Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde. Amtsermittlungspflicht. Verfahrensmangel. Beweisantrag. Rechtliches Gehör. Überraschungsentscheidung. Sachliche Unrichtigkeit der LSG-Entscheidung
Leitsatz (redaktionell)
1. Für die Darlegung einer Verletzung der Amtsermittlungspflicht und damit eines Verfahrensmangels ist die Bezeichnung von prozessordnungsgemäßen, bis zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG aufrechterhaltenen Beweisanträgen erforderlich.
2. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Sinne einer Überraschungsentscheidung ist nicht gegeben, wenn in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich ein Hinweis ergangen ist und der Kläger hierzu in der mündlichen Verhandlung hat Stellung nehmen dürfen.
3. Die Nichtzulassungsbeschwerde kann nicht auf die sachliche Unrichtigkeit der LSG-Entscheidung gestützt werden.
Normenkette
SGG § 73 Abs. 1 S. 1, §§ 103, 160 Abs. 2, § 160a Abs. 2 S. 3, Abs. 4 S. 2; ZPO § 114; GG § 62; GG Art. 103 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 16. Oktober 2018 Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im vorbezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger begehrt eine Versorgungsrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen von 40 und höhere Leistungen des Berufsschadensausgleichs nach dem Bundesversorgungsgesetz iVm dem Häftlingshilfegesetz bereits ab 1.1.1993. Diesen Anspruch hat das LSG mit Urteil vom 16.10.2018 verneint.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger beim BSG Beschwerde eingelegt. Zugleich hat er für die Durchführung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt.
II
1. Der Antrag auf PKH ist abzulehnen.
Gemäß § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 Abs 1 S 1 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Das ist hier nicht der Fall.
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Begründung des Klägers vom 11.2. und 11.3.2019 genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil er keinen der in § 160 Abs 2 SGG abschließend genannten Gründe für die Zulassung der Revision (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Divergenz, Verfahrensmangel) ordnungsgemäß dargetan hat (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).
a. Soweit der Kläger eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) durch das LSG und damit einen Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) rügt, erfüllt sein Vorbringen nicht die Darlegungsanforderungen an eine Sachaufklärungsrüge (s hierzu allgemein Senatsbeschluss vom 21.12.2017 - B 9 SB 70/17 B - Juris RdNr 3). Unabhängig davon, dass es bereits an der Bezeichnung von prozessordnungsgemäßen Beweisanträgen iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG fehlt (s hierzu Senatsbeschluss vom 29.1.2018 - B 9 V 39/17 B - Juris RdNr 11 mwN), hat der Kläger auch nicht dargelegt, entsprechende Anträge bis zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG am 16.10.2018 durch entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten zu haben. Ein Beweisantrag, der lediglich in einem vorbereitenden Schriftsatz gestellt und danach nicht ausdrücklich aufrechterhalten worden ist, genügt dafür nicht (stRspr, zB Senatsbeschluss vom 25.9.2017 - B 9 SB 51/17 B - Juris RdNr 7).
b. Soweit der Kläger rügt, das LSG habe ihm im laufenden Verfahren keinen Hinweis über die Einbeziehung des Bescheids vom 5.12.2017 in das Berufungsverfahren gegeben, und mit diesem Vortrag gegebenenfalls eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör im Sinne einer Überraschungsentscheidung (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) geltend machen will (s hierzu Senatsbeschluss vom 28.6.2018 - B 9 SB 53/17 B - Juris RdNr 8), übersieht er, dass der Vorsitzende in der mündlichen Verhandlung am 16.10.2018 ausweislich der Sitzungsniederschrift ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass der vorgenannte Bescheid Gegenstand des laufenden Verfahrens geworden ist. Der Kläger behauptet weder, dass er hierzu in der mündlichen Verhandlung nicht habe Stellung nehmen dürfen, noch trägt er vor, dass er unter keinen Umständen mit der vom LSG diesbezüglich getroffenen Entscheidung habe rechnen können. Im Übrigen war die Frage der Einbeziehung dieses Bescheids in das Berufungsverfahren - worauf die Beklagte in ihrer Beschwerdeerwiderung zu Recht hinweist - bereits Gegenstand des Erörterungstermins vom 11.1.2018.
c. Soweit der Kläger schließlich vorträgt, dass "die Rechtsausführungen auf Seite 15 ff. des angefochtenen Urteils vom 16.10.2018 nicht zutreffen", wendet er sich gegen die sachliche Richtigkeit der LSG-Entscheidung. Hierauf kann jedoch eine Nichtzulassungsbeschwerde von vornherein nicht gestützt werden (stRspr, zB Senatsbeschluss vom 28.9.2018 - B 9 V 22/18 B - Juris RdNr 9).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
3. Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13124899 |