Verfahrensgang
SG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 09.05.2014; Aktenzeichen S 3 SB 336/11) |
Hessisches LSG (Urteil vom 25.09.2018; Aktenzeichen L 3 SB 51/14) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. September 2018 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwältin Ahlborn-Bauer aus Frankfurt beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im vorbezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger begehrt die Feststellung der Voraussetzungen für das Merkzeichen G. Diesen Anspruch hat das LSG mit Urteil vom 25.9.2018 verneint. Auch nach den im Berufungsverfahren eingeholten ärztlichen Berichten und dem orthopädischen Sachverständigengutachten des Dr. Dr. R. vom 30.6.2017 nebst ergänzenden Stellungnahmen vom 24.10.2017 und 19.6.2018 lägen bei dem Kläger keine sich auf die Gehfähigkeit auswirkenden Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der LWS vor, die für sich einen Grad der Behinderung (GdB) von wenigstens 50 bedingten. Dies gelte auch unter Berücksichtigung der im Rahmen des diabetischen Fußsyndroms geltend gemachten Beschwerden. Ebenso wenig liege beim Kläger eine arterielle Verschlusserkrankung mit einem GdB von mindestens 40 vor, die sich auf die Gehfähigkeit besonderes auswirke.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger beim BSG Beschwerde eingelegt. Zugleich hat er für die Durchführung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwältin A.B. aus F. beantragt. Er rügt das Vorliegen von Verfahrensmängeln. Das LSG habe sein Fragerecht verletzt und sei seinen Beweisanträgen, den Sachverständigen Dr. Dr. R. zu laden oder ein neues Gutachten einzuholen, ohne hinreichende Begründung nicht nachgekommen.
II
1. Der Antrag auf PKH ist abzulehnen.
Gemäß § 73 Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 Abs 1 S 1 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Das ist hier nicht der Fall. Aus diesem Grund kommt eine Beiordnung seiner vorgenannten Prozessbevollmächtigten nicht in Betracht (§ 73 Abs 1 S 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Begründung des Klägers vom 6.1.2019 genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil er die von ihm gerügten Verfahrensmängel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht ordnungsgemäß bezeichnet hat (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde - wie hier - darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels zunächst die diesen (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Diesen Anforderungen wird das Vorbringen des Klägers nicht gerecht.
Der Kläger beanstandet, das LSG habe zwar dem Sachverständigen Dr. Dr. R. seine mit Schriftsatz vom 5.9.2017 formulierten Fragen vorgelegt und von ihm im Rahmen eines "Ergänzungsgutachtens" beantworten lassen. Diese Fragen habe der Gutachter jedoch nur "vordergründig" beantwortet. Am 21.2.2018 habe er weitere Unterlagen eingereicht und erneut beantragt, den Gutachter mündlich zu hören, um "die immer noch offenen Fragen adäquat" beantworten zu lassen. Dem sei das LSG jedoch nicht nachgegangen und sei auch seinem Beweisantrag, ein neues Gutachten einzuholen, nicht gefolgt.
a) Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BSG, dass jedem Beteiligten gemäß § 116 S 2 SGG, § 118 Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 397, 402, 411 Abs 4 ZPO das Recht zusteht, einem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die er zur Aufklärung der Sache für dienlich erachtet. Sachdienliche Fragen iS von § 116 S 2 SGG liegen dann vor, wenn sie sich im Rahmen des Beweisthemas halten und nicht abwegig oder bereits eindeutig beantwortet sind. Hierbei müssen keine Fragen formuliert werden; es reicht vielmehr aus, die erläuterungsbedürftigen Punkte hinreichend konkret zu bezeichnen. Da das Fragerecht an den Sachverständigen der Verwirklichung des rechtlichen Gehörs dient, ist weiterhin erforderlich, dass der Beteiligte alles getan hat, um die Anhörung des Sachverständigen zu erreichen. Dieser Obliegenheit ist er jedenfalls dann nachgekommen, wenn er einen darauf gerichteten Antrag rechtzeitig gestellt, dabei schriftlich objektiv sachdienliche Fragen angekündigt und das Begehren bis zuletzt aufrechterhalten hat (zum Ganzen: Senatsbeschluss vom 15.5.2017 - B 9 SB 85/16 B - Juris RdNr 7 mwN).
