Verfahrensgang
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Hamburg vom 16. Oktober 2018 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin B. aus H. zu bewilligen, wird abgelehnt.
Gründe
I
Der Kläger begehrt in der Hauptsache die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" auch für die Zeit vor dem 5.2.2018, nachdem die Beklagte gestützt auf Befundberichte des Cardiologicums Hamburg vom 5.2.2018 und 11.4.2018 aufgrund der Verschlimmerung des Herzleidens (schwerste höchstgradige Aortenklappenstenose mit zwingender Operationsindikation, Herzinsuffizienz NYHA III) mit Bescheid vom 3.5.2018 neben einem GdB von 80 das Merkzeichen "G" ab 5.2.2018 anerkannt hat. Den vom Kläger geltend gemachten Anspruch hat das LSG mit Beschluss vom 16.10.2018 verneint. Weder die Herzerkrankung noch die sich auf den Bereich der Füße auswirkenden Erkrankungen begründeten einen Anspruch auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" zu einem früheren Zeitpunkt. Eine Herzinsuffizienz mit dem Stärkegrad NYHA III werde erstmals im Befundbericht des Cardiologicums Hamburg vom 5.2.2018 erwähnt. Zuvor habe ein solches Ausmaß der Beeinträchtigung der Herzleistung nach den vorhandenen Befundberichten noch nicht vorgelegen. Hinsichtlich der Erkrankungen im Bereich der Füße hat sich das LSG im Wesentlichen auf die Gutachten der erstinstanzlich gehörten Sachverständigen W. vom 9.10.2015 und Dr. L. vom 26.4.2016 gestützt. Diese hätte zudem auch die rheumatoide Arthritis in ihren Auswirkungen berücksichtigt. Eine erhebliche Beeinträchtigung des Gehvermögens folge daraus nicht. Eine Verschlimmerung der Beeinträchtigungen im Bereich der Füße ergebe sich für den hier noch streitgegenständlichen Zeitraum aus den im Berufungsverfahren eingeholten und vom Kläger vorgelegten medizinischen Befundunterlagen nicht. Auch aus dem im Rentenverfahren eingeholten Gutachten des Dr. P. vom 3.8.2017 folge insoweit nichts anderes, zumal dieser bei seiner gutachterlichen Untersuchung einen bereits seit zwei Jahren bestehenden und damit einen schon bei den früheren Begutachtungen vorliegenden Gesundheitszustand beurteilt habe.
Mit beim BSG am 31.10.2018 eingegangenem Schreiben vom 29.10.2018 hat der Kläger Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwältin B. aus H. für die Durchführung des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde beantragt. Seinen Antrag hat er mit Schreiben vom 9.11. und 19.11.2018 näher begründet. Das LSG habe sein verbliebenes Gehvermögen vor dem 5.2.2018 aufgrund der vorliegenden medizinischen Unterlagen fehlerhaft bewertet. Insbesondere hätte es zusätzlich ein rheumatologisches Gutachten einholen müssen. Wegen der weiteren Ausführungen des Klägers wird auf den Inhalt dieser Schreiben Bezug genommen.
II
Der Antrag des Klägers auf PKH ist abzulehnen.
Nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 Abs 1 S 1 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Die Rechtsverfolgung des Klägers bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Das gegen die angefochtene Berufungsentscheidung allein in Betracht kommende zulässige Rechtsmittel ist die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (§ 160a SGG). Die Revision darf gemäß § 160 Abs 2 SGG nur zugelassen werden, wenn einer der dort abschließend genannten Revisionszulassungsgründe vorliegt. Das ist hier unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers insbesondere auch in seinem Schreiben vom 9.11. und 19.11.2018 und des weiteren Akteninhalts nicht erkennbar.
Es ist nicht ersichtlich, dass ein zur Vertretung vor dem BSG zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 2 und 4 SGG) geltend machen könnte, dass der Rechtssache eine grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) zukommt. Grundsätzliche Bedeutung iS der vorgenannten Bestimmung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Solche Rechtsfragen stellen sich im Fall des Klägers aber nicht. Des Weiteren ist nicht erkennbar, dass der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) vorliegt. Denn die angefochtene Entscheidung des LSG ist nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung abgewichen.
Schließlich lässt sich auch kein Verfahrensmangel feststellen, der gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Zulassung der Revision führen könnte.
