Verfahrensgang
LSG Niedersachsen (Urteil vom 22.05.1997) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 22. Mai 1997 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig, da deren Begründung nicht den sich aus § 160a Abs 2 Satz 3 iVm § 160 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ergebenden Anforderungen genügt.
Die Revision kann nur aus den in § 160 Abs 2 SGG genannten Gründen – grundsätzliche Bedeutung, Abweichung, Verfahrensmangel – zugelassen werden. In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) abweicht, oder ein Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Ist ein Urteil auf mehrere selbständige Begründungen gestützt, müssen für jede von ihnen Zulassungsgründe vorliegen und formgerecht gerügt sein (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 38). Vorliegend fehlt es an einer formgerechten Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde.
Das LSG hat festgestellt, daß der Kläger die Voraussetzungen für den Bezug einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) gemäß § 44 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) nicht erfüllt, da er nach seinem gesundheitlichen Leistungsvermögen noch imstande sei, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben. Eine Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU) gemäß § 43 SGB VI scheide aus, weil der Kläger auf das allgemeine Arbeitsfeld zu verweisen sei. Der Kläger genieße keinen Berufsschutz. Für die Frage der BU sei von dem bisherigen Beruf auszugehen; dies sei grundsätzlich die zuletzt ausgeübte Tätigkeit. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz bestehe dann, wenn eine vorhergehende Tätigkeit sozial höherwertig sei und sie aus gesundheitlichen Gründen habe aufgegeben werden müssen. Die zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Tätigkeit des Klägers sei die des Kraftfahrers im Nahverkehr, wobei es sich um Tätigkeiten eines angelernten Arbeiters im unteren Bereich gehandelt habe. Der Kläger könne sich nicht auf den Berufsschutz in seinem erlernten Beruf als Former berufen, da er diesen Beruf vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von 60 Monaten Pflichtbeitragszeit wieder aufgegeben habe. Beschäftigungen aber, die der Versicherte vor Erfüllung der Wartezeit verrichtet habe, schieden von vornherein als „bisheriger Beruf” iS des Gesetzes aus. Es brauchten deshalb auch nicht die vom Kläger in diesem Zusammenhang benannten Zeugen vernommen zu werden.
Der Kläger stützt seine Beschwerde wegen der Nichtzulassung der Revision allein auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG. Um diesen Zulassungsgrund darzulegen, ist es zunächst erforderlich, die nach Ansicht des Beschwerdeführers grundsätzliche Rechtsfrage klar zu formulieren und aufzuzeigen, daß sie allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitze (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nrn 11, 39). Ferner ist darzutun, daß die Rechtsfrage klärungsbedürftig sei. Das ist zum einen nicht der Fall, wenn die Antwort von vornherein praktisch außer Zweifel steht (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nrn 4, 11). Zum anderen ist auch eine Rechtsfrage, die das Bundessozialgericht (BSG) bereits entschieden hat, nicht klärungsbedürftig, es sei denn, sie wäre aus besonderen Gründen klärungsbedürftig geblieben oder erneut geworden, was aber substantiiert vorgetragen werden muß (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nrn 13, 65). Schließlich ist darzulegen, daß die Rechtsfrage in dem als Zulassung folgenden Revisionsverfahren entscheidungserheblich und damit auch klärungsfähig sei (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 54).
Diesen vorgenannten Erfordernissen genügt die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde durch den Kläger nicht.