Zur schlüssigen Bezeichnung (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) der Verletzung des Rechts auf Befragung eines Sachverständigen muss sich hiernach aus der Beschwerdebegründung ergeben, (1.) dass der Beschwerdeführer einen Antrag auf Befragung des Sachverständigen gestellt und bis zum Schluss aufrechterhalten hat; (2.) welche eine Erläuterung durch den Sachverständigen bedürftigen Punkte der Beschwerdeführer gegenüber dem LSG benannt hat; (3.) aufgrund welcher Umstände die benannten Punkte sachdienlich waren, insbesondere ist bei einem Antrag auf wiederholte Befragung desselben Sachverständigen zu erläutern, weshalb die Punkte noch nicht durch bereits vorliegende Stellungnahmen des Sachverständigen geklärt waren; (4.) aufgrund welcher Umstände der Antrag als rechtzeitig zu werten ist; (5.) aufgrund welcher Umstände die angefochtene Entscheidung auf der unterlassenen Befragung des Sachverständigen beruhen kann (Senatsbeschluss vom 15.5.2017 - B 9 SB 85/16 B - Juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 26.5.2015 - B 13 R 13/15 B - Juris RdNr 10).
Der Vortrag des Klägers entspricht diesen Anforderungen nicht. Der in der Berufungsinstanz anwaltlich vertretene Kläger hat bereits nicht aufgezeigt, seinen Antrag bis zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG aufrechterhalten zu haben. Unabhängig davon erfordert die Ausübung des Fragerechts stets eine hinreichend konkrete Bezeichnung der noch erläuterungsbedürftigen Punkte (Senatsbeschluss vom 15.5.2017 - B 9 SB 85/16 B - Juris RdNr 7). Der Kläger trägt selbst vor, das LSG habe den Sachverständigen Dr. Dr. R. zu den von ihm eingereichten Fragen ergänzend angehört. Er versäumt es aber unter Darstellung der in den ergänzenden Stellungnahmen des Sachverständigen Dr. Dr. R. vom 24.10.2017 und 19.6.2018 gegebenen Antworten auf Lücken, Widersprüche oder Unklarheiten hinzuweisen und hiervon ausgehend die konkret - aus seiner Sicht - noch erläuterungsbedürftigen Punkte zu formulieren. Dies ist aber erforderlich. Denn nur dann kann überhaupt erst beurteilt werden, ob und inwieweit die (hier auch nicht näher bezeichneten) weiteren Fragen an den Sachverständigen - wie zwingend notwendig - auch objektiv sachdienlich sind.
b) Soweit der Kläger darüber hinaus noch eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) durch das LSG rügt, erfüllt sein Vorbringen nicht die Darlegungsanforderungen an eine Sachaufklärungsrüge (s hierzu allgemein Senatsbeschluss vom 21.12.2017 - B 9 SB 70/17 B - Juris RdNr 3). Es fehlt bereits an der Bezeichnung eines prozessordnungsgemäßen Beweisantrags iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG iVm § 118 Abs 1 S 1 SGG, § 403 ZPO. Merkmal eines Beweisantrags ist eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des Beweismittels für diese Tatsache (Senatsbeschluss vom 29.1.2018 - B 9 V 39/17 B - Juris RdNr 11 mwN). Der Kläger hätte substantiiert und präzise in seinen Anträgen angeben müssen, welche konkreten (entscheidungserheblichen) Punkte - ausgehend von der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts - durch die weitere ergänzende Anhörung des Sachverständigen Dr. Dr. R. oder durch ein neues Gutachten noch hätten geklärt werden können. Im Übrigen hat der Kläger aber auch nicht dargelegt, die vorgenannten Anträge bis zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG durch entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten zu haben. Ein Beweisantrag, der lediglich in einem vorbereitenden Schriftsatz gestellt und danach nicht ausdrücklich aufrechterhalten worden ist, genügt dafür nicht (Senatsbeschluss vom 25.9.2017 - B 9 SB 51/17 B - Juris RdNr 7).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
3. Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13194878 |