründung fehlt es sowohl an der konkreten Formulierung einer Rechtsfrage als auch an der schlüssigen Darlegung, warum das angedeutete Rechtsproblem klärungsbedürftig ist.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die herrschende Rechtsprechung, daß für die Abgrenzung von nicht gewerbsmäßigen Bauarbeiten gegenüber gewerbsmäßigen die Bestandssicherung des die Bauarbeiten ausführenden Unternehmens das maßgebliche Kriterium ist und daß die fehlende notwendige Eintragung in die Handwerksrolle bereits den Bestand des Unternehmens unsicher macht (vgl BSG SozR 2200 § 729 Nrn 5 bis 7 mwN). Sie meint, Rechtsentwicklung sei nur möglich, wenn auch höchstrichterliche Rechtsprechung gelegentlich in Frage gestellt werde. Dabei verkennt sie jedoch, daß es für den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache auf die Klärungsbedürftigkeit einer bestimmten Rechtsfrage ankommt. Diese Klärungsbedürftigkeit ist nicht schon dann gegeben, wenn ein einzelner anderer Meinung als die höchstrichterliche Rechtsprechung ist, sondern erst, wenn dieser Rechtsprechung in nicht geringfügigem Umfange widersprochen worden ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 13). Das hat die Beschwerdeführerin nicht dargelegt. Eine unspezifizierte Bezugnahme auf Schriftsätze in den Vorinstanzen reicht dazu im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde von vornherein nicht aus (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14 zu den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 letzter Halbsatz SGG und Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 1990, RdNr 102 S 51 mwN).
Fundstellen