Der Kläger rügt, das LSG habe sein Gehvermögen und damit die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens "G" für die Zeit vor dem 5.2.2018 unzutreffend eingeschätzt. Soweit der Kläger mit der Auswertung der medizinischen Unterlagen durch das LSG nicht einverstanden ist und insbesondere meint, das Berufungsgericht hätte hinsichtlich der Einschätzung der Gehfähigkeit dem im Rentenverfahren erstellten Gutachten des Arbeitsmediziners Dr. P. vom 3.8.2017 und nicht den in erster Instanz eingeholten Gutachten des Arztes für Allgemeinmedizin W. vom 9.10.2015 und der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. L. vom 26.4.2016, die beide die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" verneint haben, folgen müssen, wendet er sich gegen die Beweiswürdigung der Vorinstanz. Eine solche Rüge kann jedoch nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG nicht mit Erfolg in einem Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren geltend gemacht werden. Denn in einem solchen Verfahren kann die Richtigkeit der Beweiswürdigung des LSG (§ 128 Abs 1 S 1 SGG) nicht überprüft werden. Die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Gutachtenergebnissen gehört zur Beweiswürdigung selbst und damit zu den Kernaufgaben der Tatsacheninstanz (vgl Senatsbeschluss vom 21.8.2018 - B 9 V 9/18 B - Juris RdNr 18; BSG Beschluss vom 19.11.2007 - B 5a/5 R 382/06 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 8). Soweit der Kläger eine unzutreffende Rechtsanwendung des LSG in seinem Einzelfall rügen wollte, kann er auch insoweit keine Revisionszulassung erreichen (vgl stRspr, zB BSG Beschluss vom 26.6.1975 - 12 BJ 12/75 - SozR 1500 § 160a Nr 7 S 10).
Des Weiteren rügt der Kläger eine Verletzung der tatrichterlichen Sachaufklärungspflicht nach § 103 SGG, weil das Berufungsgericht auf seinen Antrag kein rheumatologisches Gutachten eingeholt habe. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass sich das LSG ausgehend von seiner Rechtsansicht zur Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" vor dem 5.2.2018 zur Einholung eines solchen Gutachtens hätte gedrängt fühlen müssen. Denn die im Verfahren gehörten Sachverständigen W. und Dr. L. haben in ihren gutachterlichen Ausführungen die rheumatoide Arthritis berücksichtigt und deren Auswirkungen bezogen auf das Begehren des Klägers sozialmedizinisch bewertet. Dass sich insoweit (also hinsichtlich der rheumatischen Gelenkerkrankung) im hier noch relevanten Zeitraum vor Februar 2018 die Befundlage aufgrund der im Berufungsverfahren vom LSG eingeholten und vom Kläger vorgelegten Befund- und Behandlungsberichte signifikant verändert hat, ist nicht ersichtlich. Liegen - wie im vorliegenden Fall - zudem bereits mehrere Gutachten vor, ist das Tatsachengericht nur dann zu weiteren Beweiserhebungen verpflichtet, wenn die vorhandenen Gutachten "ungenügend" sind (§ 118 Abs 1 S 1 SGG iVm § 412 Abs 1 ZPO), weil sie grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche enthalten oder von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde des Gutachters geben (Senatsbeschluss vom 21.8.2018 - B 9 V 9/18 B - Juris RdNr 11; Senatsbeschluss vom 16.2.2017 - B 9 V 48/16 B - Juris RdNr 13, jeweils mwN). Dies ist in Bezug auf die Gutachten der Sachverständigen W. und Dr. L. nicht ersichtlich.
Schließlich durfte das LSG auch ohne mündliche Verhandlung im Beschlussverfahren nach § 153 Abs 4 SGG entscheiden, nachdem es die Beteiligten hierzu zuvor angehört hatte. Selbst wenn der (Teilabhilfe-)Bescheid der Beklagten vom 3.5.2018 hinsichtlich der Feststellung, dass die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" ab 5.2.2018 vorliegen, gemäß § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden sein sollte, würde dieser Verwaltungsakt einer Entscheidung nach § 153 Abs 4 SGG nicht entgegenstehen. Denn zum einen ist durch ihn hinsichtlich des allein noch streitgegenständlichen Begehrens des Klägers auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "G" für den Zeitraum vor dem 5.2.2018 keine Änderung erfolgt, und zum anderen hat das LSG den Kläger nach Erlass dieses Bescheids zur beabsichtigten Verfahrensweise nach § 153 Abs 4 SGG angehört. Das fehlende Einverständnis des Klägers ist unerheblich.
Aufgrund der Ablehnung des PKH-Antrags entfällt zugleich die Möglichkeit der Beiordnung von Rechtsanwältin B. im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
Fundstellen
Dokument-Index HI12903265 |