Verfahrensgang
LSG Berlin (Urteil vom 19.06.1996) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 19. Juni 1996 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Der Kläger bezieht von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) Altersruhegeld und erhält seit dem 1. Januar 1989 einen Beitragszuschuß zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung. Er ist weiterhin abhängig beschäftigt und erzielt ein über der Jahresarbeitsentgeltgrenze liegendes Arbeitsentgelt. Als freiwilliges Mitglied der Beklagten zahlt er aus dem Arbeitsentgelt Höchstbeiträge und aus der Rente den Beitragszuschuß. Im Februar 1993 beantragte er, bei der Bemessung der Beiträge zur Krankenversicherung die von der BfA gewährte Rente mit dem dazugehörigen Beitragszuschuß unberücksichtigt zu lassen und ihm die seit 1. Januar 1989 gezahlten Beiträge in Höhe des Beitragszuschusses zu erstatten. Die Beklagte lehnte den Antrag ab. Klage und Berufung blieben erfolglos.
Mit der gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts gerichteten Beschwerde macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend (§ 160 Abs 2 Nr 1 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫). Er hält Fragen zur Auslegung des § 240 Abs 3 des Sozialgesetzbuchs – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) und des § 106 Abs 1 des Sozialgesetzbuchs – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) aus einfachrechtlicher und verfassungsrechtlicher Sicht für klärungsbedürftig.
Die Beschwerde führt nicht zur Zulassung der Revision. Der Senat läßt offen, ob die Beschwerde zulässig ist. Sie ist jedenfalls unbegründet. Der Senat mißt der Rechtssache unter Berücksichtigung der Beschwerdebegründung keine grundsätzliche Bedeutung zu, weil die Antwort auf die zur Auslegung des § 240 Abs 3 SGB V aufgeworfene Rechtsfrage unmittelbar dem Gesetz zu entnehmen ist und die Fragen im übrigen bereits revisionsgerichtlich geklärt sind (vgl BSG SozR 3-2200 § 393a Nr 1 und BSG, Urteil vom 19. Dezember 1991 – 12 RK 11/90 – USK 91150 = Die Beiträge 1993, 125). Die Beschwerdebegründung enthält insoweit keine wesentlichen neuen Gesichtspunkte, die zu einer über die Erörterungen in den genannten Urteilen hinausgehenden Betrachtung führen und eine abweichende Entscheidung in einem neuen Revisionsverfahren als möglich erscheinen lassen.
Nach dem Wortlaut des § 240 Abs 3 SGB V ist es zweifelsfrei, daß statt des Beitrags aus der Rente der Zuschuß des Rentenversicherungsträgers auch dann einzuzahlen ist, wenn allein das Entgelt aus der abhängigen Beschäftigung die Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung erreicht. Die in der Beschwerdebegründung vorgetragene Auslegung, daß Entgelt und Rente zusammen die Beitragsbemessungsgrenze überschreiten müssen, wird mit einem nur begrenzten Regelungsgehalt des Satzes 1 der Vorschrift und dem Wort „insgesamt” in deren Satz 2 begründet. Der Senat hält diese Ansicht für zweifelsfrei unzutreffend. § 240 Abs 3 Satz 1 SGB V bestimmt, daß für freiwillige Mitglieder, die neben dem Arbeitsentgelt eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, der Zahlbetrag der Rente getrennt von den übrigen Einnahmen bis zur Beitragsbemessungsgrenze zu berücksichtigen ist. Satz 2 der Vorschrift regelt, bezogen auf die in Satz 1 angeordnete getrennte Beitragspflicht der Rente, daß, soweit „dies” insgesamt zu einer Beitragsbelastung über der Beitragsbemessungsgrenze führt, statt des entsprechenden Beitrags aus der Rente nur der Zuschuß des Rentenversicherungsträgers einzuzahlen ist. Die Regelung erfaßt danach jede Überschreitung der Beitragsbemessungsgrenze aufgrund der getrennten Beitragspflichtigkeit von Arbeitsentgelt und Rente, auch wenn schon allein das Arbeitsentgelt diese Grenze erreicht. Der Senat hat in seinem Urteil vom 25. April 1991 (SozR 3-2200 § 393a Nr 1), das, anders als die Beschwerde meint, auch zu dem seit 1. Januar 1989 anzuwendenden Recht ergangen ist, den Zweck der Regelung des § 240 Abs 3 SGB V in der hier vertretenen Auslegung dargestellt und ausgeführt, daß und warum eine andere Lösung unbillig wäre. Die Beschwerdebegründung gibt keinen Anlaß, diese Auffassung erneut in einem Revisionsverfahren zu überprüfen, zumal sie sich mit den in der Entscheidung angeführten Erwägungen nicht auseinandersetzt.
Die vom Kläger aufgeworfenen Fragen, ob § 106 Abs 1 SGB VI als Sonderregelung gegenüber § 240 Abs 3 SGB V anzuwenden und dahin zu verstehen ist, daß dem Rentner ein Privileg eingeräumt wird, das ihn wirtschaftlich auch entlasten soll, wenn sein Arbeitsentgelt die Beitragsbemessungsgrenze überschreitet, sind zu verneinen. Der Senat hat bereits entschieden, daß die Vorschrift über die Gewährung des Beitragszuschusses (§ 83e Abs 1 Nr 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes ≪AVG≫ (nur) die rentenrechtliche, nicht dagegen die krankenversicherungsrechtliche Position regelt (BSG SozR 3-2200 § 393a Nr 1 S 3f). Für die inhaltlich mit § 83e Abs 1 Nr 2 AVG übereinstimmende Vorschrift des § 106 Abs 1 Satz 1 SGB VI gilt nichts anderes. Außerdem besteht, wie der Senat festgestellt hat, der Sinn des § 83e AVG (jetzt § 106 Abs 1 SGB VI) nicht darin, dem Rentenbezieher in jedem Fall einen wirtschaftlichen Vorteil einzuräumen, sondern darin, ihn zumindest teilweise von der finanziellen Belastung durch Krankenversicherungsbeiträge freizustellen, die auf dem Rentenbezug beruht (BSG USK 91150). Der an freiwillig krankenversicherte Rentner zu leistende Beitragszuschuß war seit jeher zweckbestimmt; es handelt sich um Mittel, die vom Träger der Rentenversicherung zur Finanzierung der Krankenversicherung zur Verfügung gestellt werden sollen. Daher kann, wie der Senat entschieden hat (BSG SozR 3-2200 § 393a Nr 1 S 4 f), nicht aus Art 14 Abs 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) hergeleitet werden, daß der Zuschuß – wirtschaftlich gesehen – dem Rentner zufließen muß, wenn er aufgrund einer Erwerbstätigkeit bereits Höchstbeiträge entrichtet. Hieraus ergibt sich auch der rechtfertigende Grund iS des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art 3 Abs 1 GG) für die Regelung, den Beitragszuschuß der Krankenversicherung auch dann zuzuführen, wenn die Rente aus der Beitragsbemessung herausfällt, weil schon mit dem Arbeitsentgelt die Beitragsbemessungsgrenze überschritten wird (BSG SozR 3-2200 § 393a Nr 1 S 4 f).
Die in der Beschwerdebegründung aufgeworfene Frage, ob es gegen das Willkürverbot verstößt, wenn die wirtschaftliche Verwendung des Beitragszuschusses für die Aufwendungen zur Krankenversicherung danach bestimmt wird, ob der freiwillig versicherte Rentner weiterhin Arbeitsentgelt über der Beitragsbemessungsgrenze erzielt oder nicht mehr einer Beschäftigung nachgeht, ist ausgehend von dieser Rechtsprechung zu verneinen, weil die behauptete Schlechterstellung nicht vorliegt. Beiden Versichertengruppen, den erwerbstätigen und den nicht beschäftigten Rentnern, wird der Beitragszuschuß nur zweckbestimmt gewährt. Daher wird auch das Vertrauen des erwerbstätigen Rentners, diejenigen Leistungen zu erhalten, die einem nicht beschäftigten Rentner zugebilligt werden, nicht berührt. Er erhält wie jener den Beitragszuschuß als zweckbestimmte Leistung. Das Vertrauen des erwerbstätigen Rentners, nicht mit Beiträgen über der Beitragsbemessungsgrenze belastet zu werden, wird nicht verletzt, weil er zur Ablösung der die Grenze überschreitenden Beitragspflicht den ihm ohnehin nur zweckbestimmt gewährten Beitragszuschuß verwenden kann. Eine darüber hinausgehende Belastung trifft ihn nicht. Gesichtspunkte, die dieser Beurteilung entgegenstehen, vermag der Senat der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen.
Da die als grundsätzlich bezeichneten Rechtsfragen somit nicht mehr der Klärung in einem Revisionsverfahren bedürfen, ist die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen