Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde. Prozesskostenhilfe. Antrag. Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Form. Beschwerdefrist. Rechtliches Gehör
Leitsatz (redaktionell)
1. Voraussetzung für die Bewilligung von PKH ist, dass sowohl der (grundsätzlich formlose) Antrag auf PKH als auch die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der für diese gesetzlich vorgeschriebenen Form bis zum Ablauf der Beschwerdefrist eingereicht werden.
2. Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde geht es nicht darum, ob die Entscheidung des LSG in der Sache richtig oder falsch ist.
3. Das Verfahrensgrundrecht auf rechtliches Gehör vermittelt keinen Anspruch darauf, dass das Gericht der Rechtsansicht eines Beteiligten folgt.
Normenkette
SGG § 64 Abs. 2, § 73 Abs. 4, § 73a Abs. 1 S. 1, § 160 Abs. 2, § 160a Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 3, Abs. 4 S. 1, § 169 Sätze 2-3; ZPO §§ 114, 117 Abs. 2, 4, § 121; GG Art. 103 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Der Antrag der Klägerin, ihr für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 27. November 2020 Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im vorbezeichneten Beschluss wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Die Klägerin begehrt Rente wegen Erwerbsminderung. Das LSG Nordrhein-Westfalen hat die ablehnenden Entscheidungen der Beklagten und des SG bestätigt und die Berufung gegen das Urteil des SG Münster vom 19.12.2019 mit Beschluss vom 27.11.2020 zurückgewiesen. Die Klägerin sei nach dem Ergebnis der durchgeführten sozialmedizinischen Ermittlungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert.
Die Klägerin hat gegen die Nichtzulassung der Revision in dem genannten Beschluss, der ihr am 11.12.2020 zugestellt worden ist, mit einem von ihr unterzeichneten und am 11.1.2021 beim BSG eingegangenen Schreiben vom 6.1.2021 Beschwerde eingelegt. Mit weiterem Schreiben vom 15.1.2021, beim BSG eingegangen am 18.1.2021, hat sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt und am 1.2.2021 eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt.
II
1. Die Bewilligung von PKH ist abzulehnen.
Voraussetzung für die Bewilligung von PKH ist nach der Rechtsprechung des BSG und der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes, dass sowohl der (grundsätzlich formlose) Antrag auf PKH als auch die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Erklärung) in der für diese gesetzlich vorgeschriebenen Form (§ 73a Abs 1 SGG, § 117 Abs 2 und 4 ZPO) bis zum Ablauf der Beschwerdefrist eingereicht werden (vgl BSG Beschluss vom 11.1.2018 - B 9 SB 87/17 B - juris RdNr 3; BSG Beschluss vom 13.1.2021 - B 5 R 16/20 BH - juris RdNr 3). Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Die Klägerin hat bis zum Ablauf der einmonatigen Beschwerdefrist, die am Montag, dem 11.1.2021 endete (§ 160a Abs 1 Satz 2, § 64 Abs 2 SGG), weder einen Antrag auf PKH gestellt noch die erforderliche Erklärung vorgelegt. Der PKH-Antrag ist erst am 18.1.2021, die Erklärung am 1.2.2021 und damit nach Fristablauf (und zudem nicht vollständig ausgefüllt) beim BSG eingegangen. Es ist auch nicht erkennbar, dass die Klägerin iS von § 67 SGG ohne Verschulden verhindert war, die genannte Frist einzuhalten.
Ungeachtet dieser fehlenden formalen Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH ist auch eine hinreichende Erfolgsaussicht der von der Klägerin beabsichtigten Nichtzulassungsbeschwerde nicht erkennbar (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO). Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde geht es nicht darum, ob die Entscheidung des LSG in der Sache richtig oder falsch ist. Vielmehr darf nach § 160 Abs 2 SGG die Revision nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Es ist nicht erkennbar, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter einen dieser Revisionszulassungsgründe mit Erfolg geltend machen könnte. Dass nach Ansicht der Klägerin das LSG falsch entschieden habe, vermag eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht zu begründen. Ebenso wenig vermittelt das Verfahrensgrundrecht auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG) einen Anspruch darauf, dass das Gericht der Rechtsansicht eines Beteiligten folgt.
Da der Klägerin keine PKH zusteht, entfällt zugleich die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
2. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des LSG ist unzulässig, weil sie nicht von einem gemäß § 73 Abs 4 SGG vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten unterzeichnet worden ist. Auf das Erfordernis, sich vor dem BSG durch einen der in § 73 Abs 4 SGG aufgeführten Prozessbevollmächtigten vertreten zu lassen, ist die Klägerin in der Rechtsmittelbelehrung des LSG-Beschlusses ausdrücklich hingewiesen worden.
Die von der Klägerin selbst eingelegte Beschwerde ist gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14456206 |