Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Beschluss vom 26.04.2018; Aktenzeichen L 5 KR 1037/18) |
SG Ulm (Entscheidung vom 24.01.2018; Aktenzeichen S 8 KR 3062/16) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. April 2018 Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. April 2018 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der bei der beklagten Krankenkasse und der beklagten Pflegekasse versicherte Kläger ist mit einem trotz gerichtlicher Aufforderung nicht konkretisierten Auskunftsbegehren in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das SG hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Das LSG hat unter Bezugnahme auf die Gründe des SG-Urteils die Berufung zurückgewiesen (Beschluss vom 26.4.2018).
Der Kläger hat privatschriftlich mit einem an das BSG gerichteten Schriftsatz gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Beschluss (zugestellt am 28.4.2018) beim SG Beschwerde eingelegt und Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt (18.5.2018). Das SG hat die Beschwerdeschrift an das BSG weitergeleitet (Schreiben vom 5.6.2018, Eingang beim BSG am 13.6.2018).
II
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte PKH unter Beiordnung eines anwaltlichen Bevollmächtigten. Nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 114, 121 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn - ua - die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt es.
a) Ein Rechtsmittelkläger ist dann an der Einhaltung der Rechtsmittelfrist wegen Bedürftigkeit ohne sein Verschulden gehindert, wenn er innerhalb der Rechtsmittelfrist einen Antrag auf Bewilligung von PKH stellt und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Erklärung) auf dem vorgeschriebenen Formular einreicht (vgl zB BSG Beschluss vom 25.7.2007 - B 1 KR 80/07 B - mwN; BSG SozR 1750 § 117 Nr 1 und 3; BVerfG SozR 1750 § 117 Nr 2). Für die Bewilligung von PKH ist nach der Rspr des BSG und der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes grundsätzlich Voraussetzung, dass sowohl der Antrag auf PKH als auch die Erklärung in der für diese gesetzlich vorgeschriebenen Form (§ 73a Abs 1 S 1 SGG, § 117 Abs 2 und 4 ZPO), dh mit dem durch die Prozesskostenhilfeformularverordnung vom 6.1.2014 (BGBl I 34) eingeführten Formular, bis zum Ablauf der Beschwerdefrist eingereicht werden (vgl BSG SozR 1750 § 117 Nr 1 und 3; BSG Beschluss vom 3.4.2001 - B 7 AL 14/01 B -; BSG Beschluss vom 15.11.2017 - B 1 KR 4/17 BH - Juris RdNr 5; BSG Beschluss vom 14.3.2018 - B 1 KR 11/18 B - Juris RdNr 3; BGH VersR 1981, 884; BVerfG SozR 1750 § 117 Nr 2 und 6; BVerfG NJW 2000, 3344).
Der Kläger hat nicht innerhalb der einmonatigen Rechtsmittelfrist für die Nichtzulassungsbeschwerde (§ 160a Abs 1 S 2 SGG) beim BSG ordnungsgemäß PKH beantragt. Vielmehr hat er seinen formlosen PKH-Antrag ohne nähere Angaben zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen ("Angaben zu persönlichen und wirtschaftlichen Verh. wie bekannt.") an das SG übersandt und dieses implizit aufgefordert, seinen an das BSG adressierten Antrag dorthin weiterzuleiten. Dieser schon die aufgezeigten formellen Voraussetzungen nicht erfüllende Antrag ist nicht vor Ablauf der Monatsfrist, die hier am Tag nach der Zustellung des LSG-Beschlusses am 29.4.2018 begann und am 28.5.2018 endete, beim BSG eingegangen.
b) Dem Kläger ist auch nicht von Amts wegen (§ 67 Abs 2 S 4 SGG) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Dem steht nicht entgegen, dass das SG nicht im normalen Geschäftsgang den PKH-Antrag des Klägers umgehend an das BSG weitergeleitet hat. Der Kläger ist insoweit zwar ohne sein Verschulden verhindert gewesen, einen den formellen Erfordernissen entsprechenden PKH-Antrag innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 67 Abs 1, Abs 2 S 1 und 3 SGG; dazu aa). Der Kläger hat aber nicht innerhalb der Frist für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die versäumte Rechtshandlung nachgeholt (dazu bb).