Zunächst hat der Kläger nicht eine zu entscheidende Rechtsfrage grundsätzlicher Art klar formuliert. Er rügt die Auffassung des LSG, wonach ein Berufsschutz in dem früher erlernten Beruf nur in Betracht komme, wenn der Beruf nicht bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit aufgegeben worden sei. Das Erfordernis der Erfüllung einer Pflichtbeitragszeit von 60 Monaten im erlernten Beruf sei sachlich nicht gerechtfertigt und führe zu einer Ungleichbehandlung der Beitragszahler. Mit diesem Vorbringen hat der Kläger jedoch nicht dargelegt bzw formuliert, weshalb dieser Frage grundsätzliche Bedeutung zukomme. Insoweit stellt der Kläger lediglich die Richtigkeit der Rechtsauffassung des LSG in Frage. Eine Auseinandersetzung mit dieser Rechtsauffassung auch im Hinblick mit der hierzu ergangenen Rechtsprechung des BSG ist von ihm nicht vorgenommen worden. Insbesondere fehlt es an einer Darlegung, weshalb der bislang zu dieser Frage ergangenen Rechtsprechung des BSG nicht gefolgt werden könne. Vom BSG ist nämlich in der Vergangenheit wiederholt entschieden worden, daß ein Beruf, bei dessen Aufgabe die Wartezeit noch nicht erfüllt war, bei der Beurteilung der BU nicht berücksichtigt werden kann (BSG SozR 2200 § 1246 Nr 155; vgl auch BSGE 57, 291 = SozR 2200 § 1246 Nr 126; BSGE 55, 85 = SozR 2200 § 1246 Nr 108; BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 65, 62; BSGE 19, 279 = SozR Nr 22 zu § 35 RKG; BSGE 29, 63 = SozR Nr 73 zu § 1246 RVO). Aus welchen Gründen der vorliegende Fall nicht bereits mit der vorhandenen Rechtsprechung gelöst werden kann, ist vom Kläger nicht näher vorgetragen worden. Für die Darlegung einer trotz der vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung erneut eingetretenen Klärungsbedürftigkeit fehlen Ausführungen zu der Frage, ob und ggf mit welchen Argumenten dieser Rechtsprechung widersprochen wird.
Im übrigen ist von dem Kläger auch nicht dargetan worden, inwieweit es für die Entscheidung im konkreten Fall auf die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage ankommen soll. Das Revisionsverfahren ist nämlich nicht dazu da, Rechtsfragen abstrakt zu klären, vielmehr muß die mit der Beschwerde herausgestellte Rechtsfrage für den Streitfall erheblich sein, denn nur wenn es auf die Rechtsfrage im konkreten Fall ankommt, ist diese klärungsfähig (Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 1990, RdNr 128 mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung des BSG). Zur formgerechten Nichtzulassungsbeschwerde gehört, daß sich der Beschwerdeführer auch eingehend mit der Klärungsfähigkeit befaßt und den vom Revisionsgericht einzuschlagenden Weg der Nachprüfung des angefochtenen Urteils und insbesondere den Schritt darstellt, der es notwendig macht, über die als rechtsgrundsätzlich bezeichnete Rechtsfrage zu entscheiden (Kummer, aaO, RdNr 138 mwN zur Rechtsprechung des BSG).
Auch diesen Anforderungen genügt die erhobene Beschwerde nicht. Entscheidungserheblich könnte vorliegend die vom Kläger aufgeworfene Frage nur sein, wenn das LSG die Verneinung des Berufsschutzes allein darauf abgestellt hätte, daß der Kläger seinen früher erlernten Beruf als Former bereits vor Erfüllung der Wartezeit von 60 Monaten aufgegeben hatte. Vom LSG ist aber auch – zutreffend – darauf hingewiesen worden, daß zur Bestimmung des „bisherigen Berufs” iS von § 43 Abs 1 SGB VI in der Regel die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung zugrunde zu legen ist, es sei denn, die frühere höherwertige Tätigkeit sei aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben worden. Nach den Feststellungen des LSG hatte der Kläger nach Aufgabe seines erlernten Berufs und vor Aufnahme seiner letzten Beschäftigung als Kraftfahrer bereits in anderen Berufen gearbeitet, ohne daß vom LSG nähere Feststellungen dazu getroffen worden sind, aus welchen Gründen die Arbeiten in dem erlernten Beruf nicht mehr fortgesetzt wurden. Weshalb es bei diesem Sachverhalt auf die von dem Kläger aufgeworfene Rechtsfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgeblich ankommen soll, ist von dem Kläger in keiner Weise ausgeführt worden.
Die somit unzulässige Beschwerde des Klägers mußte dementsprechend verworfen werden. Dies konnte in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG auch ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter geschehen (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 1, 5; BVerfG SozR 1500 § 160a Nr 30).
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen