Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Nichtzulassungsbeschwerde. Verfahrensmangel. Fehlen der Entscheidungsgründe. Vertretungszwang. Einreichung eines vom Beteiligten selbst verfassten Schreibens beim BSG durch den Prozessbevollmächtigten
Orientierungssatz
1. Vom Fehlen der Entscheidungsgründe ist nur auszugehen, wenn die Entscheidungsgründe rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder sonst derart unbrauchbar sind, dass sie unter keinem denkbaren Gesichtspunkt geeignet sind, den Entscheidungstenor zu tragen, oder wenn die angeführten Gründe verworren sind oder nur nichtssagende Redensarten enthalten oder zu einer von einem Beteiligten aufgeworfenen, eingehend begründeten und für die Entscheidung nach Ansicht des Gerichts erheblichen Rechtsfrage nur angeführt wird, dass diese Auffassung nicht zutreffe (vgl BSG vom 5.10.2010 - B 8 SO 62/10 B = juris RdNr 7).
2. Bloße Widersprüche oder Lücken einer Entscheidung stehen dem Fehlen von Urteilsgründen nicht gleich.
3. Es genügt dem Vertretungszwang nach § 73 Abs 4 S 1 SGG nicht, wenn ein Prozessbevollmächtigter ein von einem Beteiligten selbst oder von einem Familienangehörigen verfasstes Schreiben unterzeichnet und - unter Umständen versehen mit Kanzleistempel - beim BSG einreicht und erkennbar ist, dass der Bevollmächtigte selbst keine eigenständige Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs vorgenommen hat (vgl BSG vom 24.2.1992 - 7 BAr 86/91 = SozR 3-1500 § 166 Nr 4).
4. Die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss wurde nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG 1. Senat 1. Kammer vom 22.4.2020 - 1 BvR 2382/19).
Normenkette
SGG §§ 62, 73 Abs. 4 S. 1, §§ 103, 136, 160 Abs. 2 Nrn. 2-3, § 160a Abs. 2 Sätze 1, 3; GG Art 103 Abs. 1
Verfahrensgang
SG Oldenburg (Urteil vom 16.10.2017; Aktenzeichen S 5 R 4/17) |
LSG Niedersachsen-Bremen (Beschluss vom 20.03.2018; Aktenzeichen L 12 R 229/17) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 20. März 2018 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I. In dem der Beschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit wehrt sich der Kläger gegen die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung auf unbestimmte Dauer ab 1.2.2002 durch Bescheid der Beklagten vom 11.7.2006. Er sieht "sich durch die Zuerkennung der Rentenzahlung in einer Zwangsrente auf Basis einer virtuellen Krankheit verortet …, die er gar nicht haben will. Er möchte Rehabilitationsmaßnahmen, die seine Erwerbsfähigkeit wiederherstellen würden". Dem Kläger geht es "um Aufhebung des bisherigen Rentenbescheides und stattdessen um die Ausstellung eines neuen Rentenbescheides auf Grund des Antragsleidens und damit verbunden, Maßnahmen zur medizinischen Rehabilitation und Teilhabe am Arbeitsleben bezüglich des Antragsleidens zu verwirklichen, damit so die Erwerbsfähigkeit wiederhergestellt werden kann". Das LSG hat mit Beschluss vom 20.3.2018 die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des SG Oldenburg zurückgewiesen und einen Anspruch des Klägers auf "Ersetzung der bisherigen Rentenbewilligung durch eine auf einem anderen 'Antragsleiden' beruhende Rentenbewilligung" verneint.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Beschluss hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt.
II. Die Beschwerde des Klägers ist als unzulässig zu verwerfen.
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Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn |
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder |
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die angefochtene Entscheidung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder |
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bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3). |
Dass der Kläger die Entscheidung des LSG inhaltlich für unrichtig hält, kann dagegen nicht zur Zulassung der Revision führen (stRspr, vgl zB BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4; BVerfG Beschluss vom 6.5.2010 - 1 BvR 96/10 - SozR 4-1500 § 178a Nr 11 RdNr 28 mwN).
Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
1. Die Beschwerdebegründung des Teils A 2 und 4 genügt schon deswegen nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen, weil der Kläger es offenlässt, welchen der in § 160 Abs 2 SGG genannten Zulassungsgründe er mit der Beschwerde geltend macht. Nur sinngemäß ist der Beschwerdebegründung zu entnehmen, dass er sich auf Verfahrensmängel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG (unverständliche Urteilsbegründung, Verletzung rechtlichen Gehörs) sowie Divergenzen (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) des angegriffenen Beschlusses zur Rechtsprechung des BSG beruft.
a) Ein Verfahrensmangel wird vom Kläger in seiner Beschwerdebegründung nicht hinreichend bezeichnet.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen zur Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Ein entscheidungserheblicher Mangel des Berufungsverfahrens wird nur dann substantiiert bezeichnet, wenn der Beschwerdeführer diesen hinsichtlich aller ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen darlegt, sodass das Beschwerdegericht allein anhand dieser Begründung darüber befinden kann, ob die angegriffene Entscheidung des LSG möglicherweise auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruht (vgl zB BSG Beschluss vom 16.11.2000 - B 4 RA 122/99 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 33 - Juris RdNr 16 mwN; BSG Beschluss vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 16 mwN).
aa) Daran fehlt es, soweit der Kläger einen Verstoß des LSG gegen § 136 SGG rügt, weil die Begründung des angegriffenen Beschlusses widersprüchlich sei, was zum Fehlen tragender Entscheidungsgründe führe. Hierzu führt der Kläger aus, der Widerspruch liege darin, dass das LSG einerseits auf die Gründe des Urteils des SG Bezug nehme, andererseits aber eine vom SG abweichende Rechtsauffassung zur Frage der Unterscheidung eines begünstigenden oder belastenden Verwaltungsakts im Rahmen des § 44 SGB X vertrete. Fehlende Gründe werden damit nicht bezeichnet.
Eine Entscheidung ist nicht schon dann nicht mit Gründen versehen, wenn das Gericht nicht jeden Gesichtspunkt, der erwähnt werden könnte, abhandelt oder wenn die Ausführungen des Gerichts zu den rechtlichen Voraussetzungen und zum tatsächlichen Geschehen aus der Sicht eines Dritten falsch, oberflächlich oder nur wenig überzeugend sein sollten (vgl BSG Urteil vom 2.6.2004 - B 7 AL 56/03 R - SozR 4-4300 § 223 Nr 1 RdNr 16 - Juris RdNr 23; BSG Beschluss vom 18.12.2012 - B 13 R 305/11 B - Juris RdNr 7 mwN). Vom Fehlen der Entscheidungsgründe ist nur auszugehen, wenn die Entscheidungsgründe rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder sonst derart unbrauchbar sind, dass sie unter keinem denkbaren Gesichtspunkt geeignet sind, den Entscheidungstenor zu tragen, oder wenn die angeführten Gründe verworren sind oder nur nichtssagende Redensarten enthalten oder zu einer von einem Beteiligten aufgeworfenen, eingehend begründeten und für die Entscheidung nach Ansicht des Gerichts erheblichen Rechtsfrage nur angeführt wird, dass diese Auffassung nicht zutreffe (vgl BSG Beschluss vom 5.10.2010 - B 8 SO 62/10 B - Juris RdNr 7 mwN).
Ein solcher Sachverhalt wird in der Beschwerdebegründung nicht dargelegt, mit der der Kläger lediglich auf einen vermeintlichen Widerspruch innerhalb der Entscheidungsgründe des LSG verweist. Bloße Widersprüche oder Lücken einer Entscheidung stehen jedoch dem Fehlen von Urteilsgründen nicht gleich, wie sich auch aus der vom Kläger für seine Auffassung in Bezug genommenen Kommentierung ergibt (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 136 RdNr 7g unter Hinweis auf BFH Urteil vom 20.5.1994 - VI R 10/94 - BFHE 174, 391 - Juris RdNr 10).
bb) Ein Verfahrensmangel wegen Verletzung rechtlichen Gehörs wird ebenfalls nicht hinreichend bezeichnet.
