Leitsatz (amtlich)
Zur ausreichenden Bezeichnung des Verfahrensmangels, der darin erblickt wird, daß das LSG einem Beweisantrag unter Verletzung seiner Sachaufklärungspflicht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist, muß substantiiert dargelegt werden, auf Grund welcher Rechtsauffassung das LSG Tatfragen klärungsbedürftig erscheinen und es zu einer genau darzulegenden Sachaufklärung drängen mußten (Anschluß an BSG 1956-12-14 10 RV 663/56 = SozR Nr 64 zu § 162 SGG, BSG 1957-02-20 3 RJ 92/54 = SozR Nr 72 zu § 162 SGG und BSG 1975-09-29 8 BU 64/75 = SozR 1500 § 160a Nr 14).
Normenkette
SGG § 103 Fassung: 1974-07-30, § 160a Abs. 2 S. 3 Fassung: 1974-07-30, § 162 Abs. 2 S. 3 Fassung: 1974-07-30
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches LSG (Entscheidung vom 18.01.1978; Aktenzeichen L 2 V 16/77) |
SG Kiel (Entscheidung vom 26.07.1977; Aktenzeichen S 9 V 36/77) |
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 18. Januar 1978 wird als unzulässig verworfen.
Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde ist in entsprechender Anwendung des § 169 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) als unzulässig zu verwerfen.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist ausschließlich auf das Verfahren des Landessozialgerichts (LSG) betreffende Beanstandungen gestützt. Soweit die geltend gemachten Verfahrensmängel überhaupt nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde dienen können, sind sie jedoch nicht hinreichend bezeichnet im Sinne von § 160a Abs 2 Satz 3 SGG.
Soweit zur Beschwerdebegründung geltend gemacht wird, die Aussage des Prof. Dr. P vom 18. Januar 1978 sei nicht schlüssig und das LSG habe seiner Beurteilung nicht kritiklos folgen und zu dem Schluß kommen dürfen, daß die anerkannten Schädigungsfolgen Mitursache für die Amputation der Beine des Klägers gewesen seien, beanstandet die Beschwerde sinngemäß, das LSG habe die Grenzen des Rechts der freien richterlichen Beweiswürdigung überschritten und somit § 128 Abs 1 Satz 1 SGG verletzt. Diese Rüge ist jedoch als Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ausgeschlossen.
Die Rüge, das LSG habe seine Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) verletzt, weil es den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag, die Operationsunterlagen über den Kläger aus dem Krankenhaus I beizuziehen und den Operateur Dr. W zu vernehmen, ohne hinreichende Gründe abgelehnt habe, obwohl es sich hätte gedrängt fühlen müssen, den beantragten Beweis zu erheben, bezeichnet den gerügten Verfahrensmangel nicht hinreichend.
Wie das Bundessozialgericht (BSG) bereits durch Beschluß vom 29. September 1975 - 8 BU 64/75 - (SozR 1500 Nr 14 zu § 160a SGG) entschieden hat, müssen - wie bei der Verfahrensrüge innerhalb einer Revision nach § 164 Abs 2 Satz 3 SGG - auch in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zur Bezeichnung des Verfahrensmangels nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Dazu gehört insbesondere auch die Angabe der Gründe, aus denen sich das LSG von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus hätte gedrängt sehen müssen, den von ihm abgelehnten Beweis zu erheben (vgl BSG SozR Nrn 64 und 72 zu § 162 SGG; vgl hierzu auch BSG SozR 1500 Nr 24 zu § 160a SGG). Es ist nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts, die ihm vorliegenden Akten daraufhin durchzuprüfen, ob, in welchem Punkt und aus welchen Gründen sich das LSG von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus zu weiterer Sachaufklärung hätte gedrängt fühlen müssen, wie die Beschwerde behauptet. Aufgabe des Beschwerdegerichts ist es vielmehr allein, zu prüfen und zu entscheiden, ob die Gründe, die der Beschwerdeführer einerseits durch Angabe der sachlich-rechtlichen Auffassung des LSG und andererseits durch Darstellung des Beweisergebnisses zu dieser Auffassung konkret zu bezeichnen hat, das LSG bei Beachtung seiner Amtsermittlungspflicht zu weiterer Aufklärung hätten drängen müssen. Fehlt es daher an der genauen Angabe dieser Gründe, ist der Verfahrensmangel des Verstoßes gegen die Sachaufklärungspflicht nicht hinreichend bezeichnet.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen