Verfahrensgang

LSG Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 16.06.2016; Aktenzeichen L 15 AS 152/13)

SG Bremen (Aktenzeichen S 21 AS 1135/12)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerinnen gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 16. Juni 2016 wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag der Klägerinnen, ihnen zur Durchführung des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das bezeichnete Urteil Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin K. zu bewilligen, wird abgelehnt.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Der Beklagte lehnte die Weiterbewilligung von SGB II-Leistungen an die 1977 geborene Klägerin zu 1 rumänischer Staatsangehörigkeit und ihre 2003 geborene Tochter türkischer Staatsangehörigkeit, die Klägerin zu 2, für den Zeitraum vom 1.2.2012 bis 30.4.2012 ab, weil der Ausschluss von Ausländerinnen mit einem Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitssuche nach § 7 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB II eingreife. Ab 1.5.2012 wurden erneut ergänzende SGB II-Leistungen neben einer Teilzeitbeschäftigung der Klägerin zu 1 als Dolmetscherin erbracht. Das LSG hat das zusprechende Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 16.6.2016). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, bei der erwerbsfähigen Klägerin zu 1 sei ein anderes Aufenthaltsrecht als ein solches zur Arbeitsuche nicht erkennbar. Der Senat habe sich nicht vom Vorliegen einer Beschäftigung in der Zeit ihres Aufenthalts im Bundesgebiet bis zum 30.4.2012 zu überzeugen vermocht. Auch die Voraussetzung eines abgeleiteten Aufenthalts als Familienangehörige lägen nicht vor, weil der Ehemann und Vater der Klägerinnen seit August 2011 unbekannten Aufenthalts sei und keine zur Freizügigkeit berechtigende familiäre Gemeinschaft bestehe. Der Ausschluss der Klägerinnen von SGB II-Leistungen sei europarechtskonform.

Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision, für deren Durchführung sie PKH beantragen, machen die Klägerinnen geltend, das angegriffene Urteil unterscheide sich von der Rechtsprechung des LSG Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 29.4.2016 - L 4 AS 182/16 B ER), wonach sich Kinder von Arbeitnehmern wie auch Kinder ehemaliger Arbeitnehmer auf ein Aufenthaltsrecht im Mitgliedstaat berufen könnten. Das aus Art 10 VO (EU) 492/2011 abgeleitete Aufenthaltsrecht des sorgeberechtigten Elternteils ende erst, wenn das aufenthaltsberechtigte Kind seine Ausbildung beendet habe.

II

Die Beschwerde ist nicht zulässig, weil die als Zulassungsgrund geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht in der erforderlichen Weise dargelegt worden ist (§ 160a Abs 2 S 3 SGG). Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG iVm § 169 SGG zu verwerfen.

Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache lässt sich nur erkennen, indem die Beschwerde ausführt, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN stRspr). Die Klägerinnen werden diesen Darlegungserfordernissen trotz des Bezuges auf den Beschluss des LSG Sachsen-Anhalt vom 29.4.2016 (L 4 AS 182/16 B ER) nicht gerecht, weil sie - hinsichtlich eines allein möglichen Aufenthaltsrechts aus Art 10 VO (EU) 492/2011 - schon nicht behaupten, dass sich die Klägerin zu 2 seit ihrem Aufenthalt in Deutschland zu einer Zeit in einer Schulausbildung befunden hat, in welcher ihre Mutter, die Klägerin zu 1, zeitgleich ein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmerin in Deutschland gehabt hat. Diese Voraussetzung hat der Senat in seiner Entscheidung vom 3.12.2015 (B 4 AS 43/15 R - BSGE 120, 139 ff = SozR 4-4200 § 7 Nr 46, RdNr 29 ff) jedoch formuliert, ohne dass die Klägerinnen insofern erneuten bzw weiteren Klärungsbedarf behaupten.

Den Klägerinnen steht PKH nicht zu, weil ihre Rechtsverfolgung aus den genannten Gründen keine Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a SGG). Aus diesem Grund entfällt auch die Beiordnung von Rechtsanwältin K.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI10862610

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