Hierzu führt der Kläger aus, ihm sei unter Verstoß gegen § 62 SGG und Art 103 Abs 1 GG weiterer Vortrag zu der Frage verwehrt worden, "ob die Beklagte völlig losgelöst von den tatsächlichen Fakten, die Ursache einer Erwerbsminderung so festlegen darf, dass … die Kosten durch eine Rentenbewilligung minimiert werden, statt ihm … teurere Leistungen der Rehabilitation zugängig zu machen". Daher habe er dem LSG seine subjektive Sicht der Dinge nicht noch eindrücklicher vermitteln können.
Die Anforderungen an die Bezeichnung eines Verfahrensmangels werden jedenfalls deshalb verfehlt, weil in der Beschwerdebegründung nicht dargelegt wird, dass der angefochtene Beschluss - ausgehend von der Rechtsauffassung des LSG - auf der vermeintlichen Gehörsverletzung beruhen kann. Hierzu hätte der Kläger schlüssig ausführen müssen, dass der Bescheid vom 11.7.2006 bereits bei Erlass rechtswidrig war (§ 44 SGB X) oder dieser durch eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen nachträglich rechtswidrig geworden ist (§ 48 SGB X). Wie in der Beschwerdebegründung dargestellt, hat das LSG allein das tatsächliche Leistungsvermögen des Klägers als für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit ausschlaggebenden Umstand angesehen. Dass sein Leistungsvermögen bei Bescheiderlass bzw dem damals angenommenen Leistungsfall nicht den Voraussetzungen des § 43 SGB VI iVm § 102 Abs 2 SGB VI genügte bzw sich seither in rentenschädlichem Maße gebessert hätte, hat der Kläger nicht dargelegt.
b) Auch der Revisionszulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) wird vom Kläger nicht hinreichend dargelegt.
Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG bedeutet Widerspruch im Rechtssatz, nämlich das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die zwei Urteilen zugrunde gelegt sind. Zur ordnungsgemäßen Darlegung einer Divergenz sind ein oder mehrere entscheidungstragende Rechtssätze aus der Berufungsentscheidung und zu demselben Gegenstand gemachte und fortbestehende aktuelle abstrakte Aussagen aus einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG einander gegenüberzustellen; zudem ist näher zu begründen, weshalb diese nicht miteinander vereinbar sind und inwiefern die Entscheidung des LSG auf der Abweichung beruht (stRspr, vgl BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 17; BSG Beschluss vom 19.7.2012 - B 1 KR 65/11 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 21). Nicht ausreichend ist es hingegen, wenn die fehlerhafte Anwendung eines als solchen nicht in Frage gestellten höchstrichterlichen Rechtssatzes durch das Berufungsgericht geltend gemacht wird (bloße Subsumtionsrüge), denn nicht die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall, sondern nur eine Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen ermöglicht die Zulassung der Revision wegen Divergenz (vgl BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 f; BSG Beschluss vom 24.4.2015 - B 13 R 37/15 B - Juris RdNr 6).
Es kann dahinstehen, ob die vom Kläger auf den Seiten 3, 4 und 6 formulierten Aussagen des LSG und die dem gegenübergestellten Auszüge aus Urteilen des BSG (BSG Urteil vom 28.9.1999 - B 2 U 32/98 R - BSGE 84, 281 = SozR 3-2200 § 605 Nr 1; BSG Urteil vom 28.5.1997 - 8 RKn 27/95 - SozR 3-2600 § 93 Nr 3) tatsächlich als den angegriffenen Beschluss bzw das jeweilige BSG-Urteil tragende abstrakte Rechtssätze zu qualifizieren sind. Jedenfalls legt der Kläger nicht dar, dass die Entscheidung des LSG auf der geltend gemachten Abweichung beruht. Auf Grund der Beschwerdebegründung wird nicht erkennbar, dass das LSG im Ergebnis hätte anders entscheiden können, wenn es seiner Entscheidung die vom Kläger zitierten Aussagen des BSG zugrunde gelegt hätte. Unabhängig davon, ob sich die Eigenschaft eines Verwaltungsakts als begünstigend oder nicht begünstigend nach der gegenwärtigen subjektiven Sicht des Betroffenen bestimmt (BSG Urteil vom 28.9.1999 - B 2 U 32/98 R - BSGE 84, 281 = SozR 3-2200 § 605 Nr 1 - Juris RdNr 28) setzte eine andere Entscheidung des LSG auf Grundlage des § 44 SGB X die Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 11.7.2006 im Erlasszeitpunkt voraus (vgl Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 44 RdNr 5, 24 mwN). Ebenso kommt es nicht darauf an, ob sich im Rahmen des § 48 Abs 1 SGB X bei nachträglichen rückwirkenden Änderungen, soweit sie materiell-rechtlich erheblich sind, der Zeitpunkt der Änderung nach der Rückwirkung bestimmt (BSG Urteil vom 28.5.1997 - 8 RKn 27/95 - SozR 3-2600 § 93 Nr 3 - Juris RdNr 89), wenn die Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse nicht dazu führt, dass der Verwaltungsakt, so wie er ergangen ist, nicht mehr erlassen werden dürfte, weil er mit der objektiven Rechtslage nicht mehr übereinstimmt (vgl Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 48 RdNr 12 ff mwN).
Eine solche ursprüngliche oder nachträgliche Rechtswidrigkeit der Rentenbewilligung hat der Kläger nicht schlüssig aufgezeigt. Für die Rechtmäßigkeit einer Rentenbewilligung nach § 43 SGB VI kommt es - worauf das LSG bereits hingewiesen hat - nicht auf eine bestimmte Diagnosestellung oder Bezeichnung von Befunden an (BSG Beschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 6; BSG Beschluss vom 28.2.2017 - B 13 R 37/16 BH - Juris RdNr 15). Insofern ist auch die Frage der Sperrung und Verwertbarkeit eines bestimmten Gutachtens im Verwaltungsverfahren für die materielle Rechtmäßigkeit der erfolgten Rentengewährung ohne Belang. Ausschlaggebend ist einzig die Frage, ob das Leistungsvermögen des Versicherten in dem in § 43 SGB VI genannten Maße gemindert ist und - bezüglich einer Gewährung auf Dauer - ob es unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann (§ 102 Abs 2 S 5 SGB VI). Dass dies nicht der Fall sei, hat der Kläger nicht schlüssig dargestellt.
2. Bei der Prüfung der Beschwerdebegründung sind die Ausführungen in Teil B (S 7 ff) des Schriftsatzes vom 25.6.2018 nicht zu berücksichtigen. Dieser Teil der Beschwerdebegründung genügt nicht den Anforderungen des auch für die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde in den Verfahren vor dem BSG nach § 73 Abs 4 S 1 SGG geltenden Vertretungszwangs. Das gesetzliche Erfordernis, eine Nichtzulassungsbeschwerde durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten zu begründen (§ 73 Abs 4 S 1 SGG), soll bewirken, dass dieser die Rechtslage im Hinblick auf die drei Revisionszulassungsgründe (§ 160 Abs 2 SGG) genau durchdenkt, von aussichtslosen Beschwerden absieht und andernfalls die Entscheidungsfindung des Gerichts erleichtert, indem er klar darlegt, welcher Zulassungsgrund aus welchen Gründen vorliegt (BSG Beschluss vom 24.2.1992 - 7 BAr 86/91 - SozR 3-1500 § 166 Nr 4 - Juris RdNr 4; BSG Beschluss vom 3.11.2010 - B 5 R 282/10 B - Juris RdNr 8). Eine ordnungsgemäße Beschwerdebegründung iS des § 160a Abs 2 S 1 SGG liegt nur vor, wenn sie aus sich heraus erkennen lässt, dass sie das Ergebnis der eigenen geistigen Arbeit des Prozessbevollmächtigten ist, für die dieser mit seiner Unterschrift die Verantwortung übernimmt (vgl BSG Beschluss vom 13.1.2011 - B 13 R 120/10 B - Juris RdNr 4; BSG Beschluss vom 1.6.2017 - B 8 SO 24/17 B - Juris RdNr 4). Er darf sich aber nicht distanzieren und zu erkennen geben, dass er den Inhalt nicht überprüft hat (vgl B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 73 RdNr 57 sowie Leitherer in aaO, § 164 RdNr 9a, jeweils mwN). Insbesondere genügt es nicht, wenn ein Prozessbevollmächtigter ein von einem Beteiligten selbst oder von einem Familienangehörigen verfasstes Schreiben unterzeichnet und - uU versehen mit Kanzleistempel - beim BSG einreicht und erkennbar ist, dass der Bevollmächtigte selbst keine eigenständige Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs vorgenommen hat (BSG Beschluss vom 24.2.1992 - 7 BAr 86/91 - SozR 3-1500 § 166 Nr 4). Nichts anderes gilt für die Übernahme von Schreiben eines nicht Postulationsfähigen in einen Schriftsatz auf Kanzleibriefbogen, zB im Wege computergestützten Kopierens und Einfügens. Hat der Prozessbevollmächtigte in seinem Schriftsatz ganz oder teilweise einen vom Beschwerdeführer entworfenen Text übernommen, fehlt es an dem Nachweis, dass sich der Prozessbevollmächtigte mit der Sache selbst intensiv befasst hat (BSG Beschluss vom 22.5.1995 - 1 BK 11/95 - Juris RdNr 5 ).