aa) Nach § 67 Abs 1 SGG ist einem Beteiligten, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Wiedereinsetzung ist unabhängig vom Verschulden des Beteiligten zu gewähren, wenn dies wegen einer Verletzung der prozessualen Fürsorgepflicht des Gerichts geboten ist; in solchen Fällen tritt ein in der eigenen Sphäre des Beteiligten liegendes Verschulden hinter das staatliche Verschulden zurück (BSG SozR 3-1500 § 67 Nr 21; BSG SozR 4-1500 § 67 Nr 11 RdNr 18; BSG Beschluss vom 17.11.2015 - B 1 KR 130/14 B - Juris RdNr 5). Beruht eine Fristversäumung auf Fehlern des Gerichts, sind die Anforderungen an eine Wiedereinsetzung mit besonderer Fairness zu handhaben (stRspr, vgl zB BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 26.2.2008 - 1 BvR 2327/07 - Juris RdNr 22; BVerfGE 110, 339, 342 = SozR 4-1500 § 67 Nr 2 RdNr 11). Hätte das SG nach Eingang des PKH-Antrags pflichtgemäß diesen umgehend an das BSG weitergeleitet, hätte der erkennende Senat den Kläger noch innerhalb der Monatsfrist auf die Notwendigkeit hinweisen können, einen formell ordnungsgemäßen PKH-Antrag einschließlich der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu übersenden.
bb) Der Kläger hat den PKH-Antrag nicht formgerecht und die Erklärung bisher überhaupt nicht, und damit nicht innerhalb der Monatsfrist für die Nachholung der versäumten Handlung (§ 67 Abs 2 S 3 SGG), beim BSG eingereicht.
Der erkennende Senat hat den Kläger mit Berichterstatterschreiben (vom 20.6.2018; zugestellt dem Kläger am 23.6.2018) davon in Kenntnis gesetzt, dass wegen der verzögerten Weiterleitung seiner Beschwerde an das BSG im Hinblick auf die nicht fristgemäß erfolgte Beantragung von PKH Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht kommt, wenn er binnen eines Monats nach Zustellung dieses Schreibens eine ordnungsgemäße Erklärung beim BSG eingeht. Dem Schreiben ist auch ein PKH-Formular beigefügt worden. Jedenfalls mit Zugang dieses Schreibens fiel das Hindernis iS des § 67 SGG weg. Die Frist für die Nachholung der versäumten Handlung begann danach am 24.6.2018 und endete mit Ablauf des 23.7.2018.
Der Kläger hat lediglich geantwortet (Schreiben vom 25.6.2018): "Schreiben enthält Angaben zu wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen: (…) Der Antrag liegt dem BSG als Vordruck vor." Der Kläger ist nochmals mit Berichterstatterschreiben (vom 3.7.2018) darauf hingewiesen worden, dass er bislang nicht die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Erklärung erfüllt hat und der PKH-Antrag deshalb abzulehnen ist, wenn die ordnungsgemäße Erklärung nicht innerhalb der Frist beim BSG eingeht. Hierauf hat sich der Kläger konkludent geweigert, eine Erklärung abzugeben (Schreiben vom 10.7.2018).
c) Da dem Kläger keine PKH zusteht, kann er auch nicht die Beiordnung eines Rechtsanwalts beanspruchen (vgl § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 121 ZPO).
2. Die von dem Kläger selbst eingelegte Beschwerde ist durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG). Sie entspricht nicht den zwingenden gesetzlichen Vorschriften, weil sie nicht durch einen vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) eingelegt worden ist. Schon die Beschwerdeschrift muss von einem zugelassenen Prozessbevollmächtigten unterzeichnet sein. Hierauf hat das LSG den Kläger in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Beschlusses ausdrücklich hingewiesen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI12037955 |