Vorliegend hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers den fraglichen Abschnitt der Begründung mit den Worten eingeleitet, "Der Beschwerdeführer legt Wert auf das Vorbringen eigener weiterer Gründe für sein Beschwerdeverfahren, welche der Unterzeichner wie folgt sich für die weitere Begründung zu eigen macht und vorträgt". Es folgen drei Seiten, die sich in Gliederung und Diktion deutlich von dem vorangegangenen Text in Teil A der Beschwerdebegründung unterscheiden und diesen zum Teil sinngemäß wiederholen. Dabei lässt die Wendung "wurde vom Gericht nicht erkannt, dass es mir um diese Maßnahmen bezüglich des Antragsleidens geht" deutlich erkennen, dass der Text ursprünglich vom Kläger stammt, auch wenn im Weiteren die dritte Person Singular verwandt wird. Auch dem Inhalt des Vortrags nach ist nicht zu erkennen, dass sie das Ergebnis der eigenen geistigen Arbeit des Prozessbevollmächtigten ist. Unabhängig davon ist der Senat nicht überzeugt, dass der Prozessbevollmächtigte hierfür die volle Verantwortung übernehmen wollte. Dem steht die diesen Ausführungen vorangestellte Klarstellung, dass es sich um eigene weitere Gründe des Klägers handelt und diese vorgetragen werden, weil der Kläger "Wert auf das Vorbringen eigener weiterer Gründe" lege, entgegen. Die auf dieser deutlichen Distanzierung gründenden Zweifel werden auch durch die nachfolgende Behauptung, der Prozessbevollmächtigte mache sich diese Gründe "für die weitere Begründung zu eigen", nicht beseitigt.
Hiervon abgesehen, wird in diesem Teil der Beschwerdebegründung auch kein Zulassungsgrund ordnungsgemäß dargetan. Im Wesentlichen rügt der Kläger hier erneut die inhaltliche Unrichtigkeit der Entscheidung des LSG. Soweit er einen Verstoß gegen die Amtsermittlung (§ 103 SGG) geltend machen möchte, wird von ihm bereits kein konkretes und positiv gewandetes Beweisthema benannt, das dem angegebenen Beweisantrag zugrunde gelegen haben könnte und dem das LSG hätte nachgehen müssen. Letztlich schlägt auch hier durch, dass es in der Beschwerdeschrift an einer zusammenhängenden Sachverhaltsdarstellung mangelt, aus der sich dem Beschwerdegericht erschließen könnte, dass und warum es ausgehend von der Rechtsauffassung des LSG eines weiteren Sachverständigengutachtens bedurft hätte. Eine Sachverhaltsschilderung gehört zu den Mindestvoraussetzungen der Darlegung bzw Bezeichnung des Revisionszulassungsgrundes. Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, sich im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens die maßgeblichen Tatsachen aus der angegriffenen Entscheidung herauszusuchen (vgl BSG Beschluss vom 31.5.2017 - B 5 R 358/16 B - Juris RdNr 8 mwN; BSG Beschluss vom 26.1.2018 - B 13 R 309/14 B - Juris RdNr 3 f).
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13175099 |